10th anniversary revised edition with new Introduction James Wood's How Fiction Works is a scintillating study of the magic of fiction-an analysis of its main elements and a celebration of its lasting power. Here one of the most prominent and stylish critics of our time looks into the machinery of storytelling to ask some fundamental questions: What do we mean when we say we "know" a fictional character? What constitutes a telling detail? When is a metaphor successful? Is Realism realistic? Why do some literary conventions become dated while others stay fresh? James Wood ranges widely, from Homer to Make Way for Ducklings, from the Bible to John le Carré, and his book is both a study of the techniques of fiction-making and an alternative history of the novel. Playful and profound, How Fiction Works will be enlightening to writers, readers, and anyone else interested in what happens on the page.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.07.2011In den Wunderkammern der Geschichten
Das neunzehnte Jahrhundert war das große Zeitalter des Romans - und was kam dann? In seiner "Kunst des Erzählens" erkundet James Wood den Realismus und seine Möglichkeiten. Mit Diagnosen und Rezepten hält sich der amerikanische Kritiker wohltuend zurück, aber nicht mit Leidenschaft.
Was war noch einmal ein guter Roman? Wie geht das mit dem Erzählen, wie stiftet man aus lauter Buchstaben und Papier eine Welt? Was ist eigentlich Realismus? Es sind diese Fragen nach dem Funktionieren literarischer Kunst, welche den amerikanischen Literaturwissenschaftler und -kritiker James Wood beschäftigen. "Die allgemeinen Bestimmungen, welche man abstrahierte, sollten insbesondere für Vorschriften und Regeln gelten, nach denen man hauptsächlich in den Zeiten der Verschlechterung der Poesie und Kunst Kunstwerke hervorzubringen habe", heißt es in Hegels Vorlesungen zur Ästhetik. "Doch verschrieben diese Ärzte der Kunst für die Heilung der Kunst noch weniger sichere Rezepte als die Ärzte für die Wiederherstellung der Gesundheit." James Woods Perspektive ist weniger düster: In seinem Buch zur "Kunst des Erzählens", das heute in deutscher Übersetzung erscheint, versucht sich Wood an einer konzisen Beschreibung dessen, was realistische Literatur erreichen kann. Mit Diagnosen und Rezepten geht er dabei wohltuend sparsam um.
Das neunzehnte Jahrhundert ist für Wood das Zeitalter des Romans. Grundgelegt in den Dezennien davor, im Werk Denis Diderots etwa oder auch schon in den prosaischeren Passagen dramatischer Kunst wie Shakespeares "Macbeth", entfaltet sich im neunzehnten Jahrhundert eine Erzählkunst, wie sie zuvor kaum möglich gewesen ist: Auf einmal können Figuren gleichsam von innen heraus beschrieben werden, plötzlich ist es möglich, nicht nur Bühnen zu dekorieren, sondern ganze Interieurs zu entwerfen. Räume, Personen, Gesellschaften beschreiben, all das schafft der realistische Roman spielend. Im erzählerischen Mittel der erlebten Rede, so erklärt uns Wood, überwindet der Roman leichthändig die künstliche Kluft zwischen Autor und Figur. Wen kümmert's, wer spricht, sei es der Autor, sei es die Figur: In der erlebten Rede spricht der Roman selbst, und das ist denn auch das Geheimnis seiner Kunst. Immer wieder polemisiert Wood deshalb gegen den Hang der Schriftsteller, mit zu vielen "auktorialen Flaggen" die Landschaft des literarischen Texts zu verstellen, zu sehr dazwischenzufunken in der Entfaltung des literarischen Geschehens.
Keiner Kunstform, so Wood, gelingt es besser als dem realistischen Roman, den Blick für das Detail mit der Wahrnehmung des Vergehens von Zeit zu kombinieren, das Kleine und das Große gleichsam zusammenströmen zu lassen im Fluss erlebter Rede. Verzeitlichung und Visualisierung, Detail und Ganzes, Figur und Entwicklung, all dies findet Wood erstmals entfaltet und vollendet im Werk Flauberts, der zentralen Reverenz dieses Buches: "Die Romanautoren sollten Flaubert danken wie die Lyriker dem Frühling: Mit ihm beginnt alles." Als entscheidende Wendung in der Geschichte des Romans macht Wood die Entdeckung des Visuellen aus, nimmt doch der realistische Roman des neunzehnten Jahrhunderts den Blick des Kinematographen vorweg. Im zwanzigsten Jahrhundert findet diese Ästhetik des Blicks endgültig zu sich selbst, wenn es etwa in Christopher Isherwoods 1939 erschienenem (und in Deutschland weniger bekanntem) Roman "Leb wohl, Berlin" heißt: "Ich bin eine Kamera mit offenem Verschluss, nehme nur auf, registriere nur, denke nichts. Registriere den Mann, der sich am Fenster drüben rasiert, und die Frau im Kimono, die ihr Haar wäscht. Eines Tages werde ich all diese Bilder entwickelt, sorgfältig kopiert und fixiert haben."
