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9 Kundenbewertungen

Die 19-jährige Mary MacLane wünscht sich Napoleon oder am besten gleich den Teufel als Liebhaber. Sie träumt von einer Revolution, während sie mit ihren Mitmenschen in dem tristen Bergarbeiterstädtchen in Montana genauso wenig anfangen kann wie mit ihren häuslichen Pflichten und der kargen Landschaft. MacLane war völlig unbekannt, als sie 1902 ihr erstes, im Tagebuchstil verfasstes Buch veröffentlichte. Es wurde zum Skandal und seine Autorin zum Star. - Mit einer kompakten Biographie der Autorin.»Die Ankunft Mary MacLanes in der Literatur könnte spektakulärer nicht ausgefallen sein.«SWR»Mary…mehr

Produktbeschreibung
Die 19-jährige Mary MacLane wünscht sich Napoleon oder am besten gleich den Teufel als Liebhaber. Sie träumt von einer Revolution, während sie mit ihren Mitmenschen in dem tristen Bergarbeiterstädtchen in Montana genauso wenig anfangen kann wie mit ihren häuslichen Pflichten und der kargen Landschaft. MacLane war völlig unbekannt, als sie 1902 ihr erstes, im Tagebuchstil verfasstes Buch veröffentlichte. Es wurde zum Skandal und seine Autorin zum Star. - Mit einer kompakten Biographie der Autorin.»Die Ankunft Mary MacLanes in der Literatur könnte spektakulärer nicht ausgefallen sein.«SWR»Mary MacLane ist die literarische Wiederentdeckung der Saison.« Süddeutsche Zeitung
Autorenporträt
Mary MacLane (1881-1929) wuchs in einer Bergarbeiterstadt in Montana (USA) auf. Mit ihrem ersten Buch 'Ich erwarte die Ankunft des Teufels' wurde sie 1902 schlagartig berühmt, es folgten der Roman 'Meine Freundin Annabel Lee' (1903) und weitere autobiographische Texte. MacLanes bohemehafter Lebensstil und ihre Bisexualität sorgten immer wieder für Skandale. Sie starb im Alter von 48 Jahren in Chicago.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.05.2020

