Der Roman der Bachmann-Preisträgerin von 2019: Humorvoll und empathisch erzählt Birgit Birnbacher vom jungen Arthur, der nach seiner Zeit im Gefängnis nur schwer eine neue Chance bekommt.
Arthur, 22, still und intelligent, hat 26 Monate im Gefängnis verbracht. Endlich wieder in Freiheit stellt er fest, dass er so leicht keine neue Chance bekommt. Ohne die passenden Papiere und Zeugnisse lässt man ihn nicht zurück ins richtige Leben. Gemeinsam mit seinem unkonventionellen Therapeuten Börd und seiner glamourösen Ersatzmutter Grazetta schmiedet er deshalb einen ausgefuchsten Plan. Eine kleine Lüge, die die große Freiheit bringen könnte ... Humorvoll und empathisch erzählt Bachmann-Preisträgerin Birgit Birnbacher davon, wie einer wie Arthur überhaupt im Gefängnis landen kann, und geht der großen Frage nach, was ein "nützliches" Leben ausmacht.
Arthur, 22, still und intelligent, hat 26 Monate im Gefängnis verbracht. Endlich wieder in Freiheit stellt er fest, dass er so leicht keine neue Chance bekommt. Ohne die passenden Papiere und Zeugnisse lässt man ihn nicht zurück ins richtige Leben. Gemeinsam mit seinem unkonventionellen Therapeuten Börd und seiner glamourösen Ersatzmutter Grazetta schmiedet er deshalb einen ausgefuchsten Plan. Eine kleine Lüge, die die große Freiheit bringen könnte ... Humorvoll und empathisch erzählt Bachmann-Preisträgerin Birgit Birnbacher davon, wie einer wie Arthur überhaupt im Gefängnis landen kann, und geht der großen Frage nach, was ein "nützliches" Leben ausmacht.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.03.2020Leben auf der Tonspur
Birgit Birnbachers Roman „Ich an meiner Seite“
Die Österreicherin Birgit Birnbacher hat ein feines Gespür für das Randständige, für sozial Unterprivilegierte und für Menschen, die es aus der Bahn geworfen hat, sei es durch Unglück, Zufall oder auch schlicht durch eigenes Verschulden. In Birnbachers mit dem Preis der Ponto-Stiftung ausgezeichneten Debüt „Wir ohne Wal“, einer Sammlung von lose zusammengeklammerten Episoden, überfallen in Hasenkostüme gehüllte Jugendliche auf Speed eine Tankstelle; eine Frau geht auf eine Nacktparty und vergisst den geistig zurückgebliebenen jungen Mann, den sie pflegt, zu Hause am offenen Fenster.
Es sind Short Cuts aus dem Leben von Anfangszwanzigern, die sich zu einem Generationsporträt verdichten. Mit einem vermeintlich unspektakulären und erst auf den zweiten Blick raffinierten Text, in dessen Zentrum die Prekarisierung der Lebensverhältnisse von Akademikern stand, gewann Birnbacher im vergangenen Jahr den Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preis.
Nun hat Birnbacher, 1985 geboren und studierte Soziologin, ihren ersten Roman vorgelegt, in dem sie ihre Technik noch einmal verfeinert hat: Die Milieus, aus denen sie erzählt, sind die der Underdogs und Beschädigten, Birnbachers Blick auf ihre Figuren ist unverklärt, aber empathisch. Aufregend an „Ich an meiner Seite“ ist die Erzählweise: Die Gefahr, über die Komplexität der Konstruktion hinwegzulesen, ist groß, bis man bemerkt, dass Birnbacher ihrem Protagonisten eine Falltür nach der anderen anbietet. Arthur Galleij heißt der 22-jährige Mann, der zu Beginn des Romans im Juni 2010 als frisch entlassener Häftling mit einer blutenden Wunde an der Schläfe im Büro seines Therapeuten Konstantin Vogl auftaucht, den alle nur „Börd“ nennen. Warum Arthur im Gefängnis gesessen hat, erfahren wir erst rund 180 Seiten später, desgleichen die Ursache für die Kopfwunde.
Arthur ist einer der Probanden in einem wissenschaftlichen Resozialisierungsprojekt und bekommt von Börd die Auflage, alles, was ihm in Bezug auf seine Kindheit und Jugend bedeutsam erscheint, auf Band zu sprechen und ihm, Börd, auszuhändigen. Neben der eigentlichen Handlungsebene läuft also eine permanente Tonspur mit hoch interessanten Selbstauskünften, von der Arthur selbst allerdings nie sicher sein kann, wann und ob überhaupt sie abgehört wird.
Es gibt in Birnbachers engem Gewebe aus Schuld, Eigenverantwortlichkeit und Opferstatus keine eindeutigen moralischen Bewertungen. Für Arthur geht es zum einen darum, ein Leben mit zahlreichen Beschädigungen und Rückschlägen hinter sich zu lassen und zum anderen in der Gegenwart Stabilität zu gewinnen. Das eine ist so schwierig wie das andere. Aus den unterschiedlichen Sprech- und Erinnerungssituationen heraus setzt Birgit Birnbacher einen Lebenslauf zusammen: Arthurs Mutter wurde vom brutalen Vater früh verlassen; mit ihrem neuen Partner und den beiden Söhnen ist sie aus dem Salzburger Land nach Südspanien aufgebrochen, um dort ein Luxuszentrum für Palliativpflege zu eröffnen.
