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Kurztext:
Henning von Tresckow (1901-1944) war der Kopf und das Herz des militärischen Widerstands gegen Hitler. Trotz vieler Publikationen über die Männer des 20. Juli 1944 und ihre Frauen wissen wir bis heute wenig über den Menschen Henning von Tresckow - über seinen Werdegang, seine Familie, seine Ansichten und die Antriebe seines Handelns. Das vorliegende Buch macht der Öffentlichkeit erstmals Dokumente und Berichte von Zeitzeugen zugänglich, die Henning von Tresckow persönlich kannten. Ein Interview mit seiner Tochter Uta von Aretin und drei Essays stellen das Leben Tresckows in…mehr

Produktbeschreibung
Kurztext:
Henning von Tresckow (1901-1944) war der Kopf und das Herz des militärischen Widerstands gegen Hitler. Trotz vieler Publikationen über die Männer des 20. Juli 1944 und ihre Frauen wissen wir bis heute wenig über den Menschen Henning von Tresckow - über seinen Werdegang, seine Familie, seine Ansichten und die Antriebe seines Handelns. Das vorliegende Buch macht der Öffentlichkeit erstmals Dokumente und Berichte von Zeitzeugen zugänglich, die Henning von Tresckow persönlich kannten. Ein Interview mit seiner Tochter Uta von Aretin und drei Essays stellen das Leben Tresckows in historische Zusammenhänge. Erkennbar wird ein erstaunlich gegenwärtiger Mensch.

Mit Beiträgen und Dokumenten u.a. von Henning von Tresckow, Erika von Tresckow, Graf zu Eulenburg, Xaver Heim, Eberhard von Breitenbuch, Sigrid Grabner, Joachim Fest
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.01.2002

In Sorge um das Vaterland
Ein Buch erinnert in Potsdam an Henning von Tresckow

Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan und möglichen anderen Krisengebieten der Welt wird aus der Henning-von-Tresckow-Kaserne in der Nähe von Potsdam heraus geführt. In Potsdam selbst gibt es eine Henning-von-Tresckow-Straße, an der etwa das Innenministerium des Landes liegt und in der es auch eine kleine Ausstellung über Potsdam und den 20. Juli 1944 gibt. Henning von Tresckow ist dennoch ein merkwürdig Unbekannter geblieben. Selbst wenn vom Widerstand gegen Hitler und über das Attentat vom 20. Juli gesprochen wird, werden meist nur Oberst Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler oder Ludwig Beck genannt. Dabei war Tresckow einer der Strategen des Vorhabens.

Vielleicht rückte er etwas in Vergessenheit, weil sein Ende nicht so spektakulär war wie das der Mitverschwörer, die in Berlin im Hof des Bendler-Blocks noch in der Nacht nach dem fehlgeschlagenen Attentat erschossen oder später vor dem Volksgerichtshof zum Tode verurteilt wurden. Tresckow tötete sich selbst mit einer Handgranate noch bevor die Gestapo überhaupt herausbekommen hatte, wie verstrickt er in die "Operation Walküre" war. Tresckow stand an der Front in Rußland, war Generalstabsoffizier im Stab der Heeresgruppe Mitte. Überhaupt ist es beinahe unglaublich, daß die jahrelang erwogenen Attentatspläne der Gestapo nicht bekanntgeworden sind. Schon vor Stauffenbergs fehlgeschlagenem Attentat in der Wolfschanze hatte es einige Mordversuche gegeben, deren Ausführung immer nur durch Zufälle verhindert worden war. Andererseits zeigt dies genau das zentrale Problem des Widerstands: Er hatte keinen Widerhall bei den Deutschen. Selbst ein erfolgreiches Attentat wäre keine Garantie gewesen, daß es auch ein neues Deutschland hätte geben können.

Tresckow war es auch, der die wohl hellsichtigste Einschätzung der Widerstandsaktion gegeben hat: Sollte das Attentat nicht gelingen, so müsse dennoch gehandelt werden. "Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, daß die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte unter Einsatz des Lebens den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig." Tresckow gehörte zu jenen Wehrmachtsoffizieren, die am "Tag von Potsdam", dem 21. März 1933, an der Garnisonskirche dabei waren und vor Hitler und Hindenburg paradierten. Wenn dieser unselige Tag heute immer noch als Argument gegen den Wiederaufbau der Kirche herhalten muß, so sollte man sich vor Augen führen, welche Entwicklung Henning von Tresckow genommen hat. Er hatte Hitlers Machtübernahme begrüßt, aber spätestens seit den Aktionen gegen die Juden im November 1938 seinen Irrtum erkannt und zum aktiven Widerstand gefunden. Er vertrat die beste Tradition des preußischen Adels. Er war nicht nur hochgewachsen, attraktiv, ein Offizier der alten Schule vom Scheitel bis zur Sohle, sondern auch von "durchdringendem Verstand", gebildet, ein Mann angenehmer Umgangsformen und erfüllt von einem preußischen Pflichtbewußtsein, das nicht blind den Machthabern folgte, sondern von "einer unendlichen Sorge um das Vaterland" erfüllt war.

Man hat die Verschwörung vom 20. Juli 1944 als eine Verschwörung des Adels abgetan, der sein altes Kaiserreich oder sein altes Preußen wiederhaben wollte und somit noch reaktionärer als Hitler selbst war. Viel Unrecht ist den mutigen Männern, die in einer aussichtslosen Lage waren, geschehen. Joachim Fest hat darauf hingewiesen, wie fern die Empfindungswelt eines Henning von Tresckow der heutigen Gegenwart ist und wie wenig Einsicht aus dem Vermächtnis der Männer und Frauen des 20. Juli erwachsen ist: "Das sagt mehr, als uns bewußt ist, über die Gesellschaft, in der wir leben." Deshalb ist die von den beiden Potsdamern Sigrid Grabner und Hendrik Röder zusammengestellte Sammlung mit Texten von und über Henning von Tresckow alles andere als ein Buch über etwas Historisches oder gar über Lokalgeschichte. Beide Autoren hatten vor vier Jahren einen ähnlichen Band über den SPD-Politiker Hermann Maaß vorgelegt, der gleichfalls dem Kreis der Hitler-Gegner angehört hatte. Der hundertste Geburtstag von Maaß war dafür der Anlaß. Jetzt war es der hundertste Geburtstag Tresckows. Briefe, Interviews, Ausschnitte aus Artikeln und Reden sind hier gesammelt. Neben der Fotoserie über Tresckow und seine Lebenswelt sei vor allem auf das Interview hingewiesen, das Grabner und Röder mit Uta von Aretin, einer Tochter Tresckows, führen konnten. "Ich bin der ich war" ist ein auf wenigen Seiten überzeugendes Porträt Tresckows, ein Buch, das im übrigen, wenn man es so sagen darf, auch in seiner Ausstattung etwas von Adel hat.

FRANK PERGANDE.

Henning von Tresckow: "Ich bin der ich war", herausgegeben von Sigrid Grabner und Hendrik Röder, Lukas-Verlag, Potsdam 2001, 160 Seiten, 16,90 .

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