Sie hat Zucker und "Ossiporose", schläft unter einer Heizdecke und hat "den Krieg nicht überlebt, um Kunstfleisch aus Soja zu essen.": Renate Bergmann . Ihre Männer liegen in Berlin auf 4 Friedhöfen verteilt, das Gießen allein dauert einen halben Tag. Apropos tot: Renate und ihre beste Freundin Gertrud haben ein schönes Hobby: Die beiden suchen sich in der Zeitung eine nette Beerdigung raus, ziehen sich schwarz an - und dann geht es los. Zwei alte Damen mehr oder weniger bei diesen Veranstaltungen - da guckt keiner so genau hin. Die freundliche Rentnerin Renate Bergmann (82) hat mit…mehr
Sie hat Zucker und "Ossiporose", schläft unter einer Heizdecke und hat "den Krieg nicht überlebt, um Kunstfleisch aus Soja zu essen.": Renate Bergmann . Ihre Männer liegen in Berlin auf 4 Friedhöfen verteilt, das Gießen allein dauert einen halben Tag.
Apropos tot: Renate und ihre beste Freundin Gertrud haben ein schönes Hobby: Die beiden suchen sich in der Zeitung eine nette Beerdigung raus, ziehen sich schwarz an - und dann geht es los. Zwei alte Damen mehr oder weniger bei diesen Veranstaltungen - da guckt keiner so genau hin.
Die freundliche Rentnerin Renate Bergmann (82) hat mit ihren lustigen Beiträgen zum modernen Leben auf Twitter die digitale Welt im Sturm erobert. Jetzt schreibt sie ihren ersten Roman.
Denn schließlich: "Die meisten denken ich bin eine süße alte Omi. Aber ich kann auch anders. "
Renate Bergmann, geb. Strelemann, wohnhaft in Berlin. Trümmerfrau, Reichsbahnerin, Haushaltsprofi und vierfach verwitwet: Seit Anfang 2013 erobert sie Twitter mit ihren absolut treffsicheren An- und Einsichten - und mit diesem Buch jetzt die ganze analoge Welt.
Liebe Frau Bergmann! Hätten Sie sicher nicht gedacht, dass Sie in Ihrem rüstigen Alter einen Roman schreiben würden, oder? Renate Bergmann: Eigentlich wollte ich nur für die Kinder und Enkel ein paar Erinnerungen aufschreiben. Die hören einem ja nicht zu, wenn man erzählen will. Kennen Sie das? Man sitzt an der Kaffeetafel und will von früher erzählen und schon rennen sie alle weg und müssen angeblich beim Abwaschen helfen. Wenn die Familie es nicht hören und lesen will, na, dann eben nicht. Aber andere interessieren sich vielleicht.
In dem Buch spielt auch Ihre beste Freundin Gertrud Potter eine Rolle. Die war sicher nicht so begeistert, dass Sie alles über sie in die Welt hinausposaunen. Renate Bergmann: Gertrud ist fast immer mit dabei und kommt deshalb auch im Buch vor. Sie kann aber Ehrlichkeit vertragen, wissen Sie, sie ist eine ehrliche und treue Seele und unterm Strich die beste Freundin, die ich habe. Da muss einem nicht alles gefallen, was der andere macht. Dass sie sich den Doberschnauzer Norbert angeschafft hat, gefällt mir auch nicht. Der leckt und tobt immer so, nee!
Sie haben ja schon einiges er-, äh, überlebt. Gibt es im Buch auch Ratschläge für die jüngere Generation? Zu Entschleunigung, Stressabbau oder dazu, wie man einen ordentlichen Angesetzten macht? Renate Bergmann: Ich will niemanden belehren. Das Leben ist so kurz, da soll jeder seine eigenen Erfahrungen machen und nicht nachleben, was andere einem vorpastern. Ich bin nicht als Missionarin unterwegs. Aber ein paar Worte zu Anstand und guten Manieren finden Sie schon im Buch.
Nicht, dass Sie aufgrund Ihres literarischen Erstschlags auch noch zum Bachmannpreis im schönen Klagenfurt eingeladen werden. Renate Bergmann: Gertrud hat schon gesagt, wenn ich zum "Bambi" eingeladen werde, will sie mit. Ist Bachmannpreis so was Ähnliches?
Nicht ganz. Mit Verlaub. Aber seien Sie froh, dass Herr Reich-Ranicki nicht mehr lebt. Der würde sicher aus der Haut fahren über das, was Sie da literarisch so alles raushauen. Renate Bergmann: Das war ein wunderbarer Mann mit einer beeindruckenden Lebensgeschichte, nich? Ich mochte den sehr.
Sie haben sich ja schon mehrfach als ausgewiesene Korntrinkerin geoutet. Was halten Sie denn von dem ganzen gemixten Zeugs, was sich die Jugend in die Leber schüttet? Renate Bergmann: Pfui Deibel, sage ich da. Korn, nur Korn. Höchstens noch ein Eierlikörchen, aber selbst gemachten. Damit man weiß, was drin ist. Den darf ich aber nicht so oft, wegen des Zuckers.
In Osteuropa sagt man, klare Getränke seien besser für die Gesundheit. Würden Sie wohl zustimmen, oder? Renate Bergmann: Aber ja. Korn drückt den Zucker.
Sie sind ja nun keine kleine Berühmtheit mehr. Können Sie denn noch Ihrem Alltag nachgehen, ohne dass Ihnen die Autogrammjäger hinterherlaufen? Renate Bergmann: Na, nun übertreiben Sie aber. Berühmtheit! Ich bin ja nicht Uschi Glas oder Helene Fischer. Ich bin Renate Bergmann, und wenn im EDEKA einer an der Kasse vordrängelt, dann gibt es einen Satz hinter die Ohren und kein Autogramm.
Wollen Sie mit Ihrem Werk denn auf Lesung gehen? Durch die Altenheime Deutschlands? Könnte man ja gut mit einer Butterfahrt verbinden. Renate Bergmann: Nun wollen wir doch erst mal gucken, wie den Leuten das Buch gefällt. Meinen Sie, die wollen das von mir vorgelesen bekommen? Ich weiß auch gar nicht, ob meine Augen das mitmachen.
Zum Schluss haben Sie, liebe Frau Bergmann, die Möglichkeit, ein paar Worte an das Publikum zu richten. Was wollen Sie dem jungen Gemüse mit auf den Weg geben? Renate Bergmann: Leben Sie, genießen Sie, machen Sie Fehler, aber bleiben Sie anständig. Und trinken Sie ab und an einen Korn.