Zum 100. Geburtstag des Hörspiels legt Günter Peters eine Geschichte dieser Kunstgattung vor, die seit ihrer Entstehung eine breite thematische Palette und ein vielfältiges Formenrepertoire entwickelt hat. Flankiert von der Kritik am Rundfunk als bloßem Distributionsapparat und der Utopie einer absoluten Radiokunst erkunden Autoren die Möglichkeiten des Mediums von den zartesten Regungen der Stimme bis zum volltönenden Geräusch der Welt. Als die Nazis den Rundfunk erobern, stagniert das Hörspiel im Anpassungszwang der Autoren, die dennoch versuchen, es am Leben zu erhalten. Nach dem Krieg erlebt das Hörspiel im Leitmedium Radio seine Blüte. Dabei zeigt sich der Gegensatz von West und Ost auch in der Hörspielästhetik. In den 70er Jahren gerät das literarische Hörspiel in die Defensive gegenüber dem klang- und sprachexperimentellen Neuen Hörspiel. Aber durch diesen Streit öffnet sich die Hörspiellandschaft zu grenzenlosen Möglichkeiten, das Leben im Akustischen zu spiegeln.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Insgesamt ist Rezensent Wolfgang Krischke zufrieden mit Günter Peters' Geschichte des Hörspiels, wobei er durchaus auch auf Lücken in der Darstellung hinweist. Das Buch konzentriert sich weitgehend auf deutsche Rundfunkhörspiele, stellt Krischke klar, kommerzielle Hörspielserien der "John Sinclair"-Art kommen kaum vor. Entlang der Lektüre unternimmt auch Peters einen Streifzug durch die Hörspielgeschichte Deutschlands, die in der Weimarer Republk einsetzt. Zuerst, fasst Krischke zusammen, konzentriert sich die Produktion, um sich von der medialen Konkurrenz abzusetzen, auf Settings, in denen der visuelle Sinn, zum Beispiel aufgrund von Nebel, ausgeschaltet ist, später erobert sich das Hörspiele eine Vielzahl an Formen und findet eine treue Hörerschaft. Die Hörspielproduktion in der Nazizeit wird zu knapp abgehandelt, gerade was möglichen Propagandaeinfluss angeht, kritisiert Krischke. In den Passagen zu Nachkriegshörspielen und auch den Kapiteln, die in Richtung Gegenwart führen, gehe es oft um den Streit zwischen eher ästhetisch ambitionierten und eher literarischen, erzählerischen Ansätzen, wobei letztere auch in der DDR dominierten. Peters selbst bricht laut Rezensent eine Lanze für die dieser Tage wieder ins Hintertreffen geratenen Experimente, auch weil sie neue Formen erschließen, die auch auf die erzählerischen Hörspiele zurückwirken. Krischke scheint ihm im Großen und Ganzen zuzustimmen und ist auch ansonsten mit diesem Überblicksbuch weitgehend zufrieden.
© Perlentaucher Medien GmbH
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