Alle sind mehr oder weniger beschädigt in diesem Roman, kämpfen, wie Arthur, mit Flashbacks, ausgelöst durch Gewalterfahrungen im Gefängnis, oder, wie Börd, mit Depressionen. Birgit Birnbacher erzählt davon, und das ist das Herausragende, ohne jeden Hang zur Verklärung und ohne ein Pathos der Härte. Im Kern geht es immer um die Dichotomie zwischen Kontrolle und Kontingenz; um den Versuch, Strukturen zu schaffen, innerhalb derer sich der Beweis antreten lässt, „dass ich ein nützlicher Mensch bin“, wie Arthur selbst es auf das Tonband spricht. Dagegen steht die Unberechenbarkeit des Weltenlaufs.
Arthur hat sich allem unterzogen, was von ihm erwartet wird, er hat alle Checks durchlaufen, sich jeder Beobachtung ausgesetzt. Doch auch das System, das nicht auf Gnade und Hoffnung, sondern auf dem Leistungsdruck des Wiederfunktionierenkönnens basiert, liefert keine Garantien für einen Stigmatisierten, mag er auch noch so intelligent sein. Die traditionelle Rettungskonstruktion Familie ist aufgelöst.
Als Arthur aus dem Gefängnis entlassen wird, erwartet ihn nicht die Mutter, sondern Grazetta, eine uralte ehemalige Schauspielerin, die Patientin in der Palliativklinik war. Wäre Arthurs Leben ein Kartenspiel, wäre Grazetta der Joker. Dass Birgit Birnbacher in ihren so menschlichen wie literarisch versiertem Roman einen Hoffnungsstrahl hineinlässt, spricht keinesfalls gegen sie.
CHRISTOPH SCHRÖDER
Birgit Birnbacher:
Ich an meiner Seite.
Roman. Zsolnay Verlag, Wien 2020.
270 Seiten, 23 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Birgit Birnbachers Roman „Ich an meiner Seite“
Die Österreicherin Birgit Birnbacher hat ein feines Gespür für das Randständige, für sozial Unterprivilegierte und für Menschen, die es aus der Bahn geworfen hat, sei es durch Unglück, Zufall oder auch schlicht durch eigenes Verschulden. In Birnbachers mit dem Preis der Ponto-Stiftung ausgezeichneten Debüt „Wir ohne Wal“, einer Sammlung von lose zusammengeklammerten Episoden, überfallen in Hasenkostüme gehüllte Jugendliche auf Speed eine Tankstelle; eine Frau geht auf eine Nacktparty und vergisst den geistig zurückgebliebenen jungen Mann, den sie pflegt, zu Hause am offenen Fenster.
Es sind Short Cuts aus dem Leben von Anfangszwanzigern, die sich zu einem Generationsporträt verdichten. Mit einem vermeintlich unspektakulären und erst auf den zweiten Blick raffinierten Text, in dessen Zentrum die Prekarisierung der Lebensverhältnisse von Akademikern stand, gewann Birnbacher im vergangenen Jahr den Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preis.
Nun hat Birnbacher, 1985 geboren und studierte Soziologin, ihren ersten Roman vorgelegt, in dem sie ihre Technik noch einmal verfeinert hat: Die Milieus, aus denen sie erzählt, sind die der Underdogs und Beschädigten, Birnbachers Blick auf ihre Figuren ist unverklärt, aber empathisch. Aufregend an „Ich an meiner Seite“ ist die Erzählweise: Die Gefahr, über die Komplexität der Konstruktion hinwegzulesen, ist groß, bis man bemerkt, dass Birnbacher ihrem Protagonisten eine Falltür nach der anderen anbietet. Arthur Galleij heißt der 22-jährige Mann, der zu Beginn des Romans im Juni 2010 als frisch entlassener Häftling mit einer blutenden Wunde an der Schläfe im Büro seines Therapeuten Konstantin Vogl auftaucht, den alle nur „Börd“ nennen. Warum Arthur im Gefängnis gesessen hat, erfahren wir erst rund 180 Seiten später, desgleichen die Ursache für die Kopfwunde.
Arthur ist einer der Probanden in einem wissenschaftlichen Resozialisierungsprojekt und bekommt von Börd die Auflage, alles, was ihm in Bezug auf seine Kindheit und Jugend bedeutsam erscheint, auf Band zu sprechen und ihm, Börd, auszuhändigen. Neben der eigentlichen Handlungsebene läuft also eine permanente Tonspur mit hoch interessanten Selbstauskünften, von der Arthur selbst allerdings nie sicher sein kann, wann und ob überhaupt sie abgehört wird.