Kunst des Erzählens: James Woods Blick auf die Literatur ist ein ästhetischer. Wenig ist hier die Rede von Büchern und ihren Autoren im Zusammenhang von Gesellschaft und Geschichte, viel mehr erfährt man über Stil und Ausdruck, Metaphern, Figuren und Gestaltung. Wer sich von diesem Buch eine waschechte Literatur-"Theorie" erwartet, wird demgemäß enttäuscht sein müssen: Zu sehr verbleiben die Hinweise auf Woods diesbezügliche Orientierungen im Ungefähren. Allenfalls auf eine kleine Rangelei mit dem ebenfalls eher wissenschaftsfernen Roland Barthes und dessen Umschreibungen des "effet de réel" lässt er sich ein. Die theoretische Abstinenz aber gereicht diesem Essay durchaus zur Ehre.
Es fällt dann aber auf, wie sehr dieses Buch einem willkürlich zusammengezimmerten Kanon verhaftet ist, in welchem sich offenbar kein Platz hat finden lassen für die deutschsprachige Tradition. Sei es aus Unkenntnis, sei es aus Unlust: Werke von Autoren deutscher Zunge finden sich hier allenfalls in Spurenelementen. Fontanes Effi schaukelt einmal durchs Bild, Thomas Mann bekommt ein freundliches Nicken zugesprochen. So gut wie nichts hingegen zu Goethes "Wilhelm Meister", keine Darstellung der individuierenden Kraft des Bildungsromans. Dabei spricht Wood doch fortwährend von der Entstehung des Ich im Roman. Auch kein Wort von Adalbert Stifter, keine Zeile Gottfried Keller, kein Raabe, kein Storm: Von Flaubert zu den großen Russen und dann über den Atlantik und in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts führt Woods Linie. So sehr diese auch überzeugen mag, eine innere Geschlossenheit lässt sich ihr kaum attestieren, zu groß sind die vermeintlichen Wüstungen, die Woods hochselektiver Blick im Blindflug links liegenlässt.
Über die inneren Konstruktionsprinzipien des Woodschen Kanons lässt sich denn auch nur spekulieren. Auch das im Übrigen angenehm kurze Vorwort Daniel Kehlmanns trägt wenig zur Erhellung der Sachlage bei. Zu erwähnen ist allenfalls Kehlmanns ebenso richtige wie überraschungsfreie Beobachtung, dass ein solches Buch wie das anzuzeigende hierzulande kaum zustande kommen könnte: Zu groß ist die Angst ordentlich bestallter Literaturwissenschaftler, sich im Geschäft der Literaturkritik die Hände schmutzig zu machen. Im angloamerikanischen Raum bestehen solcherlei Phobien nicht. "Critic", Kritiker, ist dort die Berufsbezeichnung all jener, die sich professionell mit Literatur befassen, innerhalb wie außerhalb akademischer Mauern, und eine reiche publizistische Tätigkeit gilt nicht als unwissenschaftlich und damit mehr oder weniger anrüchig, sondern ist im Gegenteil Ausweis engagierter Lesekompetenz. Deshalb schreibt Wood auch nicht kariert wie ein deutscher Professor, sondern eben beschwingt wie ein literarisch wohlerzogener anglophoner Causeur, und das macht die Sache denn auch so angenehm.
Es ist die Weisheit des Aperçus, mit der James Woods Buch gewinnt: Nach Wood ist es das literarische Projekt der Moderne, dass Prosa so gut geschrieben sein soll wie Lyrik. Verwirklicht findet sich dieser Traum der Literatur für Wood in der großen Romantradition des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts, und seine Geschichte ist nicht zu Ende, allen postmodernen Protesten zum Trotz. Dass dieser elaborierte Realismus wenig zu tun hat mit den seriellen Erzeugnissen zeitgenössischer Bestsellerliteratur, versteht sich. Auch hier spart sich Wood allerdings die erkennbar von der Angst vor etwaiger Kontaktinfektion geprägte akademische Überheblichkeit, um die leichte Küche der Unterhaltungsliteratur salopp auf ihren merkantilen Punkt zu bringen: "Man könnte diesen Erzählstil als kommerziellen Realismus bezeichnen. Er basiert auf einer Grammatik intelligenten, tragfähigen und transparenten Erzählens, die auf die originellere Erzählgrammatik Flauberts zurückgeht und natürlich nicht mit Greene endete."
Auch der literarische Boulevard, soll das heißen, hat seinen Flaubert gelesen, und umgekehrt greift auch die sogenannte hohe Literatur eines Graham Greene oder Philip Roth gern einmal in die Trickkiste erzählerischer Effekthascherei. Das alles findet Wood nicht schlimm, solange sich genügend Leser für realistische Literatur begeistern lassen und solange sich Autoren finden, die sich der Zauberwerkzeuge bedienen können.
