Ihr "Buch von der Stadt der Frauen", eine frühe feministische Streitschrift, gilt als Klassiker der Weltliteratur. Doch nicht nur in dieser Hinsicht ist Christine de Pizan außergewöhnlich. Auch über ihren Alltag und ihre Gefühlswelt erfahren wir mehr als über alle anderen europäischen Autoren und Autorinnen bis weit ins 18. Jahrhundert.In ihrem "Buch von der launischen Fortuna" (1402/03) sowie in "Christines Vision" (1405) gibt sie detailliert Auskunft über ihre italienische Herkunft, ihre Familie um den berühmten Astrologen Tommaso da Pizzano und ihr Leben in Paris im Umkreis von König Charles V. Doch von den Höhen einer glücklichen Jugend und Ehe stürzt sie ab in Armut und Vereinsamung, beschreibt präzise ihre finanziellen Nöte und existenziellen Ängste sowie ihre wundersame Verwandlung in einen "Mann". In diesen von Margarete Zimmermann zum ersten Mal ins Deutsche übersetzten und kommentierten autobiografischen Texten erfahren wir, wie Christine de Pizan die Krise überwindet, sich autodidaktisch weiterbildet, in selbstgewählter Einsamkeit zu schreiben beginnt - und wie sie zu einer erfolgreichen europäischen Schriftstellerin wird.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Das "moderne Entweder-Oder" gibt es bei der Schriftstellerin und Philosophin Christine de Pizan nicht, verkündet Rezensent Arno Widmann und ist froh, dass er diese hervorragende Einführung in ihr Werk, herausgegeben von Margarete Zimmermann, aufgeschlagen hat. Zimmermanns Erläuterungen und ihre Übersetzung sind ein wertvoller "Wegweiser" durch das Werk de Pizans und vermitteln Widmann einen Eindruck "von der Haltung, dem Ernst und dem Geschick" der Texte. Es geht hier vor allem um zwei davon: "Das Buch von der launischen Fortuna" und um "Christines Vision". Vor allem für Ersteres rät Widmann, sich auf die verzweigten Wege einzulassen, die Pizan schreibend geht. Pizans Schriften, so wird dem Kritiker klar, vermeiden eindeutige Wahrheiten, auf die die moderne Leserschaft getrimmt ist, alles ist bei ihr in Entwicklung und Wandel begriffen und zeige, dass nicht die Vernunft, den "Gang der Weltgeschichte" bestimme, sondern der "Zufall." Modern wird es, wenn Pizan Fragen über Feminismus und Gender verhandelt, die eigentlich ganz gut in die heutige Zeit passen, findet Widmann, der nachdrücklich zur Lektüre rät.
© Perlentaucher Medien GmbH
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