Es gibt in Birnbachers engem Gewebe aus Schuld, Eigenverantwortlichkeit und Opferstatus keine eindeutigen moralischen Bewertungen. Für Arthur geht es zum einen darum, ein Leben mit zahlreichen Beschädigungen und Rückschlägen hinter sich zu lassen und zum anderen in der Gegenwart Stabilität zu gewinnen. Das eine ist so schwierig wie das andere. Aus den unterschiedlichen Sprech- und Erinnerungssituationen heraus setzt Birgit Birnbacher einen Lebenslauf zusammen: Arthurs Mutter wurde vom brutalen Vater früh verlassen; mit ihrem neuen Partner und den beiden Söhnen ist sie aus dem Salzburger Land nach Südspanien aufgebrochen, um dort ein Luxuszentrum für Palliativpflege zu eröffnen.
Alle sind mehr oder weniger beschädigt in diesem Roman, kämpfen, wie Arthur, mit Flashbacks, ausgelöst durch Gewalterfahrungen im Gefängnis, oder, wie Börd, mit Depressionen. Birgit Birnbacher erzählt davon, und das ist das Herausragende, ohne jeden Hang zur Verklärung und ohne ein Pathos der Härte. Im Kern geht es immer um die Dichotomie zwischen Kontrolle und Kontingenz; um den Versuch, Strukturen zu schaffen, innerhalb derer sich der Beweis antreten lässt, „dass ich ein nützlicher Mensch bin“, wie Arthur selbst es auf das Tonband spricht. Dagegen steht die Unberechenbarkeit des Weltenlaufs.
Arthur hat sich allem unterzogen, was von ihm erwartet wird, er hat alle Checks durchlaufen, sich jeder Beobachtung ausgesetzt. Doch auch das System, das nicht auf Gnade und Hoffnung, sondern auf dem Leistungsdruck des Wiederfunktionierenkönnens basiert, liefert keine Garantien für einen Stigmatisierten, mag er auch noch so intelligent sein. Die traditionelle Rettungskonstruktion Familie ist aufgelöst.
Als Arthur aus dem Gefängnis entlassen wird, erwartet ihn nicht die Mutter, sondern Grazetta, eine uralte ehemalige Schauspielerin, die Patientin in der Palliativklinik war. Wäre Arthurs Leben ein Kartenspiel, wäre Grazetta der Joker. Dass Birgit Birnbacher in ihren so menschlichen wie literarisch versiertem Roman einen Hoffnungsstrahl hineinlässt, spricht keinesfalls gegen sie.
CHRISTOPH SCHRÖDER
Birgit Birnbacher:
Ich an meiner Seite.
Roman. Zsolnay Verlag, Wien 2020.
270 Seiten, 23 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2020Renovierungsbedürftig, aber mit Herz
Birgit Birnbachers Roman "Ich an meiner Seite"
Wer aus dem Gefängnis entlassen wird, tut gut daran, die Haft als "Auslandsaufenthalt" in seinen Lebenslauf einzubauen. Mit solchen Empfehlungen bekommt es Arthur Galleij zu tun, der junge Held im ersten Roman der Bachmann-Preisträgerin Birgit Birnbacher. Nach über zwei Jahren im Gefängnis bemüht Arthur sich, die ersten Schritte in Freiheit zu machen, ohne in sich zusammenzufallen (und ohne dass die Dächer abrutschen, hätte ein Franz Biberkopf gesagt). Mit einer mysteriösen Wunde am Kopf erscheint der Zweiundzwanzigjährige in seiner Haftentlassenen-WG. Das von einer wissenschaftlichen Studie begleitete Wohn-Projekt ("Weitermachen e.V.") wird für Arthur über längere Zeit zur Ersatzfamilie.
Birgit Birnbacher, Jahrgang 1985, hat als Soziologin in Salzburg gearbeitet. Ihr Roman ist gewissermaßen aus professioneller Perspektive geschrieben. Er gewinnt seine Form, indem er die wechselvolle Lebensgeschichte Arthur Galleijs in den Rahmen des Resozialisierungsprojekts spannt. Wichtige Informationen vermitteln sich über die Aufzeichnungen, die Arthur auf Band spricht, und wir werden Zeugen des teils mühevollen, teils skurrilen therapeutischen Alltags. In den täglichen Feedback-Runden kommen auch vom Leben gedemütigte Gestalten wie der "Scheiße-Hans" ausgiebig zu Wort. Er trägt diesen Spitznamen, weil seine Geschichten so schlimm sind, dass den Zuhörern danach wenig anderes zu sagen bleibt als: "Scheiße, Hans."
Allmählich soll in der Therapie eine "Hauptfigur" genannte Optimalversion der eigenen Person entstehen - ein inneres Leitbild, mit dessen Hilfe sich die Außenwelt besser bewältigen lasse. Die gedankliche Substanz dieses Projekts scheint allerdings ebenso brüchig wie seine federführenden Akteure, allen voran der Therapeut Konstantin Vogl, genannt Börd, der selbst Hilfe gut gebrauchen könnte: Er leidet an Depressionen, Alkoholismus und aufbrausendem Gemüt. Immerhin ist er die schillerndste Gestalt des Romans, weniger väterlicher Retter als Krisen-Kumpel.
