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Ein berühmtes Kurbad mit dem Hotel "Petersburger Hof" - glanzvolle Kulisse des gesellschaftlichen Lebens zur Kaiserzeit, Bühne der Eitelkeiten und Intrigen. Frieda Tremus, die Hotelbesitzerin, hat sich aus kleinsten Verhältnissen emporgearbeitet. Nach dem Ersten Weltkrieg, als der Glanz des Kurorts erlischt, muß sie um ihre Existenz kämpfen. Hans Dieter Schreeb entwirft ein farbiges dreißig Jahre umfassendes Panorama deutscher Geschichte.

Produktbeschreibung
Ein berühmtes Kurbad mit dem Hotel "Petersburger Hof" - glanzvolle Kulisse des gesellschaftlichen Lebens zur Kaiserzeit, Bühne der Eitelkeiten und Intrigen. Frieda Tremus, die Hotelbesitzerin, hat sich aus kleinsten Verhältnissen emporgearbeitet. Nach dem Ersten Weltkrieg, als der Glanz des Kurorts erlischt, muß sie um ihre Existenz kämpfen. Hans Dieter Schreeb entwirft ein farbiges dreißig Jahre umfassendes Panorama deutscher Geschichte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.11.1996

Es geht einzig nur um Frieda
Hans Dieter Schreeb erzählt aus dem Hotelgewerbe

Über den Zustand und die Vorzüge der ersten Häuser von Weimar, Paris, Berlin oder Providence sind wir einigermaßen ins Bild gesetzt worden von renommierten Hotelfachleuten wie Thomas Mann, Vicki Baum oder Peter Handke. Im Weimarer "Elephant", wo Hofrätin Witwe Charlotte Kestner, geborene Buff, für ein paar klassische Tage einkehrt, glänzt der Fußboden reinlich geölt. Felix Krull nimmt im "Saint James and Albany" schon ziemlich abgebrüht die Kronleuchter- und Säulenpracht zur Kenntnis, auch die feinen Damen in den Fauteuils, ihre zitternden Hündchen auf dem Schoß. Und im Berliner Grand Hotel sind Gäste und Personal, in äußerst trivialer Beschreibung allerdings, weniger fein als das Interieur. Handkes "Wayland Manor" Amerika hat der Leser im Gedächtnis wie eine von Edward Hopper gemalte Kulisse für literarische Tätigkeiten, wie etwa das Schreiben des kurzen Briefes zum langen Abschied eine ist.

Mit dem Hotel "Petersburger Hof" in Wiesbaden verhält es sich anders. Der "Petersburger Hof", eingerichtet für ein eher bescheidenes bürgerliches Publikum, ist nicht in der Literaturgeschichte verzeichnet, der klangvolle Name steht auch nicht im Adreßbuch der Stadt. Er wurde erfunden von Hans Dieter Schreeb, einem Autor von Fernsehserien, der mit dieser romanhaft ausschweifenden Geschichte eines Mittelklassehotels in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts die echte Lebensgeschichte der energischen Eigentümerin Frieda Tremus als Familienchronik seiner Großmutter geschrieben hat. Im Hintergrund leuchtet der Glanz der Weltkurstadt Wiesbaden.

Die Handlung erscheint realistisch komponiert aus den tatsächlichen Lebenszutaten, wird spannungsvoll und höchst unterhaltsam erzählt, entwickelt sich wie selbstverständlich aus den großen und kleinen Mühen oder Glückszuständen. Und in die Weltereignisse werden die vielen kleinen, wahr erscheinenden privaten Geschichten eingelegt wie bunte Steine in eine bekannte große Mosaikarbeit.

Doch geht es eigentlich einzig um die tüchtige, strebsame Frieda; und niemand, mit dem sie im wahren Wortsinn in Berührung kommt, dem sie auf irgend eine Weise begegnet, ist nur Staffage. Eine der vornehmen Damen, die Frieda als Bademamsell im Grand Hotel "Römerbad" heilsam durchwalkt, ist die Majorin von Senckendorff, die sich und anderen gern einredet, Bismarck habe sie einmal als liebe Bekannte begrüßt. Damit beginnt die Geschichte: mit dem 30. Juli 1898, dem Tag, an dem Bismarck stirbt und das Hotelpersonal Trauer zu tragen, in Trauer regelrecht zu verharren hat. Frieda ist gerade siebzehn Jahre alt, sie hat ein glückliches, gewinnendes Naturell, ist hübsch, fleißig, ehrgeizig. Schon wenige Jahre später wird sie - wer weiß, mit welchem Geld - ein heruntergewirtschaftetes kleines Hotel in günstiger Lage und damit bald auch schon Ansehen erworben haben in einer luxuriösen Stadt, die prächtig lebt von den Reichen aus Berlin oder Petersburg.

Frieda versteht es, das mit der Zeit bekannt werdende, auch bald modernisierte Haus und ihre größer werdende Familie mit Verstand, Instinkt und starkem Willen durch alle finanziellen Gefährdungen und familiäre Strudel zu steuern. Einzig ihre Ehekrisen bewältigt sie nicht. Doch wer stark sein will, kann nicht immer nur sympathisch sein, schon gar nicht in der eigenen Familie. Man glaubt ihr gern, was sie tut und läßt und sagt und plant - auch, wenn sie lügt.

Die Chefin kann sich nicht so um ihre Kinder kümmern, wie sie müßte. Denn "in einem Hotelbetrieb stören Kinder nur". Friedas Ehemann Georg, Sozialdemokrat bis auf die Knochen, quält der Lebenskonflikt: die häusliche Wirklichkeit ist nicht zu vereinbaren mit der politischen Überzeugung, schon gar nicht mit der Karriere eines Wiesbadener Reichstagsabgeordneten einer Partei, die dem Kaiser zuwider ist. Und schließlich ist Wiesbaden ja Kaiserstadt und wird schöner und schöner. Der Hauptbahnhof mit Bahnsteig für den kaiserlichen Zug hat ein eigenes Portal für Seine Majestät. Das Kurhaus ist das prächtigste weit und breit. Und in den großen Hotels werden frühmorgens die Zeitungen mit Seidenpapier gebügelt.

Am Ende des voluminösen Buches, in der Mitte des ereignisreichen Lebens, wird Frieda im März 1933 bei einem Wiesbadener Empfang für tüchtige Volksgenossen dem Führer und Reichskanzler Adolf Hitler vorgestellt. Die starke Frieda, in Lebensplanung und -ausführung immer ganz privat, zuweilen opportunistisch, jedenfalls gänzlich unpolitisch, hatte sich von der Begegnung irgendwie mehr versprochen, heißt es. Doch "die Hauptsache ist erst mal, sie hat wieder Gäste". Und die Saison scheint sehr gut zu werden. ARND RÜHLE

Hans Dieter Schreeb: "Hotel Petersburger Hof". Roman. Scherz Verlag, Bern und München. 544 S., geb., 48,- DM.

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