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Produktdetails
  • Verlag: Diederichs
  • Seitenzahl: 218
  • Abmessung: 190mm
  • Gewicht: 302g
  • ISBN-13: 9783424014679
  • ISBN-10: 3424014672
  • Artikelnr.: 23996391
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.02.2000

Schweine, Schweine, seid's gewesen
Die ungeistigsten Geschöpfe zaubert Georg Zimmermanns Einführung in das I Ging fort

Das I Ging hat als das chinesische Weisheitsbuch schlechthin in den letzten Jahren wachsende Popularität erlangt. Zu diesem Werk, das weltweit vor allem durch die Übersetzung von Richard Wilhelm aus dem Jahr 1923 Verbreitung gefunden hat, sind - besonders bei Diederichs - zahlreiche Bücher erschienen. Der Verlag hat seiner Reihe jetzt Georg Zimmermanns Einführungsbuch "I Ging leicht gemacht" hinzugefügt.

Dass es nicht einfach ist, sich dem I Ging zu nähern, hat nicht nur C. G. Jung so empfunden, der über das Buch bemerkte: "Es bietet weder Fakten noch Macht, aber für die, die auf Selbsterkenntnis aus sind, auf weises Verhalten - wenn es das gibt -, für die scheint es das richtige Buch zu sein." Hermann Hesse urteilte: "Man kann es als Orakelbuch benutzen, um in schwierigen Lebenslagen Rat zu bekommen. Man kann es auch nur seiner Weisheit wegen lieben. Es ist in diesem Buch ein System von Gleichnissen für die ganze Welt aufgebaut."

Auch Zimmermann vermag das I Ging nicht mit wenigen Worten einzuordnen: "Es ist keine Philosophie, keine Ethik, keine Kosmologie, kein religiöser Offenbarungstext, keine Mythologie, sondern alles in einem. Mit seinen Strichkombinationen und seiner urtümlichen Bildersprache erhebt es den Anspruch, sowohl den Kosmos wie auch jeden einzelnen Menschen in seinem schicksalhaften Wandel zu erfassen." Zudem kann man nach Anleitung dieses wundersamen Buches Münzen oder Schafgarbenstängel werfen und aus deren Fall Orakel zu allen persönlichen Lebenssituationen empfangen. "Sie reitet auf dem Pferd und wird zurückgehalten. Blutige Tränen fließen", lautet eines der urtümlichen Bilder, die das Orakel dem Frager entgegenhält. Ein anderes orakelt nicht minder mysteriös: "Eine große Frucht ist noch ungegessen. Der Edle erhält einen Wagen, dem Gemeinen zersplittert das Haus."

In gewisser Weise ähnelt das Orakel des I Ging dem Kartenlegen des Tarot. Während der Tarot achtundsiebzig Arkana (die Karten) kennt, verfügt das I Ging über vierundsechzig Hexagramme, auch als Bilder bezeichnet. Diese vierundsechzig Zeichen stehen für Archetypen von Zuständen im Wandel der Dinge. Sechs horizontale Striche, entweder durchgehend oder unterbrochen, formen ein Hexagramm, welches wiederum aus zwei Trigrammen besteht, von denen es acht gibt. Das Trigramm, das für "Wind" steht, über dem Trigramm des Sees ergibt zum Beispiel das Hexagramm der "inneren Wahrheit". "Innere Wahrheit. Schweine und Fische. Heil! Fördernd ist es, das große Wasser zu durchqueren. Fördernd ist Beharrlichkeit", heißt es im Urteilstext des I Ging zu diesem Bild. Die Interpretationshilfen, die uns Zimmermann zu diesem Urteil liefert, beschränken sich darauf, dass "Heil!" bedeutet, dass man sich auf einem segensreichen Weg befindet, dass die Durchquerung des großen Wassers die Abkehr vom Alten und die Zuwendung zu Neuem bedeutet und dass mit Beharrlichkeit auf dem eingeschlagenen Weg zu bleiben gemeint ist.

Darauf hätte man auch selbst kommen können. Über die Schweine und Fische schreibt Zimmermann nichts; in der Wilhelm-Übersetzung lässt sich jedoch nachlesen, dass Schweine und Fische die ungeistigsten Geschöpfe sind, was zeigt, wie groß die Macht der Wahrheit ist, wenn sie sogar Fische und Schweine beeinflusst. Zimmermann hält es noch für bemerkenswert, dass die korrekte Übersetzung eigentlich "der große Strom" und nicht "das große Wasser" heißen müsste.

So gesehen findet man in dem Büchlein von Georg Zimmermann nur wenig, was sich nicht auch in der Richard-Wilhelm-Ausgabe des I Ging fände. Der Wert von Zimmermanns Werk liegt eher darin, dass er den umfangreichen Stoff des I Ging übersichtlich gegliedert hat. Er setzt dabei seine eigenen Schwerpunkte und hebt zum Beispiel unter der Überschrift "Zur Ethik des I Ging" ein kleines Kapitel besonders hervor, das sich mit der Charakterbildung des Menschen über die neun Stufen Auftreten, Bescheidenheit, Wiederkehr, Dauer, Minderung, Mehrung, Bedrängnis, Brunnen und Sanftes beschäftigt.

Da Zimmermann nicht alle vierundsechzig Hexagramme ausführlich bespricht, bleibt man nach wie vor auf die Lektüre des I Ging angewiesen, wenn man das große Wasser durchqueren und aus diesem Brunnen fernöstlicher Weisheit schöpfen will. Fördernd ist dabei nach der Erfahrung des Rezensenten vor allem Beharrlichkeit, das Einführungsbuch kann den Suchenden nur unterstützen.

HARTMUT HÄNSEL

Georg Zimmermann: "I Ging leicht gemacht". Das Einführungsbuch. Diederichs Verlag, Kreuzlingen 1999. 218 S., Abb., geb., 29,80 DM.

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