Wer hoch fliegt ...Bennie Griessel war ein trockener Alkoholiker - bis zu dem Tag vor Weihnachten, als ein Freund seine Familie und sich selbst erschießt. Er beginnt wieder zu trinken, und als seine Kollegen ihn suchen, sitzt er im Gefängnis. Dabei hat Bennie einen neuen, spektakulären Fall. Ein Mann wird stranguliert an einem Strand aufgefunden. Ernst Richter hatte ein besonderes Geschäftsmodell. Allen, die fremdgehen wollten, versprach er, für ein todsicheres Alibi zu sorgen.Ein fulminanter Roman, in dem das paradiesische und dunkle Südafrika eng nebeneinanderliegen. Das Meisterwerk eines der besten Thrillerautoren weltweit.Kapstadt im Dezember. Bennie Griessel wird zu einem Tatort gerufen, der ihn aus der Fassung bringt. Ein Kollege hat seine Frau, seine zwei Töchter und dann sich selbst erschossen. Bennie will nur noch weg - von Alexa, seiner Freundin, von seinen Kindern. Er landet in einer Bar und betrinkt sich. Ein herber Rückfall für den trockenen Alkoholiker.An einem Strand experimentiert ein Kameramann mit einer Drohne und entdeckt eine Leiche. Ein Mann ist offenkundig erdrosselt worden. Als die Polizei die Identität des Mannes herausgefunden hat, sind alle in heller Aufregung. Ernst Richter galt seit Wochen als vermisst. Prominent wurde er durch seine Interplattform Alibi. Allen, die eine Affäre haben wollten, versprach er den sorgenfreien Seitensprung.Als man Bennie zu Hilfe rufen will, sitzt der nach einer Prügelei im Gefängnis. Und noch einen treibt der Tod von Ernst Richter um: den Weinbauer Francois du Toit aus Stellenbosch, der sich auf zwielichtige Geschäfte eingelassen hat.»Im Thrillergewand breitet Deon Meyer die Probleme, aber auch die Fortschritte der südafrikanischen Gesellschaft aus ... All das steckt in seinen ziemlich spannenden Geschichten.« Die Welt
» Meyer ist der genialste afrikanische Kriminalautor. Seine Bücher, auch dieses, halten bis zur letzten Seite die Spannung. « WDR 5 20170524
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.12.2015KRIMI-KOLUMNE
Deon Meyer gestaltet
Alibis in „Icarus“
Nicht, was Vaughn Cupido erwartet hatte: Desiree Coetzee ist, trotz ihres afrikaanse Namens, nicht weiß, sondern schwarz. Dazu hat sie auch noch einen Masterabschluss und sieht umwerfend aus. Cupido ist hin und weg. Er und sein Kollege Bennie Griessel sollten eigentlich in einem Mordfall ermitteln. Aber Griessel hat eigene Probleme: Heimlich hat er, seit fast zwei Jahren trockener Alkoholiker, wieder angefangen zu trinken. In der Mittagspause kippt er zu den Nudeln schnell einen doppelten Whisky runter, in seinen Jackentaschen und im Schreibtisch deponiert er die kleinen Jack-Daniel’s-Flaschen aus dem schmierigen Laden an der Ecke. Die Fassade vom zuverlässigen Kollegen und Cop hält er nur noch mühsam aufrecht. Hauptsache niemand merkt, wie die Flaschen in den Taschen aneinanderklappern. Und sein Partner Cupido, der interessiert sich vor allem für die schöne Coetzee. Auch das darf aber natürlich keiner wissen.
Passenderweise ist diese Desiree Coetzee eine Expertin für Dinge, die niemand wissen darf. Sie arbeitet für Alibi, ein Start-up, das seinen Kunden auf Wunsch genau ein solches verschafft. Nicht für Morde und andere Verbrechen, sondern für Seitensprünge. So richtig überrascht ist deshalb niemand, als Ernst Richter, der Gründer und Chef des Unternehmens, von einem Hobbyfotografen am Strand gefunden wird, halb im nassen Sand vergraben und vermutlich erdrosselt. Ein Sturm hatte nur seine Füße freigelegt.