"Schreiben lehrt man, indem man lesen lehrt", heißt es dazu, wiederum etwas strenger, in Kehlmanns Vorwort. Das klingt beinahe nach einer Drohung, die Hegels forschen Ärzten würdig wäre. Wood aber entscheidet sich für die Redekur: Anstatt seinen Patienten der Vivisektion zu unterziehen, bringt er den realistischen Roman selbst zum Sprechen. Behutsam präsentiert Wood die Wunderkammern realistischer Literatur und breitet ihre Schätze vor uns aus. Die Vorgehensweise überzeugt im Ergebnis: nicht invasiv, aber intensiv.
KLAUS BIRNSTIEL
James Wood: "Die Kunst des Erzählens". Vorwort von Daniel Kehlmann.
Aus dem Englischen von Imma Klemm. Rowohlt Verlag, Reinbek 2011. 224 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das neunzehnte Jahrhundert war das große Zeitalter des Romans - und was kam dann? In seiner "Kunst des Erzählens" erkundet James Wood den Realismus und seine Möglichkeiten. Mit Diagnosen und Rezepten hält sich der amerikanische Kritiker wohltuend zurück, aber nicht mit Leidenschaft.
Was war noch einmal ein guter Roman? Wie geht das mit dem Erzählen, wie stiftet man aus lauter Buchstaben und Papier eine Welt? Was ist eigentlich Realismus? Es sind diese Fragen nach dem Funktionieren literarischer Kunst, welche den amerikanischen Literaturwissenschaftler und -kritiker James Wood beschäftigen. "Die allgemeinen Bestimmungen, welche man abstrahierte, sollten insbesondere für Vorschriften und Regeln gelten, nach denen man hauptsächlich in den Zeiten der Verschlechterung der Poesie und Kunst Kunstwerke hervorzubringen habe", heißt es in Hegels Vorlesungen zur Ästhetik. "Doch verschrieben diese Ärzte der Kunst für die Heilung der Kunst noch weniger sichere Rezepte als die Ärzte für die Wiederherstellung der Gesundheit." James Woods Perspektive ist weniger düster: In seinem Buch zur "Kunst des Erzählens", das heute in deutscher Übersetzung erscheint, versucht sich Wood an einer konzisen Beschreibung dessen, was realistische Literatur erreichen kann. Mit Diagnosen und Rezepten geht er dabei wohltuend sparsam um.
Das neunzehnte Jahrhundert ist für Wood das Zeitalter des Romans. Grundgelegt in den Dezennien davor, im Werk Denis Diderots etwa oder auch schon in den prosaischeren Passagen dramatischer Kunst wie Shakespeares "Macbeth", entfaltet sich im neunzehnten Jahrhundert eine Erzählkunst, wie sie zuvor kaum möglich gewesen ist: Auf einmal können Figuren gleichsam von innen heraus beschrieben werden, plötzlich ist es möglich, nicht nur Bühnen zu dekorieren, sondern ganze Interieurs zu entwerfen. Räume, Personen, Gesellschaften beschreiben, all das schafft der realistische Roman spielend. Im erzählerischen Mittel der erlebten Rede, so erklärt uns Wood, überwindet der Roman leichthändig die künstliche Kluft zwischen Autor und Figur. Wen kümmert's, wer spricht, sei es der Autor, sei es die Figur: In der erlebten Rede spricht der Roman selbst, und das ist denn auch das Geheimnis seiner Kunst. Immer wieder polemisiert Wood deshalb gegen den Hang der Schriftsteller, mit zu vielen "auktorialen Flaggen" die Landschaft des literarischen Texts zu verstellen, zu sehr dazwischenzufunken in der Entfaltung des literarischen Geschehens.
Keiner Kunstform, so Wood, gelingt es besser als dem realistischen Roman, den Blick für das Detail mit der Wahrnehmung des Vergehens von Zeit zu kombinieren, das Kleine und das Große gleichsam zusammenströmen zu lassen im Fluss erlebter Rede. Verzeitlichung und Visualisierung, Detail und Ganzes, Figur und Entwicklung, all dies findet Wood erstmals entfaltet und vollendet im Werk Flauberts, der zentralen Reverenz dieses Buches: "Die Romanautoren sollten Flaubert danken wie die Lyriker dem Frühling: Mit ihm beginnt alles." Als entscheidende Wendung in der Geschichte des Romans macht Wood die Entdeckung des Visuellen aus, nimmt doch der realistische Roman des neunzehnten Jahrhunderts den Blick des Kinematographen vorweg. Im zwanzigsten Jahrhundert findet diese Ästhetik des Blicks endgültig zu sich selbst, wenn es etwa in Christopher Isherwoods 1939 erschienenem (und in Deutschland weniger bekanntem) Roman "Leb wohl, Berlin" heißt: "Ich bin eine Kamera mit offenem Verschluss, nehme nur auf, registriere nur, denke nichts. Registriere den Mann, der sich am Fenster drüben rasiert, und die Frau im Kimono, die ihr Haar wäscht. Eines Tages werde ich all diese Bilder entwickelt, sorgfältig kopiert und fixiert haben."
