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Die Metapher vom 'Europäischen Haus' geht auf die Türkenkriege zurück. Bis heute wird sie bemüht, um die Einheit Europas zu beschwören. Doch wer möchte schon im feuchten Keller Miete zahlen, wenn der reiche Nachbar zur Party in die Bel étage einlädt? Neue Bilder sind vonnöten, um das (noch) friedliche Zusammenleben in Europa zu versinnbildlichen und sinnlich zu machen: Da passt die Vorstellung von einem temporär genutzten Hotel mit gemeinsamen Speisesaal ganz gut und hilft, Nachbarschaftsstreitigkeiten zu vermeiden. Die Erasmus- oder Easyjet-Generation trifft sich ohnehin zuerst beim Reisen…mehr

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Produktbeschreibung
Die Metapher vom 'Europäischen Haus' geht auf die Türkenkriege zurück. Bis heute wird sie bemüht, um die Einheit Europas zu beschwören. Doch wer möchte schon im feuchten Keller Miete zahlen, wenn der reiche Nachbar zur Party in die Bel étage einlädt? Neue Bilder sind vonnöten, um das (noch) friedliche Zusammenleben in Europa zu versinnbildlichen und sinnlich zu machen: Da passt die Vorstellung von einem temporär genutzten Hotel mit gemeinsamen Speisesaal ganz gut und hilft, Nachbarschaftsstreitigkeiten zu vermeiden. Die Erasmus- oder Easyjet-Generation trifft sich ohnehin zuerst beim Reisen und lernt sich beim gemeinsamen Chillen in der Hotellobby (bzw Hör- oder Wartesaal) dann näher kennen. 13 Autoren und Autorinnen - auf der Suche nach einer großen Idee, die langsam aus dem Blick geriet, - schildern in 'Hotel Europa' ihre überraschenden und befremdlichen Erlebnisse aus einem Nachbarland ihrer Wahl. Ihre Hotels atmen Europa oder heißen einfach so. An ihrer Geschichte und ihrem jetzigen Zustand lässt sich mitunter auch die Einstellung der Bewohner zum europäischen Projekt ablesen.
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Autorenporträt
Michael M. Thoss, geboren 1955; studierte Kulturwissenschaften in Bonn, Barcelona und Paris. Er war am Berliner Haus der Kulturen der Welt für Bildende Kunst, Film und Neue Medien zuständig, ehe er die Leitung des Forums Goethe-Institut übernahm. Seit 2004 ist er Geschäftsführender Vorstand der Allianz-Kulturstiftung in München.

Ilma Rakusa, geboren 1946 in der Slowakei, ist Schriftstellerin, Publizistin, promovierte Literaturwissenschaftlerin und Übersetzerin zahlreicher Werke aus dem Russischen, Französischen, Ungarischen und Serbokroatischen. Auszeichnungen: u.a. 1991 mit dem Petrarca-Übersetzerpreis, 1998 mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung und 2003 mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis. Die Autorin lebt in Zürich, seit 1977 Lehrbeauftragte an der dortigen Universität.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.03.2013

Ein Haus mit vielen Zimmern

Der Titel klingt bemüht mondän, doch schnell zerstreuen sich die Befürchtungen: "Hotel Europa" versammelt kluge Essays reisender Schriftsteller, die sich quer durch den ganzen Kontinent für ein paar Tage in einem Hotel eingemietet hatten, das in den meisten Fällen ebenjenes "Europa" im Namen führt. So bleibt man nicht allein auf der Beletage oder im glitzernden Foyer, sondern unternimmt auch Exkursionen in die Trakte der Schäbigkeit. Da prunkt das heruntergekommene Zwei-Sterne-Hotel Europa in Tirana mit Wandmalereien, die Albaniens Vergangenheit als Teil der griechischen Antike interpretieren und auf diese Weise pars pro toto eine Menge enthüllen über Geschichtspolitik und instabile Identität. Ohnehin ist der changierende Blick zwischen Vergangenheit und Gegenwart das große Plus des Buches. Der ukrainische Schriftsteller Juri Andruchowytsch etwa erinnert sich während eines Besuchs im wundersam gedämpften Davos an frühere Urlaubsausflüge in die eher rüde Karpatenwelt der Sowjetzeit. Wie aber solche Assoziationen der freundlichen Schweizerin vermitteln, die im Hotel Europe an der Rezeption sitzt? ",Hotel Jurop?', frage ich. ,Ja, Otel Öróp', antwortet die liebeswürdige Dame." Thomas Brussig erzählt dagegen die Geschichte des Kiewer Hotels "Europa", das in den achtziger Jahren abgerissen und durch ein Lenin-Museum ersetzt wurde. Im Revolutionsjahr 2004 zurückgekehrt nach Kiew und nun in der Nachbarschaft untergekommen, wird Brussig nicht nur Zeuge der Demonstrationen, sondern erfährt im Fernsehen auch vom Tsunami in Südostasien - und ist mit seinen Gedanken plötzlich in Sri Lanka, wo er im Jahr zuvor den Urlaub verbracht hatte. Vielleicht könnte das vielbeschworene globale Schreiben ja genau darin Kontur finden: in einem realen oder erinnerten Wechsel der Orte, dessen arbiträre Schnelligkeit eine Herausforderung ist ebenso für erhöhte Konzentration wie anschauliche Beschreibung. Die Farbfotografien von Matthias Hoch korrespondieren mit den Texten: Das Absurde und Disparate muss keineswegs zum Exotik-Kick hochgejubelt werden, um seinen schrägen Charme zu entfalten. Es genügt eine Genauigkeit des Blicks, die zwischen Island und Italien das wahrnimmt, was die Bürokratensprache der Politiker ebenso verschweigt wie das aufgekratzte Touristensprech gängiger Reiseführer.

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"Hotel Europa. 13 Essays", herausgegeben von Ilma Rakusa und Michael M. Thoss. Mit Fotos von Matthias Hoch. Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 2012. 192 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 19,80 Euro.

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