In „Icarus“, dem fünften Band um den Ermittler Bennie Griessel, herrscht die totale Überwachung: Die Leiche wird zufällig beim Testflug einer neuen Kameradrohne gefunden, wichtige Hinweise sind in einem gesperrten iPhone versteckt, das in einer bizarren Szene erst mit dem Finger des Toten entsperrt werden muss, und ohne Experten für Datenauswertung geht bei der von den neuen Technologien überforderten Polizei gar nichts mehr.
Die Versprechen dieser Flut von Bildern und Daten sind aber so unzuverlässig wie die Profilbildchen der Männer und Frauen beim Dating-Dienst Tinder, den auch die Alibi-Kunden gerne benutzen: Hinter den verführerischen Fotos, oft am Strand aufgenommen, kann sich alles verbergen. Ein Bild ist schnell bearbeitet, so wie jedes andere Dokument. Wer halblegal Alibis für zwielichtige Affären konstruiert und dafür auch mal aufwendig eine Hotelrechnung fälscht, der ist wahrscheinlich noch zu ganz anderen Dingen fähig. Im Südafrika des Thriller-Autors Deon Meyer florieren Korruption, Untreue und Lüge gerade dank der neuesten Technologien, die Transparenz versprechen, aber diese nur simulieren. Jedes Handy ist zugleich ein Peilsender, und wenn die Geliebte sich nicht meldet, wird das Smartphone zum Folterinstrument.
Das Thema der falschen Fassade reflektiert der Roman selbst, denn der Thriller, der er zu sein vorgibt, ist er nur zur Hälfte. Fast jedes zweite Kapitel erzählt nicht von den Mordermittlungen, sondern von dem Gespräch eines gewissen François du Troit mit der Anwältin Susan Pereis. Am 24. Dezember, wenige Tage nach dem Fund Ernst Richters, erzählt dieser François einen ganzen Familienroman über geliebte Weingüter und verstellte Biografien. Eine Geschichte voller eigensinniger Töchter, sturer Väter und psychopathischer Brüder, oft spannender als die etwas routinierte Thrillerhandlung.
Der Leser weiß, dass diese beiden Geschichten irgendwann aufeinandertreffen müssen. Mit dem Alkohol, gegen den Griessel so verzweifelt ankämpft, werden anderswo Millionen verdient und Menschen zur Verzweiflung getrieben – bis in die Motive bespiegeln sich die zwei Stränge gegenseitig. In einer großartigen Geste stellt der Roman dann aber auch noch diese letzte Sicherheit infrage: Dass sich hinter jeder Vermutung, jeder Lüge und jeder Fälschung eine einfache und eindeutige Wahrheit verbirgt.
NICOLAS FREUND
Deon Meyer: Icarus. Thriller. Aus dem Afrikaans von Stefanie Schäfer. Verlag Rütten & Loening, Berlin 2015.
432 Seiten, 19,99 Euro. E-Book 15,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Deon Meyer gestaltet
Alibis in „Icarus“
Nicht, was Vaughn Cupido erwartet hatte: Desiree Coetzee ist, trotz ihres afrikaanse Namens, nicht weiß, sondern schwarz. Dazu hat sie auch noch einen Masterabschluss und sieht umwerfend aus. Cupido ist hin und weg. Er und sein Kollege Bennie Griessel sollten eigentlich in einem Mordfall ermitteln. Aber Griessel hat eigene Probleme: Heimlich hat er, seit fast zwei Jahren trockener Alkoholiker, wieder angefangen zu trinken. In der Mittagspause kippt er zu den Nudeln schnell einen doppelten Whisky runter, in seinen Jackentaschen und im Schreibtisch deponiert er die kleinen Jack-Daniel’s-Flaschen aus dem schmierigen Laden an der Ecke. Die Fassade vom zuverlässigen Kollegen und Cop hält er nur noch mühsam aufrecht. Hauptsache niemand merkt, wie die Flaschen in den Taschen aneinanderklappern. Und sein Partner Cupido, der interessiert sich vor allem für die schöne Coetzee. Auch das darf aber natürlich keiner wissen.