Die mit den Bandaufzeichnungen und Therapiegesprächen verbundenen Rückblenden, so die geschulte Erwartung eines Lesers von Romanen, sollten die biographischen Hintergründe und Motive von Arthurs kriminellen Verirrungen liefern. So scheinen die Ausführungen über seine Vaterlosigkeit und seine Kindheit in einer unwirtlichen, von sozial abgehängten Menschen bewohnten Hochhaussiedlung auf das Muster des prekären Milieus hinauszulaufen, das jugendliche Kriminalität begünstigt. Dagegen wendet Arthur selbst in seinen Aufzeichnungen ein: "Jetzt werden Sie sagen: Klassiker, vaterloser Jugendlicher wird kleinkriminell. Und gleich irgendwelche Kausalitäten einziehen, wo die gar nicht hingehören."
Tatsächlich gelingt es Arthurs Mutter, die Familie "ein paar Gesellschaftsschichten nach oben zu manövrieren". Sie verlässt die österreichische Kleinstadt und übernimmt in Andalusien mit ihrem zweiten Mann die Leitung einer Hospizeinrichtung für Wohlhabende. Arthurs weitere Jugend scheint nun eher von einer gewissen Wohlstandsverwahrlosung gekennzeichnet - aber womöglich wäre auch das nur eine falsch eingezogene Kausalität. Die nächste "Kausalität" kommt in Form einer bisexuellen Dreiecksbeziehung mit Arthurs Freunden Princeton und Milla daher, die auf eine Badetragödie an der spanischen Küste hinausläuft: Während Princeton Arthur unter Wasser zu töten versucht, ertrinkt die unbeobachtete Milla - beides aus ziemlich unerfindlichen oder zumindest nicht hinreichend geklärten Gründen. Für eine traumatische Erfahrung reicht es allemal.
Arthur verlässt Spanien und reist nach Wien, um dort irgendwie "ein neues Leben" zu beginnen. Das will ihm nicht gelingen; zudem wird er Opfer eines Betrugs und gerät nun in jenen "Ausnahmezustand", der ihn abrutschen lässt. Während er gerade noch ziemlich hilflos wirkte und nicht einmal in der Lage war, ein paar Lebensmittel zu kaufen, erweist er sich ein paar Seiten später als versierter Online-Betrüger, der sich falsche Identitäten über das Darknet beschafft, damit Konten eröffnet, um andere Menschen mit Phishing-Mails hinters Licht zu führen und auszunehmen. So richtig triftig wirkt diese Entwicklung nicht, und zu den Unausgegorenheiten gehört der Umstand, dass Arthur - wir schreiben das Jahr 2007 - seine Beute in Bitcoin umtauscht. Die ersten Bitcoin gab es 2009.
Es mag ja sein, dass sich eine kriminelle Tat nicht durch geradlinige Kausalitäten erklären lässt, sondern dass immer eine ganze Existenz mit ihren verworrenen Zusammenhängen, Widersprüchen und vielfältigen Aufs und Abs dahintersteht. "Es gibt keinen Grund. Es gibt viele Gründe", heißt es einmal. Aber auch wenn man dies philosophisch korrekt findet, kommt man nicht umhin festzustellen, dass solche unklaren Entwicklungslinien einem Roman nicht förderlich sind. Viele Stationen von Arthurs Lebensgeschichte wirken merkwürdig unfokussiert und in ihrer Abfolge wenig sinnfällig.
"Ich hatte das große Glück, meine Hauptfigur vor ein paar Jahren zu treffen", hat Birgit Birnbacher in einem Interview gesagt, und am Ende des Buches dankt sie "der realen Vorlage" ihres Helden für die "geduldige Gesprächsbereitschaft". Die Echtheit der Geschichte wirkt sich aber womöglich zu deren Schaden aus, denn der Lebenswahrheit mangelt es oft an der Struktur, die eine gute Geschichte braucht. Umständlicher Realismus wechselt mit fernsehfilmartig überdeterminierten Szenen, etwa als der WG-Genosse Lennox Arthurs Zeugnisse und Dokumente "wie Schnee" von einem Hochhausbalkon flattern lässt - er will sich an ihm rächen, weil Arthur ihm zuvor nicht helfen konnte, als er von Drogendealern bedroht wurde und dringend viel Geld brauchte. Allzu belletristisch wirkt auch die Figur der alten, schwerkranken Schauspielerin Grazetta, die immer wieder unverhofft wie ein Schutzengel in Arthurs Leben auftaucht.
So bleibt dieser Roman nach dem Erzählband "Wir ohne Wal" nur eine weitere Talentprobe dieser Autorin, der man auf jeden Fall zugutehalten darf, dass sie sich für Lebensverhältnisse jenseits der üblichen Wahrnehmungsschneisen interessiert. Und zweifellos gibt es starke Szenen. Dazu gehören Arthurs peinigende Flashbacks in die Zeit im Gefängnis, wo er in einer Zelle mit "Vierfachbelegung" (seitdem ein Schreckenswort für ihn) von den Mithäftlingen sadistisch gequält wurde; dazu gehört auch eine gemeinsam mit dem Therapeuten unternommene Wohnungsbesichtigung, bei der Arthur eine kaum noch begehbare Messie-Behausung zur Untermiete angeboten wird - "renovierungsbedürftige Bleibe mit Herz" lautete die Anzeige.
