„Ich denke in Farbe, Form und Klang“: Hinter dieser Selbstaussage wird man einen Künstler vermuten. Richtig, denn mit Thomas Ring, um den es sich hier handelt und den wir Astrologen vor allem als den Autor der „Astrologischen Menschenkunde“ kennen, haben wir es auch mit einem bedeutenden, derzeit
steigende Wertschätzung erfahrenden Maler und einem insbesondere in der Aufbruchszeit des…mehr„Ich denke in Farbe, Form und Klang“: Hinter dieser Selbstaussage wird man einen Künstler vermuten. Richtig, denn mit Thomas Ring, um den es sich hier handelt und den wir Astrologen vor allem als den Autor der „Astrologischen Menschenkunde“ kennen, haben wir es auch mit einem bedeutenden, derzeit steigende Wertschätzung erfahrenden Maler und einem insbesondere in der Aufbruchszeit des Expressionismus impulsgebenden Schriftsteller zu tun. Elmar Schübl wählte diese Selbstaussage des 22-jährigen aus dem Jahr 1916 als Titel seiner Biografie. Fast 70 weitere Jahre waren Thomas Ring gegeben. Es gelingt Schübl dank gründlicher Archivarbeit einerseits und andrerseits seiner Erzählgabe, den Leser mitzunehmen durch dieses lange, abenteuerliche und hochproduktive Leben. Dabei lässt er – vor allem für Kindheit und Jugend – oft auch Ring selber sprechen. Es ist ein immer wieder existenziell gefährdetes Leben mit tragischen Einschnitten, eben auch das Überleben eines freien und schöpferischen Geistes in einem Jahrhundert zweier Weltkriege und der Barbarei des Nationalsozialismus. Eine rettende Einsicht, letztlich die Essenz seines künftigen künstlerischen und astrologischen Werkschaffens, wurde dem 27-Jährigen Ring in einem englischen Straflager zuteil. Sie lässt sich nicht verkürzt wiedergeben, - aber eben in der Biografie nachlesen. Schübl leistet als promovierter Historiker, Philosoph sowie Privatdozent für Wissenschaftsgeschichte die geisteswissenschaftliche Verortung von Rings Astrologischer Menschenkunde. Sie ist ein Beitrag zum hermeneutisch-ontologischen Selbst-und Weltverstehen: Verstehen gehört zutiefst zum Menschsein. In seinem Entwurfscharakter entspricht das Geburtsbild der von Martin Heidegger so genannten Vor-Struktur, aus der heraus sich Verstehen überhaupt vollzieht. Für den primär an der Astrologie Interessierten findet sich im Anhang Rings Selbstdeutung zusammen mit dem von ihm gezeichneten Geburtsbild. Des Weiteren ein Beispiel aus Rings astrologischer Beratungspraxis. Die von Ring veröffentlichten Deutungen gelten immer bekannten Persönlichkeiten und lassen sich anhand von Biografie und Werk verifizieren. Hier kommt die Rückmeldung vom Horoskopeigner selbst im Gespräch mit Bruno von Flüe, 51 Jahre nach der Erstellung des Deutungstextes. Von Flüe, Jungianischer Psychoanalytiker und promovierter Philosoph, leistet in einem weiteren Beitrag des Anhangs eine Erweiterung der astrologischen Perspektive. Er bezieht in das Verstehen eines Menschen die typologische Konstellation mit ein, wie sie in ihren prinzipiellen Koordinaten, Extraversion vs. Introversion, Prävalenz vom Denken, Fühlen, Empfinden oder Intuieren von Carl Gustav Jung gefunden wurde. Von Flüe betrachtet diese als nicht aus dem Geburtsbild ableitbar, sondern als zusätzliche Dimension, die mit der astrologischen Deutung in eine neue Ordnung gefügt werden will. Faktisch fügt er so den von Ring angeführten Aussagegrenzen eine weitere hinzu. Der durch die typologischen Analyse mögliche Erkenntnisgewinn wird exemplarisch anhand der Persönlichkeit Thomas Rings dargestellt. Bruno von Flüe war seit 1986 Präsident der Thomas Ring-Stiftung und ist Spiritus Rector der vorliegenden Biographie. Dass mit der Auflösung der Stiftung dieses Opus Magnum erscheint, ist ein wahrhaft transmutativer alchemistischer Vorgang: Es gilt, den Autor und den Stiftungsrat hierfür zu beglückwünschen – und gleichermaßen alle, die sich ans Lesen machen!
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