Passenderweise ist diese Desiree Coetzee eine Expertin für Dinge, die niemand wissen darf. Sie arbeitet für Alibi, ein Start-up, das seinen Kunden auf Wunsch genau ein solches verschafft. Nicht für Morde und andere Verbrechen, sondern für Seitensprünge. So richtig überrascht ist deshalb niemand, als Ernst Richter, der Gründer und Chef des Unternehmens, von einem Hobbyfotografen am Strand gefunden wird, halb im nassen Sand vergraben und vermutlich erdrosselt. Ein Sturm hatte nur seine Füße freigelegt.
In „Icarus“, dem fünften Band um den Ermittler Bennie Griessel, herrscht die totale Überwachung: Die Leiche wird zufällig beim Testflug einer neuen Kameradrohne gefunden, wichtige Hinweise sind in einem gesperrten iPhone versteckt, das in einer bizarren Szene erst mit dem Finger des Toten entsperrt werden muss, und ohne Experten für Datenauswertung geht bei der von den neuen Technologien überforderten Polizei gar nichts mehr.
Die Versprechen dieser Flut von Bildern und Daten sind aber so unzuverlässig wie die Profilbildchen der Männer und Frauen beim Dating-Dienst Tinder, den auch die Alibi-Kunden gerne benutzen: Hinter den verführerischen Fotos, oft am Strand aufgenommen, kann sich alles verbergen. Ein Bild ist schnell bearbeitet, so wie jedes andere Dokument. Wer halblegal Alibis für zwielichtige Affären konstruiert und dafür auch mal aufwendig eine Hotelrechnung fälscht, der ist wahrscheinlich noch zu ganz anderen Dingen fähig. Im Südafrika des Thriller-Autors Deon Meyer florieren Korruption, Untreue und Lüge gerade dank der neuesten Technologien, die Transparenz versprechen, aber diese nur simulieren. Jedes Handy ist zugleich ein Peilsender, und wenn die Geliebte sich nicht meldet, wird das Smartphone zum Folterinstrument.
Das Thema der falschen Fassade reflektiert der Roman selbst, denn der Thriller, der er zu sein vorgibt, ist er nur zur Hälfte. Fast jedes zweite Kapitel erzählt nicht von den Mordermittlungen, sondern von dem Gespräch eines gewissen François du Troit mit der Anwältin Susan Pereis. Am 24. Dezember, wenige Tage nach dem Fund Ernst Richters, erzählt dieser François einen ganzen Familienroman über geliebte Weingüter und verstellte Biografien. Eine Geschichte voller eigensinniger Töchter, sturer Väter und psychopathischer Brüder, oft spannender als die etwas routinierte Thrillerhandlung.
Der Leser weiß, dass diese beiden Geschichten irgendwann aufeinandertreffen müssen. Mit dem Alkohol, gegen den Griessel so verzweifelt ankämpft, werden anderswo Millionen verdient und Menschen zur Verzweiflung getrieben – bis in die Motive bespiegeln sich die zwei Stränge gegenseitig. In einer großartigen Geste stellt der Roman dann aber auch noch diese letzte Sicherheit infrage: Dass sich hinter jeder Vermutung, jeder Lüge und jeder Fälschung eine einfache und eindeutige Wahrheit verbirgt.
NICOLAS FREUND
Deon Meyer: Icarus. Thriller. Aus dem Afrikaans von Stefanie Schäfer. Verlag Rütten & Loening, Berlin 2015.
432 Seiten, 19,99 Euro. E-Book 15,99 Euro.
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