Das Konzept der idealen "Hauptfigur" als Leitbild sieht Arthur selbst zunehmend skeptisch. "Schon bald habe ich das Gefühl gehabt, dass kein Glanzbild mich hier rausbringen wird, sondern einzig und allein ich an meiner Seite." Damit hat der Roman seine Formel gefunden. Dass er aber geschrieben wurde, um ein fadenscheiniges therapeutisches Modell zu entkräften, leuchtet nicht ein.
WOLFGANG SCHNEIDER
Birgit Birnbacher: "Ich an meiner Seite". Roman.
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2020. 290 S., geb., 23,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Birgit Birnbachers Roman "Ich an meiner Seite"
Wer aus dem Gefängnis entlassen wird, tut gut daran, die Haft als "Auslandsaufenthalt" in seinen Lebenslauf einzubauen. Mit solchen Empfehlungen bekommt es Arthur Galleij zu tun, der junge Held im ersten Roman der Bachmann-Preisträgerin Birgit Birnbacher. Nach über zwei Jahren im Gefängnis bemüht Arthur sich, die ersten Schritte in Freiheit zu machen, ohne in sich zusammenzufallen (und ohne dass die Dächer abrutschen, hätte ein Franz Biberkopf gesagt). Mit einer mysteriösen Wunde am Kopf erscheint der Zweiundzwanzigjährige in seiner Haftentlassenen-WG. Das von einer wissenschaftlichen Studie begleitete Wohn-Projekt ("Weitermachen e.V.") wird für Arthur über längere Zeit zur Ersatzfamilie.
Birgit Birnbacher, Jahrgang 1985, hat als Soziologin in Salzburg gearbeitet. Ihr Roman ist gewissermaßen aus professioneller Perspektive geschrieben. Er gewinnt seine Form, indem er die wechselvolle Lebensgeschichte Arthur Galleijs in den Rahmen des Resozialisierungsprojekts spannt. Wichtige Informationen vermitteln sich über die Aufzeichnungen, die Arthur auf Band spricht, und wir werden Zeugen des teils mühevollen, teils skurrilen therapeutischen Alltags. In den täglichen Feedback-Runden kommen auch vom Leben gedemütigte Gestalten wie der "Scheiße-Hans" ausgiebig zu Wort. Er trägt diesen Spitznamen, weil seine Geschichten so schlimm sind, dass den Zuhörern danach wenig anderes zu sagen bleibt als: "Scheiße, Hans."
Allmählich soll in der Therapie eine "Hauptfigur" genannte Optimalversion der eigenen Person entstehen - ein inneres Leitbild, mit dessen Hilfe sich die Außenwelt besser bewältigen lasse. Die gedankliche Substanz dieses Projekts scheint allerdings ebenso brüchig wie seine federführenden Akteure, allen voran der Therapeut Konstantin Vogl, genannt Börd, der selbst Hilfe gut gebrauchen könnte: Er leidet an Depressionen, Alkoholismus und aufbrausendem Gemüt. Immerhin ist er die schillerndste Gestalt des Romans, weniger väterlicher Retter als Krisen-Kumpel.
Die mit den Bandaufzeichnungen und Therapiegesprächen verbundenen Rückblenden, so die geschulte Erwartung eines Lesers von Romanen, sollten die biographischen Hintergründe und Motive von Arthurs kriminellen Verirrungen liefern. So scheinen die Ausführungen über seine Vaterlosigkeit und seine Kindheit in einer unwirtlichen, von sozial abgehängten Menschen bewohnten Hochhaussiedlung auf das Muster des prekären Milieus hinauszulaufen, das jugendliche Kriminalität begünstigt. Dagegen wendet Arthur selbst in seinen Aufzeichnungen ein: "Jetzt werden Sie sagen: Klassiker, vaterloser Jugendlicher wird kleinkriminell. Und gleich irgendwelche Kausalitäten einziehen, wo die gar nicht hingehören."
Tatsächlich gelingt es Arthurs Mutter, die Familie "ein paar Gesellschaftsschichten nach oben zu manövrieren". Sie verlässt die österreichische Kleinstadt und übernimmt in Andalusien mit ihrem zweiten Mann die Leitung einer Hospizeinrichtung für Wohlhabende. Arthurs weitere Jugend scheint nun eher von einer gewissen Wohlstandsverwahrlosung gekennzeichnet - aber womöglich wäre auch das nur eine falsch eingezogene Kausalität. Die nächste "Kausalität" kommt in Form einer bisexuellen Dreiecksbeziehung mit Arthurs Freunden Princeton und Milla daher, die auf eine Badetragödie an der spanischen Küste hinausläuft: Während Princeton Arthur unter Wasser zu töten versucht, ertrinkt die unbeobachtete Milla - beides aus ziemlich unerfindlichen oder zumindest nicht hinreichend geklärten Gründen. Für eine traumatische Erfahrung reicht es allemal.
