Seit der Erstausgabe der Hystoria von dem wirdigen ritter sant Wilhelm im Jahre 1889 hat sich die Forschungslage zu dieser frühneuhochdeutschen Prosaauflösung grundlegend geändert. Das Bekanntwerden von zwei weiteren Überlieferungsträgern macht eine Neuherausgabe des Textes auf der Grundlage aller drei Hystoria -Handschriften erforderlich. Die nach heutigem Kenntnisstand defizitäre alte Ausgabe korrespondiert mit der bisherigen Fehleinschätzung der Hystoria in der Forschung. Die Untersuchung zeigt, daß die bislang die Forschung bestimmende Negativbeurteilung der Hystoria einer Revision bedarf. Dem Prosabearbeiter gelingt es, durch subtile Modifikationen innerhalb der Mikrostruktur die disparaten Textbausteine zu einem in sich stimmigen, kohärenten Text zusammenzusetzen, der sich in seiner Intention markant von der als Vorlage dienenden Vers-Trilogie aus Ulrichs von dem Türlin Arabel , Wolframs von Eschenbach Willehalm sowie Ulrichs von Türheim Rennewart abhebt. Mit der Fähigkeit,den mehr als 61000 Verse umfassenden Stoff umsichtig zu verarbeiten, sowie dem Vermögen, sich an für den Textsinn entscheidenden Punkten der Handlung von den Versvorlagen zu lösen, unterstreicht der Prosateur sein literarisches Können. Deshalb ist die im Zusammenhang mit der frühneuhochdeutschen Prosaauflösung mittelhochdeutscher Epen vielfach noch immer bemühte These vom "gesunkenen Kulturgut" im Hinblick auf diesen frühneuzeitlichen Autor mit seinem für die damalige Zeit außergewöhnlichen literarischen Profil nicht weiter vertretbar.