Wer die Lebenswelt der Ostjuden im 19. Jahrhundert erforschen will, stößt bald auf Quellenprobleme. Viele Zeugnisse jüdischen Lebens sind vernichtet oder in aller Welt verstreut. Unter anderem erhalten geblieben sind Textsammlungen jüdischen Humors. Der Versuch, sie auszuwerten, lohnt sich. Diese Quellengattung ist besonders geeignet, über die Innenwelt des Ostjudentums Aufschluß zu geben, weil gerade der leise, tiefsinnige Humor eine ostjüdische Eigenart darstellt. Dieser Humor weist Muster und Strukturen auf, die auf Verhaltensnormen breiter ostjüdischer Bevölkerungsschichten schließen lassen. Die vorliegende Arbeit untersucht, ob sich in diesen Verhaltensnormen Toleranz ausgeprägt hat. Darüber hinaus ist dieses Buch ein Versuch, die Anekdoten und Witze der Vergessenheit zu entreißen, auf ihre Bedeutung und Aktualität hinzuweisen wie auch auf ihr hohes Unterhaltungsniveau.