Arthur verlässt Spanien und reist nach Wien, um dort irgendwie "ein neues Leben" zu beginnen. Das will ihm nicht gelingen; zudem wird er Opfer eines Betrugs und gerät nun in jenen "Ausnahmezustand", der ihn abrutschen lässt. Während er gerade noch ziemlich hilflos wirkte und nicht einmal in der Lage war, ein paar Lebensmittel zu kaufen, erweist er sich ein paar Seiten später als versierter Online-Betrüger, der sich falsche Identitäten über das Darknet beschafft, damit Konten eröffnet, um andere Menschen mit Phishing-Mails hinters Licht zu führen und auszunehmen. So richtig triftig wirkt diese Entwicklung nicht, und zu den Unausgegorenheiten gehört der Umstand, dass Arthur - wir schreiben das Jahr 2007 - seine Beute in Bitcoin umtauscht. Die ersten Bitcoin gab es 2009.
Es mag ja sein, dass sich eine kriminelle Tat nicht durch geradlinige Kausalitäten erklären lässt, sondern dass immer eine ganze Existenz mit ihren verworrenen Zusammenhängen, Widersprüchen und vielfältigen Aufs und Abs dahintersteht. "Es gibt keinen Grund. Es gibt viele Gründe", heißt es einmal. Aber auch wenn man dies philosophisch korrekt findet, kommt man nicht umhin festzustellen, dass solche unklaren Entwicklungslinien einem Roman nicht förderlich sind. Viele Stationen von Arthurs Lebensgeschichte wirken merkwürdig unfokussiert und in ihrer Abfolge wenig sinnfällig.
"Ich hatte das große Glück, meine Hauptfigur vor ein paar Jahren zu treffen", hat Birgit Birnbacher in einem Interview gesagt, und am Ende des Buches dankt sie "der realen Vorlage" ihres Helden für die "geduldige Gesprächsbereitschaft". Die Echtheit der Geschichte wirkt sich aber womöglich zu deren Schaden aus, denn der Lebenswahrheit mangelt es oft an der Struktur, die eine gute Geschichte braucht. Umständlicher Realismus wechselt mit fernsehfilmartig überdeterminierten Szenen, etwa als der WG-Genosse Lennox Arthurs Zeugnisse und Dokumente "wie Schnee" von einem Hochhausbalkon flattern lässt - er will sich an ihm rächen, weil Arthur ihm zuvor nicht helfen konnte, als er von Drogendealern bedroht wurde und dringend viel Geld brauchte. Allzu belletristisch wirkt auch die Figur der alten, schwerkranken Schauspielerin Grazetta, die immer wieder unverhofft wie ein Schutzengel in Arthurs Leben auftaucht.
So bleibt dieser Roman nach dem Erzählband "Wir ohne Wal" nur eine weitere Talentprobe dieser Autorin, der man auf jeden Fall zugutehalten darf, dass sie sich für Lebensverhältnisse jenseits der üblichen Wahrnehmungsschneisen interessiert. Und zweifellos gibt es starke Szenen. Dazu gehören Arthurs peinigende Flashbacks in die Zeit im Gefängnis, wo er in einer Zelle mit "Vierfachbelegung" (seitdem ein Schreckenswort für ihn) von den Mithäftlingen sadistisch gequält wurde; dazu gehört auch eine gemeinsam mit dem Therapeuten unternommene Wohnungsbesichtigung, bei der Arthur eine kaum noch begehbare Messie-Behausung zur Untermiete angeboten wird - "renovierungsbedürftige Bleibe mit Herz" lautete die Anzeige.
Das Konzept der idealen "Hauptfigur" als Leitbild sieht Arthur selbst zunehmend skeptisch. "Schon bald habe ich das Gefühl gehabt, dass kein Glanzbild mich hier rausbringen wird, sondern einzig und allein ich an meiner Seite." Damit hat der Roman seine Formel gefunden. Dass er aber geschrieben wurde, um ein fadenscheiniges therapeutisches Modell zu entkräften, leuchtet nicht ein.
WOLFGANG SCHNEIDER
Birgit Birnbacher: "Ich an meiner Seite". Roman.