Kunst des Erzählens: James Woods Blick auf die Literatur ist ein ästhetischer. Wenig ist hier die Rede von Büchern und ihren Autoren im Zusammenhang von Gesellschaft und Geschichte, viel mehr erfährt man über Stil und Ausdruck, Metaphern, Figuren und Gestaltung. Wer sich von diesem Buch eine waschechte Literatur-"Theorie" erwartet, wird demgemäß enttäuscht sein müssen: Zu sehr verbleiben die Hinweise auf Woods diesbezügliche Orientierungen im Ungefähren. Allenfalls auf eine kleine Rangelei mit dem ebenfalls eher wissenschaftsfernen Roland Barthes und dessen Umschreibungen des "effet de réel" lässt er sich ein. Die theoretische Abstinenz aber gereicht diesem Essay durchaus zur Ehre.
Es fällt dann aber auf, wie sehr dieses Buch einem willkürlich zusammengezimmerten Kanon verhaftet ist, in welchem sich offenbar kein Platz hat finden lassen für die deutschsprachige Tradition. Sei es aus Unkenntnis, sei es aus Unlust: Werke von Autoren deutscher Zunge finden sich hier allenfalls in Spurenelementen. Fontanes Effi schaukelt einmal durchs Bild, Thomas Mann bekommt ein freundliches Nicken zugesprochen. So gut wie nichts hingegen zu Goethes "Wilhelm Meister", keine Darstellung der individuierenden Kraft des Bildungsromans. Dabei spricht Wood doch fortwährend von der Entstehung des Ich im Roman. Auch kein Wort von Adalbert Stifter, keine Zeile Gottfried Keller, kein Raabe, kein Storm: Von Flaubert zu den großen Russen und dann über den Atlantik und in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts führt Woods Linie. So sehr diese auch überzeugen mag, eine innere Geschlossenheit lässt sich ihr kaum attestieren, zu groß sind die vermeintlichen Wüstungen, die Woods hochselektiver Blick im Blindflug links liegenlässt.
Über die inneren Konstruktionsprinzipien des Woodschen Kanons lässt sich denn auch nur spekulieren. Auch das im Übrigen angenehm kurze Vorwort Daniel Kehlmanns trägt wenig zur Erhellung der Sachlage bei. Zu erwähnen ist allenfalls Kehlmanns ebenso richtige wie überraschungsfreie Beobachtung, dass ein solches Buch wie das anzuzeigende hierzulande kaum zustande kommen könnte: Zu groß ist die Angst ordentlich bestallter Literaturwissenschaftler, sich im Geschäft der Literaturkritik die Hände schmutzig zu machen. Im angloamerikanischen Raum bestehen solcherlei Phobien nicht. "Critic", Kritiker, ist dort die Berufsbezeichnung all jener, die sich professionell mit Literatur befassen, innerhalb wie außerhalb akademischer Mauern, und eine reiche publizistische Tätigkeit gilt nicht als unwissenschaftlich und damit mehr oder weniger anrüchig, sondern ist im Gegenteil Ausweis engagierter Lesekompetenz. Deshalb schreibt Wood auch nicht kariert wie ein deutscher Professor, sondern eben beschwingt wie ein literarisch wohlerzogener anglophoner Causeur, und das macht die Sache denn auch so angenehm.
Es ist die Weisheit des Aperçus, mit der James Woods Buch gewinnt: Nach Wood ist es das literarische Projekt der Moderne, dass Prosa so gut geschrieben sein soll wie Lyrik. Verwirklicht findet sich dieser Traum der Literatur für Wood in der großen Romantradition des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts, und seine Geschichte ist nicht zu Ende, allen postmodernen Protesten zum Trotz. Dass dieser elaborierte Realismus wenig zu tun hat mit den seriellen Erzeugnissen zeitgenössischer Bestsellerliteratur, versteht sich. Auch hier spart sich Wood allerdings die erkennbar von der Angst vor etwaiger Kontaktinfektion geprägte akademische Überheblichkeit, um die leichte Küche der Unterhaltungsliteratur salopp auf ihren merkantilen Punkt zu bringen: "Man könnte diesen Erzählstil als kommerziellen Realismus bezeichnen. Er basiert auf einer Grammatik intelligenten, tragfähigen und transparenten Erzählens, die auf die originellere Erzählgrammatik Flauberts zurückgeht und natürlich nicht mit Greene endete."
