»Die sprachliche Gestaltung ist originell und einfallsreich, ohne manieriert zu wirken. Immer wieder fallen einem besondere, in dieser Weise noch nicht geschriebene Wendungen auf, die eher unauffällig in den Text eingestreut sind. Von diesem Autor möchte man in Zukunft gern mehr lesen.« Tanja DückersAußer der Hochbrücke ist nichts besonders an der kleinen Stadt, in der Alba lebt - die 25 Meter fällt man bei Windstille in 2,28 Sekunden, die Straße darunter ist statistisch gesehen die tödlichste der Schweiz. Das Schuljahr ist noch nicht vorbei, und schon hat Alba auf diese Weise drei Mitschüler verloren. In Zürich gehen die Jugendlichen auf die Barrikaden, sie kämpfen für kulturellen Freiraum, gegen Wohnungsnot, Drogenelend, Überwachung. »Macht aus dem Staat Gurkensalat!«, lautet die Parole. Alba ist mittendrin und hat dazu noch ihre ganz eigenen Probleme. Eines davon: Jack. Eigentlich heißt er René, aber Jack ist einfach passender. Kurz nach Albas 'Unfall' werden sie ein Paar. Füreinmal ist Alba glücklich, aber keiner weiß besser als sie, dass alles einen Haken hat - gerade das Glück. Und wenn man erst auf die schiefe Bahn gerät, geht es rasant bergab ... oder?Mit frappierender Originalität, intelligentem Witz und einer kompromisslosen Tragik folgt Demian Lienhard seiner jungen, erfrischend widerborstigen und einnehmenden Ich-Erzählerin Alba bei ihren Höhenflügen und Tiefschlägen durch die knisternde Atmosphäre der 1980er und frühen 1990er in der Schweiz, geprägt von wachsenden sozialen Problemen und einer aufrührerischen Jugendbewegung. Der glühende Kern des sprachsicheren und virtuosen Romans aber ist die rebellische Erzählstimme selbst, eine funkensprühende Verbindung aus 'Smells Like Teen Spirit', 'La Boum' und einer unwiderstehlichen Warmherzigkeit, schelmischen Humor und Sprachwitz - Alba würde man überallhin folgen, sogar auf diesen Höllentrip.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.03.2019Alles eine Frage des richtigen Sounds
Demian Lienhard stellt in der Frankfurter Ausstellungshalle seinen Debütroman vor
Der Autor hat zwei Bücher gleichzeitig geschrieben. Das eine handelt vom römischen Städtebau in der Antike; das andere dreht sich um eine Frau namens Alba, die in den achtziger und neunziger Jahren eine turbulente Zeit in der Schweiz erlebt. Das eine ist eine Dissertation von 2500 Seiten; das andere ein Romandebüt mit Durchschnittslänge. Demian Lienhard sagt: "Gerade weil die Bücher so unterschiedlich sind, fand ich es einfacher, sie parallel zu schreiben."
Einer Einladung des Frankfurter Kulturamts folgend, hat Lienhard seinen Roman nun in der Ausstellungshalle präsentiert. Das Ambiente erinnert den 32 Jahre alten Schweizer an Berlin, wo er beim Literaturwettbewerb "Open Mike" zweimal im Finale stand: Hinterhof-Schick, Kunst an den Wänden, Kabelsalat auf dem Boden. Durch den Abend führt der Literaturkritiker Christoph Schröder. Lienhards Buch ist bei der Frankfurter Verlagsanstalt erschienen und trägt den Titel "Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat". Verpfuschte Lebensläufe spielen darin eine genauso wichtige Rolle wie die Zürcher Drogenszene. Die Schwere der daraus entstehenden Handlungsmomente fängt der Autor mit einem lockeren Jugendjargon auf. "Saloppe Mündlichkeit" nennt er das. Jedoch war der Schreibprozess alles andere als salopp: "Es ist das Mühsamste, den richtigen Sound zu finden." Ist die Suche erfolgreich, genügt mitunter ein Satz, um eine Figur zu charakterisieren. Wer etwa "Bis Baldrian" sagt, ist als Quatschnuss überführt.
Lienhard, der seit 2018 am Institut für Archäologie der Goethe-Universität arbeitet, hat seinen nächsten Roman schon im Kopf. Er spielt während des Zweiten Weltkriegs in London und Berlin, wird das Flair des Authentischen verströmen und zugleich Schlagseite ins Absurde haben. Wenn dann noch der Sound stimmt, sollte etwas Reizvolles dabei herauskommen.
KAI SPANKE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Demian Lienhard stellt in der Frankfurter Ausstellungshalle seinen Debütroman vor
Der Autor hat zwei Bücher gleichzeitig geschrieben. Das eine handelt vom römischen Städtebau in der Antike; das andere dreht sich um eine Frau namens Alba, die in den achtziger und neunziger Jahren eine turbulente Zeit in der Schweiz erlebt. Das eine ist eine Dissertation von 2500 Seiten; das andere ein Romandebüt mit Durchschnittslänge. Demian Lienhard sagt: "Gerade weil die Bücher so unterschiedlich sind, fand ich es einfacher, sie parallel zu schreiben."
Einer Einladung des Frankfurter Kulturamts folgend, hat Lienhard seinen Roman nun in der Ausstellungshalle präsentiert. Das Ambiente erinnert den 32 Jahre alten Schweizer an Berlin, wo er beim Literaturwettbewerb "Open Mike" zweimal im Finale stand: Hinterhof-Schick, Kunst an den Wänden, Kabelsalat auf dem Boden. Durch den Abend führt der Literaturkritiker Christoph Schröder. Lienhards Buch ist bei der Frankfurter Verlagsanstalt erschienen und trägt den Titel "Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat". Verpfuschte Lebensläufe spielen darin eine genauso wichtige Rolle wie die Zürcher Drogenszene. Die Schwere der daraus entstehenden Handlungsmomente fängt der Autor mit einem lockeren Jugendjargon auf. "Saloppe Mündlichkeit" nennt er das. Jedoch war der Schreibprozess alles andere als salopp: "Es ist das Mühsamste, den richtigen Sound zu finden." Ist die Suche erfolgreich, genügt mitunter ein Satz, um eine Figur zu charakterisieren. Wer etwa "Bis Baldrian" sagt, ist als Quatschnuss überführt.
Lienhard, der seit 2018 am Institut für Archäologie der Goethe-Universität arbeitet, hat seinen nächsten Roman schon im Kopf. Er spielt während des Zweiten Weltkriegs in London und Berlin, wird das Flair des Authentischen verströmen und zugleich Schlagseite ins Absurde haben. Wenn dann noch der Sound stimmt, sollte etwas Reizvolles dabei herauskommen.
KAI SPANKE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main