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2020. 290 S., geb., 23,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Knapp, aber begeistert bespricht Sonja Hartl den Debütroman der letztjährigen Bachmann-Preisträgerin Birgit Birnbacher. Die Geschichte um den stets angepassten und unauffälligen, aber traumatisierten Arthur, der gerade frisch aus der Haft entlassen wurde und nun im Resozialisierungsprogramm in den Alltag zurückzufinden versucht, besticht laut Kritikerin durch einfühlsame und authentische Figurenzeichnung. Mehr noch: Dass Birnbacher ihre "sozialrealistische" Geschichte mit Witz und Skurrilitäten auffrischt - und ihren Helden für seine Tat nie verurteilt, machen den Roman für Hartl außergewöhnlich.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein harter, zugleich sehr einfühlsamer Gesellschaftsroman." NDR Kultur Literaturredaktion, 11.08.20
"Illusionslos, klar und zutiefst empathisch blickt Birnbacher auf ihre Figuren. Der Roman ist sozialrealistisch, aber ohne die Härten zu verklären oder zu überhöhen. Vielmehr verwebt sie tragische, komische und skurrile Momente. Dazu kommen lakonische und oftmals komische Bemerkungen sowie eigensinnige Figuren." Sonja Hartl, Deutschlandfunk Kultur, 14.07.20
"Mit 'Ich an meiner Seite' gelingt Birgit Birnbacher das Kunststück, Gebrauchssprache und literarisches Erzählen auf aufregende Weise miteinander zu verbinden." Lisa Kreissler, NDR Kultur, 20.05.20
"Ein Buch, das hervorsticht." Insa Wilke, WDR 3, 04.05.20
"Als Soziologin kennt die Autorin Birgit Birnbacher, wovon sie schreibt. Überzeugend ist ihr Roman aber besonders dann, wenn sie Arthur ganz nahe kommt. Und wenn sie mit trockenem Humor unerschrocken zupackt. Denn nichts ist so, wie man zuerst denkt." Martina Läubli, Neue Zürcher Zeitung, 26.04.20
"Birgit Birnbacher ist eine Künstlerin der literarischen Volte, und so überrascht sie bis zur letzten Seite." Carsten Otte, taz, 18.04.2020
"Ehrlich und sensibel erzählt. Birnbacher beleuchtet nicht, sondern sie protokolliert, mit ehrlichem Interesse, enormer Sensibilität und angenehmer Zurückhaltung." Helena Adler, Deutschlandfunk Kultur, 25.03.20
"Birgit Birnbachers Blick auf ihre Figuren ist unverklärt, aber empathisch." Jury SWR Bestenliste, 26.03.20
"'Ich an meiner Seite' ist ein tragikomischer Spass, der seine Pirouetten immer so setzt, dass man auf dem falschen Fuss erwischt wird. Bei aller sozialen Härte, die der Roman nicht zu erwähnen vergisst, gibt es auch eine beinahe utopische Botschaft: Wir spielen nur. Wir spielen unsere Rollen. Und manchmal sind wir sogar der Gute." Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung, 18.03.2020
"Birnbacher gelingt in 'Ich an meiner Seite' das Sichtbarmachen von Einschränkungen und Verwerfungen mitten in unserer Gegenwart, die durch akademische Thesen allein nicht fassbar sind." Florian Baranyi, orf.at, 21.03.2020
"Mit ihrem Roman beweist Birgit Birnbacher, dass ihr der Bachmann-Preis zu Recht zugesprochen wurde. Er schafft die Balance zwischen sozialer Agenda und Kunst. Die Schwere des Themas wird durch das rechte Maß an Ironie aufgefangen." Dominika Meindl, Falter, 11.03.20
"Birgit Birnbacher hat ein feines Gespür für das Randständige, für sozial Unterprivilegierte und für Menschen, die es aus der Bahn geworfen hat. Ein so menschlicher wie literarisch versierter Roman." Christoph Schröder, SZ Online, 09.03.20
"Birgit Birnbacher beweist einen ebenso dezenten wie umhauenden Witz. Virtuos handhabt sie Sprache und Sprechweisen in den Dialogen." Senta Wagner, Der Standard, 07.03.20
"Mit ihrer Milieustudie ist ihr ein beeindruckendes Stück Literatur gelungen. Bewährungshilfe auf literarisch! Die Autorin schreibt nicht nur klug und kenntnisreich über das System der Bewährungshilfe, sie überführt die therapeutische Theorie auch auf beeindruckend kunstvolle Weise in Literatur." Carsten Otte, SWR2 Literatur, 08.03.20
"Birgit Birnbacher erzählt davon, und das ist das Herausragende, ohne jeden Hang zur Verklärung und ohne ein Pathos der Härte." Christoph Schröder, Süddeutsche Zeitung, 10.03.20
"Birgit Birnbacher stellt mit diesem Roman erneut unter Beweis, wofür sie 2019 den Bachmannpreis bekam: Dass sie aus prekären Zuständen eine heiter-melancholische Geschichte gewinnen kann." Lina Brünig, WDR5 Bücher, 07.03.20
"Der Roman lässt den Leser spüren, welchen Platz die Gesellschaft einem wie Arthur zuweist, und er tut das mit denkbar schlichten Mitteln. Immer wieder fallen Sätze in diesem Buch, einfache Sätze, die einen kalt erwischen." Marie Schoeß, BR2 Diwan, 08.03.20