Auch der literarische Boulevard, soll das heißen, hat seinen Flaubert gelesen, und umgekehrt greift auch die sogenannte hohe Literatur eines Graham Greene oder Philip Roth gern einmal in die Trickkiste erzählerischer Effekthascherei. Das alles findet Wood nicht schlimm, solange sich genügend Leser für realistische Literatur begeistern lassen und solange sich Autoren finden, die sich der Zauberwerkzeuge bedienen können.
"Schreiben lehrt man, indem man lesen lehrt", heißt es dazu, wiederum etwas strenger, in Kehlmanns Vorwort. Das klingt beinahe nach einer Drohung, die Hegels forschen Ärzten würdig wäre. Wood aber entscheidet sich für die Redekur: Anstatt seinen Patienten der Vivisektion zu unterziehen, bringt er den realistischen Roman selbst zum Sprechen. Behutsam präsentiert Wood die Wunderkammern realistischer Literatur und breitet ihre Schätze vor uns aus. Die Vorgehensweise überzeugt im Ergebnis: nicht invasiv, aber intensiv.
KLAUS BIRNSTIEL
James Wood: "Die Kunst des Erzählens". Vorwort von Daniel Kehlmann.
Aus dem Englischen von Imma Klemm. Rowohlt Verlag, Reinbek 2011. 224 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.07.2011Pralinen für die gute Sache
In seinem Essay über „Die Kunst des Erzählens“ verteidigt der Kritiker James Wood den Realismus – und erliegt dann doch der Seuche des moralisierenden Nettseins
„Diesem Satz bin ich verfallen“, bekennt der sonst eher zurückhaltende Literaturkritiker James Wood: „Der Tag wogt gelb mit allen seinen Ähren.“ Aus Virginia Woolfs Roman „Die Wellen“ stammt der Satz („The day waves yellow with all its crops.“), über den Wood fortfährt: „Ich kann hören, sehen, wie schön und wie fremd er ist“. Eigentlich gehöre Virginia Woolf – neben Melville, D.H. Lawrence oder Henry James – zu den „üppigen Stilisten“, doch hier verzaubere gerade die Einfachheit: „Acht einfache Wörter evozieren Farbe, Hochsommer, die Lethargie der Hitze, Reife.“
Für die großen modernen Romane seit dem 19. Jahrhundert hat James Wood, geboren 1965 in Großbritannien und seit vielen Jahren in den Vereinigten Staaten lebend, eine Schwäche. Das zeugt von einem guten, soliden, aber nicht von einem besonders exzentrischen Geschmack, schon gar nicht für einen Menschen seiner Generation. Im Register des jetzt auf Deutsch vorliegenden Essays „Die Kunst des Erzählens“ finden sich denn auch eine Menge kanonischer Namen, von Jane Austen über Stendhal bis zu Tolstoi. Deutschsprachige Autoren sucht man mit der Lupe; Thomas Mann, Rilke, W.G. Sebald und Thomas Bernhard heißt die karge Auslese.
Als der damals blutjunge Starkritiker des Guardian 1995 nach Amerika kam – heute schreibt er vor allem für den New Yorker –, da fiel er sofort auf, weil er die Literaturgötter der Gegenwart nicht als solche behandelte, als da wären John Updike, Thomas Pynchon, Philip Roth und Don DeLillo. Auch in diesem Essay, im englischen Original bereits 2008 unter dem Titel „How Fiction Works“ erschienen, wirkt James Woods intelligente Respektlosigkeit erfrischend. Den Begriff des „hysterischen Realismus“ hat er geprägt, um etwa das Werk des schon vor seinem Suizid kultartig verehrten David Foster Wallace zu charakterisieren, von dessen ausgiebigst dokumentierter Medien-und-Lebenswelt-Vermüllung der Generationsgenosse Wood sich nicht weiter beeindrucken lässt („scheinbarer Antiästhetizismus“), mehr noch, die er für „ziemlich öde“ hält. Selbst Nabokov muss sich von dem selbstbewussten Briten nachsagen lassen, er habe die Bedeutung des Visuellen überschätzt.
Grundsätzlich sollte man froh sein, wenn ein einflussreicher Kritiker sein Handwerkszeug unabhängig vom Tagesgeschäft einmal offen legt. Wenn er zeigt, welche Fragen ihm etwas bedeuten, welche Vergleiche er für sinnvoll hält, wem er folgt, wem er widerspricht. Zwei „Formalisten“, wie Wood sie nennt, hätten ihn geprägt: Roland Barthes und Wiktor Schklowski. Man kann sich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass die Liebe zu dem Franzosen inzwischen abgekühlt ist, denn in erster Linie widersetzt sich Wood dem „Skeptiker“ Barthes. Im Kern geht es um das Verhältnis zum Realismus. Wood versucht entschieden eine Ehrenrettung, Barthes verabscheute bekanntlich den Realismus. Hinzu kommt, dass Wood vom Wirklichkeitsgehalt der erzählenden Literatur überzeugt ist, während der Strukturalist Barthes als Wirklichkeit der Literatur ausschließlich die Sprache akzeptiert.
