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Unter den Augen des diskreten Personals spielen sich in Hotels die kleinen Unfälle und großen Tragödien des Lebens ab. Der Name von Prominenten oder auch berühmte Filme sind oft mit einem bestimmten Hotel verknüpft. Hier holen sich Schriftsteller ihre Inspiration, Schauspieler haben heimliche Affären - so etwa Marilyn Monroe und Yves Montand im Beverly Hills Hotel - und manchmal werden sogar Kinder geboren, wie Bob Dylans Sohn im New Yorker Chelsea.

Produktbeschreibung
Unter den Augen des diskreten Personals spielen sich in Hotels die kleinen Unfälle und großen Tragödien des Lebens ab. Der Name von Prominenten oder auch berühmte Filme sind oft mit einem bestimmten Hotel verknüpft. Hier holen sich Schriftsteller ihre Inspiration, Schauspieler haben heimliche Affären - so etwa Marilyn Monroe und Yves Montand im Beverly Hills Hotel - und manchmal werden sogar Kinder geboren, wie Bob Dylans Sohn im New Yorker Chelsea.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.06.2003

Agathas Schlüsselroman
Obskure Geschichten aus edlen Hotels
Das Westin-Hotel auf der japanischen Insel Awaji kann sich vor Buchungen kaum retten. Das liegt aber weder am hauseigenen Park mit Freilichtbühne, Tennis-Plätzen und Swimming- Pools noch am Kino und dem Spielkasino. Die überwiegend weiblichen Besucher reizt vielmehr jemand, der längst nicht mehr da ist: David Beckham. Einmal in jenem Bett schlafen, das der englische Star-Kicker während der Fußball- Weltmeisterschaft 2002 zu nutzen geruhte – vielen Japanerinnen ist das eine teure Hotelnacht wert.
Was Hotels ihren prominenten Gästen zu verdanken haben, wie Klatsch und Glamour selbst unscheinbaren Absteigen zu einem weltweiten Renommee verhelfen können, davon berichtet die chilenische Reisebuchautorin Francisca Matteoli. David Beckham und das japanische Westin-Hotel hat sie in ihrem reich bebilderten Buch „Hotel Stories” zwar nicht berücksichtigt, dafür aber zahlreiche andere Geschichten und Geschichtchen. „Adlon”, „Grand Hotel de Bains”, „Ritz”: So edel erscheinen viele der hier angeführten Häuser, dass die gänzlich unedle Aufmachung von Matteolis Werk überraschen muss. Da sind zahlreiche bunte Bilder beliebig verteilt, mal schräg gestellt, mal übereinander geklinkt. Und im Klappentext ist von „38 grandiosen Hotels” die Rede, obgleich der Leser 40 zählt. Nein, der ordnungsliebende Hotelfreund mit Sinn für klare Strukturen wird nicht glücklich mit dem konfus aufbereiteten Band: die großen Häuser ohne erkennbare Reihenfolge abgehandelt, mal auf grau, mal auf blau, mal auf grau-blau gefärbten Seiten, darauf Fotos ohne Bildzeilen und Logos ohne Sinn.Was dieser optische Wust zu verdecken droht, sind die 40 recht unterhaltsamen Artikel der Autorin Francisca Matteoli. Kurz und sachlich berichtet sie von „Anekdoten und Legenden” wie dem Rätsel um Agatha Christies Istanbul-Aufenthalt.
Im Hotel Pera Palas hatte die Krimi-Autorin „Mord im Orient-Express” verfasst. Doch nicht Christies Arbeit an ihrem Erfolgsroman interessiert Matteoli, sondern ein Spuk, der noch drei Jahre nach dem Tod der Schriftstellerin Aufsehen erregte. Es war im Jahr 1926, als Agatha Christie einmal über sieben Tage hinweg unauffindbar war: „Als sie wieder auftauchte, behauptete sie, sich an nichts zu erinnern.” Erst Jahrzehnte später, 1979, begaben sich die Film-
produzenten von Warner Brothers auf die Suche nach einer Erklärung für dieses mysteriöse Ereignis, schreibt Matteoli. Das Ergebnis: ein Hollywood-Spektakel.
Über eine obskure Geisterseherin traten die Macher mit Agatha Christie in Kontakt. „Der Schlüssel meines Geheimnisses liegt im Pera Palas in Istanbul”, soll die Verstorbene der Seherin verraten haben. Was folgte, war ein Medienhype zwischen der türkischen Hauptstadt und den USA. Journalisten durchforschten das von Christie bewohnte Zimmer 411 – und fanden tatsächlich unter den Brettern des Fußbodens einen verrosteten Schlüssel.
Der geschäftstüchtige Hoteldirektor erkannte seine Chance. Gerne sei er bereit, den Schlüssel seinen Findern zu überlassen, sagte er einem Fernsehsender: gegen Zahlung von zwei Millionen Dollar zur Renovierung der Immobilie. Während die Produzenten und der Hotelier um das kleine Metallding feilschten und zu allem Überfluss auch noch das Hotelpersonal in einen einjährigen Streik trat, flaute das öffentliche Interesse an der Geistergeschichte ab. Heute liegt der Schlüssel in einem Banktresor. Welche metaphysischen Kräfte sich im Zimmer 411 verbergen mögen, bleibt ungeklärt.
Unklar ist auch, was Igor Strawinsky im Moskauer Hotel „National” erlebte. Am 21. September 1962 besuchte der in die USA emigrierte Komponist zum ersten Mal nach Jahrzehnten wieder seine russische Heimat. Matteoli berichtet von Orchesterproben, Konzerten und Strawinskys Abneigung gegen die kommunistische Regierung. Und was hatte Strawinsky mit dem „National” zu tun? Das Hotel, heißt es lapidar, habe „Menschen aus der ganzen Welt beherbergt.” So interessant Strawinskys Rückkehr für Musikliebhaber auch erscheinen mag – das Hotel hatte auf seine Erlebnisse in Moskau offenkundig keinen Einfluss.
Und so zerfällt der ohnehin optisch verwirrende Band in zwei Teile: In echte Hotel-Stories und in Geschichten, deren Hotel-Bezug mit Mühe hergestellt wird. Als Führer für eigene Erkundungen lässt sich ein solches Buch kaum gebrauchen. Da helfen auch nicht die jeweiligen Angaben zu Adresse und Zimmerpreisen.
Als Unterhaltungslektüre hingegen sind die meisten Erzählungen durchaus geeignet; sofern man dem Klatsch und Glamour vergangener Tage etwas abgewinnen kann.
JOHANNES BRUGGAIER
FRANCISCA MATTEOLI: Hotel Stories: Legendäre Hotels und ihre Gäste. Christian Verlag, München 2003, 207 Seiten, 29,90 Euro.
Im Istanbuler „Pera Palas” verbirgt sich das Geheimnis der Agatha Christie. Wohin entschwand die Krimi-Autorin 1926? Ein verrosteter Schlüssel, den man in ihrem Hotelzimmer fand, könnte die Antwort bringen. Doch der liegt seit Jahrzehnten in einem Tresor: weggeschlossen, vergessen.
Fotos: Christian Verlag
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