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Produktdetails
  • Verlag: WUNDERLICH IM ROWOHLT
  • 1996.
  • Seitenzahl: 381
  • Abmessung: 220mm
  • Gewicht: 666g
  • ISBN-13: 9783805205511
  • ISBN-10: 3805205511
  • Artikelnr.: 08626042
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.07.1996

Tadellos chinesisch gepredigt
Leider keine Neuigkeit: Das Leben Humphrey Bogarts

Der Filmhimmel hat viele Götter. Das Zeitalter des Fernsehens brachte die berühmten Schauspieler jedoch von der Leinwand auf den Schirm in jedem Wohnzimmer. Schon in den sechziger Jahren war die große Zeit der Legendenbildung vorbei, und die Stars von heute erscheinen gegen ihre Ahnen eher geheimnislos.

Der Glanz von Greta Garbo oder Marylin Monroe, von James Dean oder Cary Grant war von anderer Art. Aber selbst unter ihnen halten nur wenige dem Vergleich mit Humphrey Bogart stand. "Bogie" erscheint heute gegenwärtiger, als es der zeitliche Abstand zu seinem Tod 1957 vermuten ließe. Von seinen insgesamt fünfundsiebzig Filmen sind die meisten zu Recht vergessen. Seine Meisterwerke aber faszinieren immer wieder. Der Skeptiker mit dem Wissen um die Vergeblichkeit von Aufklärung und Sühne, der resignierte Sieger ohne Moral und Visionen wirkt immer noch authentisch.

Bevor der seit 1930 nahezu pausenlos Filme produzierende Bogart mit John Hustons "High Sierra" sein Profil als siegreicher Verlierer fand, mußte er in vierunddreißig Filmen achtmal auf dem elektrischen Stuhl oder am Galgen sein Leben aushauchen, wurde er in einem Dutzend Filmen von Kugeln durchlöchert und neunmal lebenslänglich hinter Gitter geschickt. Dann drehte er mit Huston "Die Spur des Falken" (1941) und "African Queen" (1951), mit Howard Hawks "Tote schlafen fest" (1946) und mit Michael Curtiz "Casablanca" (1942). Schon zu seinen Lebzeiten waren Schauspieler und Rolle zu einer unauflöslichen Einheit verwoben. Bald erwies sich die Rollengeschichte aber als Hindernis. Jeder Versuch, es zu überwinden, provozierte spöttische Kommentare. Als er 1955 mit "An einem Tag wie jeder andere" seinen letzten Film gedreht hatte, fragte die "Tribune" ihre Leser: "Haben Sie es in Ihren wildesten Träumen jemals für möglich gehalten, Humphrey Bogart im Gewand eines katholischen Priesters zu sehen und ihn in einwandfreiem Chinesisch predigen zu hören?"

Zahlreiche Publikationen über Bogart (den John Huston als einen "Vorläufer des typischen Vertreters der sechziger Jahre" bezeichnete und von dem Truffaut meinte: "Was er machte, machte er besser als jeder andere") sind bereits erschienen. Mit Eifer haben sich Andrea Thalin und Michael O. Huebner aller verfügbaren Quellen für eine weitere detailreiche Chronik bedient. Stilistisch nicht eben glanzvoll ("Maude hatte Probleme, zu ihrem Kind eine Beziehung aufzubauen", "Über das Geburtsdatum von Humphrey Bogart herrscht interessierte Verwirrung") werden Leben und Arbeit, die Handlung seiner Filme, seine Affären, seine vier Ehen und die vermeintlichen Scheidungsgründe ausgebreitet.

Der Versuch, die Legende zu zerstören, scheitert jedoch an bloßer Faktengläubigkeit. Vergeblich bemühen sich die Autoren, die psychologischen Mechanismen der Legendenbildung zu erhellen. Das behindert insbesondere die Beschäftigung mit den Entstehungsbedingungen von "Casablanca". Zwar erfahren wir viel über die sexuellen Zudringlichkeiten Ingrid Bergmans, aber wenig über die politischen Facetten des Films, den Michael Curtiz in der erstaunlichen Zeit von gut zehn Wochen drehte. Die Analyse der enormen Wirkung, die er nach seiner New Yorker Premiere im November 1942 erzielte, spart gerade die politischen Implikationen aus. Darüber und über den Beitrag der mitwirkenden deutschen Emigranten Conradt Veit, Peter Lorre, Curt Bois und Ludwig Stossel erführe man gerne mehr als längst bekannte Einzelheiten. Die politische Allegorisierung des Konflikts zwischen Amerikas Isolationismus und dem amerikanisch-europäischen Schulterschluß bleibt weitgehend unerforscht.

Die gedankliche Durchdringung ihres Stoffes ist eindeutig nicht die Stärke der Autoren. Dafür entgeht ihnen keine noch so marginale Einzelheit, wie der sorgfältig erarbeitete Anhang belegt. Alles in allem ist das jedoch zuwenig. Für uns ist der Mann hinter der Maske nicht sichtbarer geworden. MATTHIAS WEGNER

Andrea Thalin, Michael O. Huebner: "Humphrey Bogart". Der Mann hinter der Maske. Eine Biographie. Wunderlich Verlag, Reinbek 1996. 382 S., 16 Abb., geb., 45,- DM.

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