Weniger die Argumente übernimmt Wood von Barthes, als vielmehr den Gestus. Tatsächlich gibt sich „Die Kunst des Erzählens“ strukturalistisch. So sind sämtliche Abschnitte des Buchs – bis 123 – durchgezählt (wobei die Suggestion, jeder Abschnitt gleiche einem Unteressay, nicht immer eingelöst werden kann). Ebenfalls die Themensetzung folgt einer formalen Ordnung; zunächst geht es um den Einfluss Flauberts auf das moderne Erzählen (riesig), um die „Geburt des Flaneurs“ (notwendig), um das Detail (darf nicht zum Fetisch werden), die Figuren und ihr Verhältnis zum Autor/Erzähler, dann um das Bewusstsein im Zeitalter des Unbewussten (und Dostojewskis Rolle darin), um die Anteilnahme (wichtig), die Konvention (schlecht), den Realismus (nicht zu verwechseln mit dem „kommerziellen Realismus“) und schließlich um die Sprache.
Am bestens ist Wood, wenn er merkwürdige Gegenstände, Metaphern, geniale Auslassungen, kleine Spannungsbögen – die sich an einem Adverb festmachen können – analysierend heranzoomt. Dem Leser wird die große Erzählliteratur quasi in Pralinéform dargeboten. Das besticht und ist äußerst genüsslich zu lesen. Unter Woods liebendem Blick entpuppt sich der Realismus als ein weites Feld voller Möglichkeiten, als deren Herzstück – da zeigt sich ein konservativer Zug – die an Figuren und Charaktere gebundene seelische Substanz gelten muss. Hier brillieren die Bellows, Joyces, Cathers, McCarthys.
Hingegen finden experimentellere Prosaisten wie Gertrude Stein oder Georges Pérec, die andere „Helden“ schaffen (ein Wortspiel, ein Wohnhaus), in Woods Universum keinen Platz. So ganz leuchtet die Beschränkung nicht ein. Ohnehin fällt das, zudem ärgerlich ungeschmeidig und idiomatisch unsicher übersetzte, Buch in der zweiten Hälfte leicht ab. Man gewinnt den Eindruck, als komme dem Kritiker plötzlich der – inzwischen in Harvard lehrende – Professor in die Quere. So behauptet Wood etwa, in der zeitgenössischen Literatur gebe es nichts, das an die Entsetzlichkeit jenes Moments aus Hamsuns Roman „Hunger“ heranreiche, als der Erzählerheld seinen Finger in den Mund steckt und anfängt, sich selbst zu essen. „Keiner von uns“, spekuliert Wood, „wird dies hoffentlich jemals getan haben oder tun wollen“. Wozu der Bezug auf ein vages „uns“; wer soll das sein – wir Wohlstandsbürger, die wir keinen Hunger kennen und durch Hamsuns Kunst dennoch berührt werden? Da hört man den Pädagogen, der ein schlechtes Gewissen machen und zugleich die Angst vor der Literatur nehmen möchte. Anders gesagt, die „grassierende Seuche moralisierenden Nettseins“ (Wood) holt ihn in schwachen Momenten selbst ein.
Und was die zeitgenössische Literatur angeht, wird man fragen dürfen, ob wirklich niemand mit Hamsuns Entsetzensmotiv konkurrieren kann. Kein Imre Kertész, keine Herta Müller? Vor allem irritiert bei Wood die fast vollständige Abwesenheit zeitgenössischer englischer und amerikanischer Autoren; kein Nicholson Baker, kein Colm Toíbin, kein John Burnside – dabei wären gerade sie es wert, unter dem Signum des Realismus einer originellen Prüfung unterzogen zu werden. Jonathan Franzen, der offensichtlichste Erbe eines komplexen Realismus, ist ebenfalls aussortiert worden. Statt dessen hinreißende Detailanalysen längst durchgesetzter „großer“ Meister.
Es stimmt, der Gegner des Realismus gibt es einige – auch in Deutschland. Was gegen die angebliche Konventionalität oder sogar Vulgarität realistischen Erzählens zurzeit ins Feld geführt wird, ist meistens einem Ressentiment geschuldet, das sich entweder an einem hehren, neuerdings „lüpfenden“ Anspruch wärmt (Literatur als säkulares Gebet), oder sich nach einer knalligen Gegenwärtigkeit sehnt (Literatur als sozialer Crashtest). Da ist es schon erfreulich, und anregend sowieso, dass der Realismus in James Wood einen eloquenten Verteidiger gefunden hat. Noch glücklicher wäre man über seine Verve allerdings, hätte er sich die Mühe gemacht, auch unter jüngeren Zeitgenossen jene zu würdigen, die diese reiche Tradition beeindruckend fortsetzen. INA HARTWIG
JAMES WOOD: Die Kunst des Erzählens. Mit einem Vorwort von Daniel Kehlmann. Aus dem Englischen von Imma Klemm unter Mitwirkung von Barbara Hoffmeister. Rowohlt Verlag, Reinbek 2011, 237 Seiten, 19,95 Euro.