Seht, ein
Genie!
Diese Frau hat dem Literaturkanon
wirklich noch gefehlt: Zur
Entdeckung von Mary MacLane
VON INSA WILKE
Was hätte wohl Mary MacLane, dieses Teufelsweib, dazu gesagt, dass im 21. Jahrhundert auf einmal wieder die Herren das Sagen haben? Hierzulande zeigt das generische Maskulinum gerade sein wahres Gesicht, denn wo in den Nachrichten von Experten die Rede ist, sind eher selten Expertinnen gemeint. Oder warum nuschelt die Leopoldina auf die Frage, warum in ihrer Corona-AG auf 24 Experten nur zwei Expertinnen kommen, so verlegen etwas von einem „langfristigen Prozess“ in ihren Bart? Es geht für Frauen wohl immer noch darum, laut zu werden und sichtbar.
So etwas ähnliches dachte sich auch Mary MacLane, damals, am 31. Januar 1901 in Butte, Montana, als sie sich von ihrer faden Familie, diesen „Tieflandschotten“, zurückzog und in ihrem Zimmer schrieb: „Ich, neunzehn Jahre alt und im weiblichen Geschlecht geboren, werde jetzt, so vollständig und ehrlich wie ich kann, eine Darstellung von mir selbst verfassen, Mary MacLane, die in der Welt nicht ihresgleichen kennt.“ – Peng! Was für ein Auftritt!
Auf knapp 180 Seiten legt diese Neunzehnjährige fest, wer sie ist. Sie lässt es sich nicht von außen zuschreiben, sondern nimmt in den Monaten Januar bis April 1901 den Stift in die Hand und setzt sich selbst zusammen. Vielleicht ist das auch heute noch gar nicht so selbstverständlich, bedenkt man, wie tief Frauen immer noch Freundlichkeit, Zurückhaltung, Bescheidenheit in den Knochen stecken.
Mary MacLanes Debüt „Ich erwarte die Ankunft des Teufels“ ist weniger politisches Pamphlet als ein aus dem Furor des Lebenshungers geschriebener Bekenntnistext. Kein Aufschrei, aber ein Ausbruch einer ihrer selbst gewissen Person, geltungssüchtig und so behaglich schnurrend narzisstisch, dass manche Formulierungen wirken, als hätte der heutige US-Präsident bei MacLane gelernt: „Sie dürfen das Bild vorne in diesem Buch betrachten und bewundern. Es ist das Bild eines Genies – eines Genies mit einem guten, starken, jungen Frauenkörper, – und im Inneren des abgebildeten Körpers befindet sich eine Leber, eine MacLane-Leber, von bewundernswürdiger Perfektion.“
Auf der Trinität ihres Genies, ihres hungrigen hölzernen Herzens und ihres guten, jungen Frauenkörpers harft MacLane so penetrant herum, das man zeitweise die Wände hochgehen möchte und sich doch immer wieder fragt: Wie kommt ein Mädchen ihrer sozialen Klasse, in einem der Zentren der amerikanischen Bergbauindustrie, wohlbehütet im Wirbel des wirtschaftlichen und sozialen Wandels lebend, dazu, sich so hingebungsvoll mit ihren inneren Organen zu beschäftigen? Überhaupt allem Saftigen, Deftigen, Heftigen zu huldigen bis hin zum Leibhaftigen selbst, dem „Teufel / mit den stahlgrauen Augen“, dem sie ihre Existenz widmet. MacLane orientiert sich an einer zu ihrer Zeit klar männlich geprägten Ästhetik: der des Hässlichen, des Genies, des Nihilismus und Vitalismus. Andererseits ruft sie einen feministischen Kanon auf, wenn sie sich auf die französische Revolutionärin Charlotte Corday, die britischen Schriftstellerinnen Charlotte Brontë und George Eliot, die russische Malerin und Tagebuchautorin Marie Bashkirtseff und die südafrikanische Schriftstellerin und Bürgerrechtlerin Olive Schreiner bezieht. Idole, die sie – welche Hybris – überflügeln will.
Wohl deshalb verortet sie sich, ebenso in souveräner Opposition zu Autoren wie Henry James mit seinen „verwinkelten Sätzen“ oder zur „freundlich-damenhaften Phrasierung“ ihres Zeitgenossen William Dean Howells. Würde sie wie jene schreiben, meint MacLane, klänge sie „wie ein kleiner Phonograph aus Blech, der in halsbrecherischem Tempo blumige Poesie ausspuckt, oder eine sonore Kirchenorgel, aus deren Tiefen in gravitätischer Stimmung die Melodie von Goo-Goo Eyes strömt.“
So unverschämt, witzig und formbewusst – und dann wieder so pubertär. MacLanes Refrain „Niemand versteht mich“ erinnert an den Expressionisten Georg Heym, der ein Jahrzehnt nach MacLane seinem Tagebuch in schönstem Jugendirresein anvertraut, er halte das elektrische Knistern seiner Haare für einen Beweis seines göttlichen Ursprungs. In der Sehnsucht nach Öffentlichkeit verwandt, trennt MacLane von Heym allerdings das „verpestete Wort“, das ihr im Weg steht: „Frau“. Und während Heyms Tagebuch naiv wirkt, vermittelt „Ich erwarte die Ankunft des Teufels“ eher den Eindruck einer durchdachten Inszenierung. Und die sollte ihr Debüt auch sein; es kündigt bereits an: Diese Autorin versteht sich als Performance-Künstlerin avant la lettre und Leben und Werk sind ihr eins.
Dieser erste Text aus MacLanes Feder, dem später zwei Bücher, ein Film und zahlreiche Artikel und Interviews folgten, geht geschickt mit Authentizität und Inszenierung um. Passagenweise rhythmisiert sie ihn stark, arbeitet mit verschiedenen Tempi und kommt immer wieder zu Höhepunkten wie dem Gebet, das sie am 8. März entwirft: „Gütiger Teufel, erlöse mich“, beginnt die Litanei: „Von schwarzer Unterwäsche – und jeder Farbe außer weiß; von Hüften, die wackeln, wenn man geht“, von „freundlichen alten Damen, die unzählige langweilige, offensichtliche Lügen erzählen“ und anderem Ungemach.
Ann Cotten, die Mary MacLanes Debüt übersetzt und kommentiert hat, verleiht ihm im Deutschen Rasanz und einen ambivalenten Charakter. Aber den wirklich meisterlich geschrieben Passagen, stehen Momente gegenüber, in denen MacLane ihr philosophisches Genie ankündigt und beispielsweise an der „Kunst, gut zu essen“ beweisen will. Da tut sich gähnende Leere auf, weil sie trotz der Beschwörung eines saftigen „Porterhousesteaks“ mit „grünen Frühlingszwiebeln“ wenig Fleisch an die klappernden Knochen ihrer „peripatetischen Schule“ bringt.
In ihrem Nachwort schreibt Ann Cotten, dass die Meisterschaft dieses Textes im „rhythmischen Pas-de-deux von Welt und Schrift“ liege. Was ihm aber fehlt, ist die gedankliche Durchdringung der Performance. Ann Cotten setzt im Nachwort einen politischen Kontrapunkt zu MacLane, die als „einsames, 19-jähriges Genie über die öden Hügel spazierte und auf den Heiland in Form des Teufels wartete“, während, so Cotten, „unten in Butte, der größten Boomtown jener Zeit, Kämpfe für Arbeiterrechte“ stattfanden.
Die Journalistin Juliane Liebert, die sich in einem zweiten Nachwort auf die Editions- und Rezeptionsgeschichte von MacLanes Debüt konzentriert, erinnert an die englische Tagebuchautorin Anne Lister, die eine ähnliche klassenbedingte Einäugigkeit kennzeichnete. Nun kann man diesen Damen vielleicht nicht vorwerfen, dass sie zu ihrer Zeit noch keinen Blick für die der Landschaft eingeschriebene indigene Kultur und die soziale Ungleichheit hatten und muss andersrum sagen, dass die kämpfenden Arbeiter die Rechte der Frauen wenig im Blick hatten. Aber umso mehr macht die Lektüre deutlich: Was für ein Gewinn, dass es heute ein zunehmendes Bewusstsein für „Intersektionalität“ gibt, also für die Privilegien, die eine Person haben kann, während sie als Frau, Arbeiter oder person of color benachteiligt wird. Dieses Bewusstsein macht es möglich, dass in Protestbewegungen wie beispielsweise in Chile Indigene, Frauen, Umweltaktivistinnen, Schüler gemeinsam gegen ihre sich überschneidenden und unterschiedlichen Benachteiligungen eintreten. Sie unterlaufen so einen simplen Unterdrückungsmechanismus: mangelnde Solidarität.
Mary MacLane ist nur 48 Jahre alt geworden. Ihre Person und ihr verblüffendes Werk tauchen dank dieser Ausgabe nun zum ersten Mal auf dem Radar der deutschsprachigen Leserschaft auf. Wie wichtig ist es, unser kulturelles Gedächtnis um die Möglichkeit einer Mary MacLane erweitern zu können. Gegenwärtig inspirierend aber wird „Ich erwarte die Ankunft des Teufels“ erst durch die sorgfältige Kommentierung dieser Ausgabe.
Mary MacLane: Ich erwarte die Ankunft des Teufels. Aus dem Amerikanischen übersetzt und mit einem Nachwort von Ann Cotten. Reclam Verlag, Leipzig 2020, 206 Seiten, 18 Euro.
Eine durchdachte Inszenierung
sollte ihr Debüt sein, aber
Leben und Werk sind hier eins
Für die Arbeitskämpfe hatte
sie so wenig einen Blick wie die
Arbeiter für die Rechte der Frau
Geboren 1881 in Kanada, war Mary Maclane früh Skandalautorin, sie starb 1929 in Chicago.
Foto: Library of Congress
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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension

Rezensentin Marianna Lieder findet Mary MacLane sehr heutig. Mit ihrem "freiddrehenden Narzissmus", ihrer "selbstzweckhaften Provokation" und ihrer "triumphalen Albernheit". MacLanes Selbstbespiegelungsarie in der ausgezeichneten Übersetzung von Ann Cotten lässt Lieder vermuten, dass die Autorin ihren Nietzsche gelesen hat. Dass der rhythmisch gut getaktete Text erst jetzt auf Deutsch vorliegt und so wenig Patina angesetzt hat, sind für Lieder gleich zwei "Fräuleinwunder".

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»Der Text packt einen durch seine emotionale Intensität, seinen Rhythmus und seine Formulierungskraft. Man mag diese Mary MacLane vielleicht nicht - aber man leidet mit ihr.« Die Presse, 15.03.2020 »Dass ihre Stimme weit trägt, hat Mary MacLane schon 1902 bewiesen; heute zeigt sich, dass sie auch mehr als hundert Jahre später noch frisch und kraftvoll klingt.« Neue Zürcher Zeitung, 27.03.2020 »Ein unglaublich starkes literarisches Statement« Deutschlandfunk Kultur, 16.04.2020 »Die Autorin wird schreibend zu ihrem eigenen Kunstwerk. Für diejenigen, die dieser Tage an der verordneten Einsamkeit leiden, könnte 'Ich erwarte die Ankunft des Teufels' das Buch der Stunde sein.« Neue Zürcher Zeitung, 17.04.2020 »Bewunderungswürdig: zarte rohe Kraft, expressiv, rhythmisch, effektsicher und biegsam. In einer fabelhaften Übersetzung von Ann Cotten erstmals auf Deutsch.« Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.04.2020 »Ungestüm und mitreißend« DER SPIEGEL, 09.05.2020 »Wie wichtig ist es, unser kulturelles Gedächtnis um die Möglichkeit einer Mary MacLane erweitern zu können.« Süddeutsche Zeitung, 09.05.2020 »Der Lebenshunger Mary MacLanes springt auch heute noch auf den Leser über, es ist beeindruckend, dass ein Text über hundert Jahre hinweg so viel Energie konservieren kann.« SPIEGEL ONLINE, 17.05.2020 »Die Wiederentdeckung der Saison« Süddeutsche Zeitung, 28.05.2020 »Die Ankunft Mary MacLanes in der Literatur könnte spektakulärer nicht ausgefallen sein.« SWR Bestenliste, Platz 1 im Juni 2020 »Ein Tagebuch, das viel mehr ist, eine anarchistische Ego-Show, ein literarischer Protest, ein Ruf nach Freiheit.« SWR Lesenswert, 02.06.2020 »Mary MacLane war ein Ereignis!« SWR Lesenswert, 02.06.2020 »Selbstbewusst, radikal, absolut« WDR 5, 19.06.2020 »Ein Zeugnis buchstäblich entfesselter weiblicher Kreativität« SWR2 Lesenswert Kritik, 30.06.2020 »Ein Manifest weiblicher Selbstermächtigung« Deutschlandfunk Kultur LESART, 03.07.2020 »Faszinierend ... eine wichtige Neuentdeckung, die man kennen sollte!« SWR Lesenswert, 17.09.2020…mehr