"Birnbacher erzählt unaufgeregt und in klarer unverschnörkelter Sprache." Günter Kaindlstorfer, Ö1 Mittagsjournal, 09.03.20
"Birnbacher fährt kauziges Personal auf und beweist damit einen ebenso dezenten wie umhauenden Witz. Virtuos handhabt Birnbacher Sprache und Sprechweisen in den Dialogen." Senta Wagner, Der Standard, 07.03.20
"Illusionslos, klar und zutiefst empathisch blickt Birnbacher auf ihre Figuren. Der Roman ist sozialrealistisch, aber ohne die Härten zu verklären oder zu überhöhen. Vielmehr verwebt sie tragische, komische und skurrile Momente. Dazu kommen lakonische und oftmals komische Bemerkungen sowie eigensinnige Figuren." Sonja Hartl, Deutschlandfunk Kultur, 14.07.20
"Mit 'Ich an meiner Seite' gelingt Birgit Birnbacher das Kunststück, Gebrauchssprache und literarisches Erzählen auf aufregende Weise miteinander zu verbinden." Lisa Kreissler, NDR Kultur, 20.05.20
"Ein Buch, das hervorsticht." Insa Wilke, WDR 3, 04.05.20
"Als Soziologin kennt die Autorin Birgit Birnbacher, wovon sie schreibt. Überzeugend ist ihr Roman aber besonders dann, wenn sie Arthur ganz nahe kommt. Und wenn sie mit trockenem Humor unerschrocken zupackt. Denn nichts ist so, wie man zuerst denkt." Martina Läubli, Neue Zürcher Zeitung, 26.04.20
"Birgit Birnbacher ist eine Künstlerin der literarischen Volte, und so überrascht sie bis zur letzten Seite." Carsten Otte, taz, 18.04.2020
"Ehrlich und sensibel erzählt. Birnbacher beleuchtet nicht, sondern sie protokolliert, mit ehrlichem Interesse, enormer Sensibilität und angenehmer Zurückhaltung." Helena Adler, Deutschlandfunk Kultur, 25.03.20
"Birgit Birnbachers Blick auf ihre Figuren ist unverklärt, aber empathisch." Jury SWR Bestenliste, 26.03.20
"'Ich an meiner Seite' ist ein tragikomischer Spass, der seine Pirouetten immer so setzt, dass man auf dem falschen Fuss erwischt wird. Bei aller sozialen Härte, die der Roman nicht zu erwähnen vergisst, gibt es auch eine beinahe utopische Botschaft: Wir spielen nur. Wir spielen unsere Rollen. Und manchmal sind wir sogar der Gute." Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung, 18.03.2020
"Birnbacher gelingt in 'Ich an meiner Seite' das Sichtbarmachen von Einschränkungen und Verwerfungen mitten in unserer Gegenwart, die durch akademische Thesen allein nicht fassbar sind." Florian Baranyi, orf.at, 21.03.2020
"Mit ihrem Roman beweist Birgit Birnbacher, dass ihr der Bachmann-Preis zu Recht zugesprochen wurde. Er schafft die Balance zwischen sozialer Agenda und Kunst. Die Schwere des Themas wird durch das rechte Maß an Ironie aufgefangen." Dominika Meindl, Falter, 11.03.20
"Birgit Birnbacher hat ein feines Gespür für das Randständige, für sozial Unterprivilegierte und für Menschen, die es aus der Bahn geworfen hat. Ein so menschlicher wie literarisch versierter Roman." Christoph Schröder, SZ Online, 09.03.20
"Birgit Birnbacher beweist einen ebenso dezenten wie umhauenden Witz. Virtuos handhabt sie Sprache und Sprechweisen in den Dialogen." Senta Wagner, Der Standard, 07.03.20
"Mit ihrer Milieustudie ist ihr ein beeindruckendes Stück Literatur gelungen. Bewährungshilfe auf literarisch! Die Autorin schreibt nicht nur klug und kenntnisreich über das System der Bewährungshilfe, sie überführt die therapeutische Theorie auch auf beeindruckend kunstvolle Weise in Literatur." Carsten Otte, SWR2 Literatur, 08.03.20
"Birgit Birnbacher erzählt davon, und das ist das Herausragende, ohne jeden Hang zur Verklärung und ohne ein Pathos der Härte." Christoph Schröder, Süddeutsche Zeitung, 10.03.20
"Birgit Birnbacher stellt mit diesem Roman erneut unter Beweis, wofür sie 2019 den Bachmannpreis bekam: Dass sie aus prekären Zuständen eine heiter-melancholische Geschichte gewinnen kann." Lina Brünig, WDR5 Bücher, 07.03.20
"Der Roman lässt den Leser spüren, welchen Platz die Gesellschaft einem wie Arthur zuweist, und er tut das mit denkbar schlichten Mitteln. Immer wieder fallen Sätze in diesem Buch, einfache Sätze, die einen kalt erwischen." Marie Schoeß, BR2 Diwan, 08.03.20
"Birnbacher erzählt unaufgeregt und in klarer unverschnörkelter Sprache." Günter Kaindlstorfer, Ö1 Mittagsjournal, 09.03.20
"Birnbacher fährt kauziges Personal auf und beweist damit einen ebenso dezenten wie umhauenden Witz. Virtuos handhabt Birnbacher Sprache und Sprechweisen in den Dialogen." Senta Wagner, Der Standard, 07.03.20
»Ein so menschlicher wie literarisch versierter Roman.« Christoph Schröder, SZ Online