Erfrischend ist Woods
intelligente Respektlosigkeit
gegenüber den Literaturgöttern
Lehrt mittlerweile in Harvard: James Wood. Foto: Nick Cunard/Picture Press
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In seinem Essay über „Die Kunst des Erzählens“ verteidigt der Kritiker James Wood den Realismus – und erliegt dann doch der Seuche des moralisierenden Nettseins
„Diesem Satz bin ich verfallen“, bekennt der sonst eher zurückhaltende Literaturkritiker James Wood: „Der Tag wogt gelb mit allen seinen Ähren.“ Aus Virginia Woolfs Roman „Die Wellen“ stammt der Satz („The day waves yellow with all its crops.“), über den Wood fortfährt: „Ich kann hören, sehen, wie schön und wie fremd er ist“. Eigentlich gehöre Virginia Woolf – neben Melville, D.H. Lawrence oder Henry James – zu den „üppigen Stilisten“, doch hier verzaubere gerade die Einfachheit: „Acht einfache Wörter evozieren Farbe, Hochsommer, die Lethargie der Hitze, Reife.“
Für die großen modernen Romane seit dem 19. Jahrhundert hat James Wood, geboren 1965 in Großbritannien und seit vielen Jahren in den Vereinigten Staaten lebend, eine Schwäche. Das zeugt von einem guten, soliden, aber nicht von einem besonders exzentrischen Geschmack, schon gar nicht für einen Menschen seiner Generation. Im Register des jetzt auf Deutsch vorliegenden Essays „Die Kunst des Erzählens“ finden sich denn auch eine Menge kanonischer Namen, von Jane Austen über Stendhal bis zu Tolstoi. Deutschsprachige Autoren sucht man mit der Lupe; Thomas Mann, Rilke, W.G. Sebald und Thomas Bernhard heißt die karge Auslese.
Als der damals blutjunge Starkritiker des Guardian 1995 nach Amerika kam – heute schreibt er vor allem für den New Yorker –, da fiel er sofort auf, weil er die Literaturgötter der Gegenwart nicht als solche behandelte, als da wären John Updike, Thomas Pynchon, Philip Roth und Don DeLillo. Auch in diesem Essay, im englischen Original bereits 2008 unter dem Titel „How Fiction Works“ erschienen, wirkt James Woods intelligente Respektlosigkeit erfrischend. Den Begriff des „hysterischen Realismus“ hat er geprägt, um etwa das Werk des schon vor seinem Suizid kultartig verehrten David Foster Wallace zu charakterisieren, von dessen ausgiebigst dokumentierter Medien-und-Lebenswelt-Vermüllung der Generationsgenosse Wood sich nicht weiter beeindrucken lässt („scheinbarer Antiästhetizismus“), mehr noch, die er für „ziemlich öde“ hält. Selbst Nabokov muss sich von dem selbstbewussten Briten nachsagen lassen, er habe die Bedeutung des Visuellen überschätzt.
Grundsätzlich sollte man froh sein, wenn ein einflussreicher Kritiker sein Handwerkszeug unabhängig vom Tagesgeschäft einmal offen legt. Wenn er zeigt, welche Fragen ihm etwas bedeuten, welche Vergleiche er für sinnvoll hält, wem er folgt, wem er widerspricht. Zwei „Formalisten“, wie Wood sie nennt, hätten ihn geprägt: Roland Barthes und Wiktor Schklowski. Man kann sich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass die Liebe zu dem Franzosen inzwischen abgekühlt ist, denn in erster Linie widersetzt sich Wood dem „Skeptiker“ Barthes. Im Kern geht es um das Verhältnis zum Realismus. Wood versucht entschieden eine Ehrenrettung, Barthes verabscheute bekanntlich den Realismus. Hinzu kommt, dass Wood vom Wirklichkeitsgehalt der erzählenden Literatur überzeugt ist, während der Strukturalist Barthes als Wirklichkeit der Literatur ausschließlich die Sprache akzeptiert.
