Der Lehrer, Freund und Inspirator zahlloser berühmterKomponisten, Pianisten, Musiker und Intellektuellerim 20. Jahrhundert war eine Frau: NadiaBoulanger, Chefdirigentin des Boston PhilharmonicOrchestra (zu einer Zeit, als sowas in der Alten Weltnoch ausschließlich männliche Domäne war), hatdas musikalische Geschehen ihrer Zeit bestimmt wieniemand sonst. Selbst eine bedeutende Komponistin,verstand sie sich als Lehrerin. Die Liste ihrer Schülerist lang und prominent: Leonard Bernstein blieb ihrsein Leben lang ergeben, Strawinsky war ihr besterFreund, mit Maurice Ravel machte sie Hausaufgaben,Dinu Lipatti verehrte sie, und viele später berühmtgewordene junge Künstler hatten ihr alles zu verdanken.Und nicht nur Musiker lagen ihr zu Füßen.Der große Paul Valéry sagte über seine Freundin:»Sie atmet, was wir hören.«
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Andreas Meyer schätzt, dass Bruno Monsaingeons Interview-Band mit Nadia Boulanger, wenn auch mit 40 Jahren Verspätung, nun auf Deutsch erschienen ist. Denn Boulanger war als Musiklehrerin, Dirigentin, Pianistin und Organistin nicht nur ein Multitalent und eine Grande Dame der Musikszene des 20. Jahrhunderts, bei der etwa Aron Copland, Roy Harris, Elliott Carter oder Leonard Bernstein in Lehre gingen, sondern konnte auch unterhaltsam aus ihrem Leben erzählen, wie die Interviews dem Kritiker zeigen. Neben spannenden Anekdoten etwa zu Boulangers Freundschaft zur Princesse de Polignac liest er auch gerne davon, wie Haltung der Pädagogin zur Musik - "Strenge" und "Treue zur Vergangenheit", zitiert Meyer - sich auch auf ihre Familiengeschichte beziehen lässt: Die Trauer um ihre verstorbenen Eltern, die Vergötterung der ebenfalls verstorbenen Schwester, die so viel besser im Komponieren gewesen sei. Darüber hätte der Kritiker gerne noch mehr erfahren, wie auch über Tatsache, dass Boulanger in den 30er Jahren die erste Frau war, die das New York Symphony Orchestra dirigierte. Trotz solch offener Fragen ein "kurzweiliges" und "vorzüglich übersetztes" Buch für den Kritiker.
© Perlentaucher Medien GmbH
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