Weniger die Argumente übernimmt Wood von Barthes, als vielmehr den Gestus. Tatsächlich gibt sich „Die Kunst des Erzählens“ strukturalistisch. So sind sämtliche Abschnitte des Buchs – bis 123 – durchgezählt (wobei die Suggestion, jeder Abschnitt gleiche einem Unteressay, nicht immer eingelöst werden kann). Ebenfalls die Themensetzung folgt einer formalen Ordnung; zunächst geht es um den Einfluss Flauberts auf das moderne Erzählen (riesig), um die „Geburt des Flaneurs“ (notwendig), um das Detail (darf nicht zum Fetisch werden), die Figuren und ihr Verhältnis zum Autor/Erzähler, dann um das Bewusstsein im Zeitalter des Unbewussten (und Dostojewskis Rolle darin), um die Anteilnahme (wichtig), die Konvention (schlecht), den Realismus (nicht zu verwechseln mit dem „kommerziellen Realismus“) und schließlich um die Sprache.
Am bestens ist Wood, wenn er merkwürdige Gegenstände, Metaphern, geniale Auslassungen, kleine Spannungsbögen – die sich an einem Adverb festmachen können – analysierend heranzoomt. Dem Leser wird die große Erzählliteratur quasi in Pralinéform dargeboten. Das besticht und ist äußerst genüsslich zu lesen. Unter Woods liebendem Blick entpuppt sich der Realismus als ein weites Feld voller Möglichkeiten, als deren Herzstück – da zeigt sich ein konservativer Zug – die an Figuren und Charaktere gebundene seelische Substanz gelten muss. Hier brillieren die Bellows, Joyces, Cathers, McCarthys.
Hingegen finden experimentellere Prosaisten wie Gertrude Stein oder Georges Pérec, die andere „Helden“ schaffen (ein Wortspiel, ein Wohnhaus), in Woods Universum keinen Platz. So ganz leuchtet die Beschränkung nicht ein. Ohnehin fällt das, zudem ärgerlich ungeschmeidig und idiomatisch unsicher übersetzte, Buch in der zweiten Hälfte leicht ab. Man gewinnt den Eindruck, als komme dem Kritiker plötzlich der – inzwischen in Harvard lehrende – Professor in die Quere. So behauptet Wood etwa, in der zeitgenössischen Literatur gebe es nichts, das an die Entsetzlichkeit jenes Moments aus Hamsuns Roman „Hunger“ heranreiche, als der Erzählerheld seinen Finger in den Mund steckt und anfängt, sich selbst zu essen. „Keiner von uns“, spekuliert Wood, „wird dies hoffentlich jemals getan haben oder tun wollen“. Wozu der Bezug auf ein vages „uns“; wer soll das sein – wir Wohlstandsbürger, die wir keinen Hunger kennen und durch Hamsuns Kunst dennoch berührt werden? Da hört man den Pädagogen, der ein schlechtes Gewissen machen und zugleich die Angst vor der Literatur nehmen möchte. Anders gesagt, die „grassierende Seuche moralisierenden Nettseins“ (Wood) holt ihn in schwachen Momenten selbst ein.
Und was die zeitgenössische Literatur angeht, wird man fragen dürfen, ob wirklich niemand mit Hamsuns Entsetzensmotiv konkurrieren kann. Kein Imre Kertész, keine Herta Müller? Vor allem irritiert bei Wood die fast vollständige Abwesenheit zeitgenössischer englischer und amerikanischer Autoren; kein Nicholson Baker, kein Colm Toíbin, kein John Burnside – dabei wären gerade sie es wert, unter dem Signum des Realismus einer originellen Prüfung unterzogen zu werden. Jonathan Franzen, der offensichtlichste Erbe eines komplexen Realismus, ist ebenfalls aussortiert worden. Statt dessen hinreißende Detailanalysen längst durchgesetzter „großer“ Meister.
Es stimmt, der Gegner des Realismus gibt es einige – auch in Deutschland. Was gegen die angebliche Konventionalität oder sogar Vulgarität realistischen Erzählens zurzeit ins Feld geführt wird, ist meistens einem Ressentiment geschuldet, das sich entweder an einem hehren, neuerdings „lüpfenden“ Anspruch wärmt (Literatur als säkulares Gebet), oder sich nach einer knalligen Gegenwärtigkeit sehnt (Literatur als sozialer Crashtest). Da ist es schon erfreulich, und anregend sowieso, dass der Realismus in James Wood einen eloquenten Verteidiger gefunden hat. Noch glücklicher wäre man über seine Verve allerdings, hätte er sich die Mühe gemacht, auch unter jüngeren Zeitgenossen jene zu würdigen, die diese reiche Tradition beeindruckend fortsetzen. INA HARTWIG
JAMES WOOD: Die Kunst des Erzählens. Mit einem Vorwort von Daniel Kehlmann. Aus dem Englischen von Imma Klemm unter Mitwirkung von Barbara Hoffmeister. Rowohlt Verlag, Reinbek 2011, 237 Seiten, 19,95 Euro.
Erfrischend ist Woods
intelligente Respektlosigkeit
gegenüber den Literaturgöttern
Lehrt mittlerweile in Harvard: James Wood. Foto: Nick Cunard/Picture Press
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