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Diese Sammlung von Hermann Hesses fulminanten Jugendbriefen überliefert den ebenso dramatischen wie spannenden Hindernislauf eines begabten, für die theologische Laufbahn bestimmten Missionarssohns, der sich bereits im Alter von zwölf Jahren in den Kopf gesetzt hatte, »entweder ein Dichter oder gar nichts« werden zu wollen. Nach einer teils in Calw, teils in Basel verbrachten Kindheit beginnt er sich den Plänen der Eltern zu widersetzen, flieht aus dem Theologischen Seminar, versucht sich das Leben zu nehmen, wird in eine Anstalt für Schwachsinnige und Epileptische eingewiesen und verläßt mit…mehr

Produktbeschreibung
Diese Sammlung von Hermann Hesses fulminanten Jugendbriefen überliefert den ebenso dramatischen wie spannenden Hindernislauf eines begabten, für die theologische Laufbahn bestimmten Missionarssohns, der sich bereits im Alter von zwölf Jahren in den Kopf gesetzt hatte, »entweder ein Dichter oder gar nichts« werden zu wollen. Nach einer teils in Calw, teils in Basel verbrachten Kindheit beginnt er sich den Plänen der Eltern zu widersetzen, flieht aus dem Theologischen Seminar, versucht sich das Leben zu nehmen, wird in eine Anstalt für Schwachsinnige und Epileptische eingewiesen und verläßt mit Sekundareife das Gymnasium, bis endlich nach Umwegen sein Traum, ein Dichter zu werden, in Reichweite rückt. Erste Veröffentlichungen wecken das Interesse bedeutender Verleger wie Samuel Fischer, der mit Hesses Romandebüt »Peter Camenzind« seinen nach Thomas Manns »Buddenbrooks« damals größten Erfolg erzielte. Nach jahrelangem Aufbegehren und einem energisch verfolgten, autodidaktischen Literaturstudium, das diese Briefe gleichfalls dokumentieren, sind schließlich die Weichen gestellt für den Werdegang eines der einflußreichsten Autoren des 20. Jahrhunderts. Selten kann so anschaulich wie in den mehr als 200 Schreiben dieses Bandes ein schließlich geglückter Emanzipationsvorgang auf so bewegende Weise dargestellt werden wie am Beispiel der Jugendgeschichte Hermann Hesses.
Autorenporträt
Hermann Hesse, geboren am 2.7.1877 in Calw/Württemberg als Sohn eines baltendeutschen Missionars und der Tochter eines württembergischen Indologen, starb am 9.8.1962 in Montagnola bei Lugano. Er wurde 1946 mit dem Nobelpreis für Literatur, 1955 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Nach einer Buchhändlerlehre war er seit 1904 freier Schriftsteller, zunächst in Gaienhofen am Bodensee, später im Tessin. Er ist einer der bekanntesten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.08.2012

Steppenwolfs erste Spuren
Eine neue Ausgabe der Briefe Hermann Hesses beginnt mit der Jugendzeit

"Der Doktor wollte meine Zunge sehen, aber ich habe sie ihm durchaus nicht gezeigt und den bitteren Tee habe ich auch nicht getrunken." Wer meint, den trotzigen kleinen Bruder Harry Hallers, ein Steppenwölfchen, protestieren zu hören, liegt fast richtig. Es ist der dreijährige Hermann Hesse, der in diesem der Mutter diktierten Brief seinem "indischen" Vetter Hermann 1881 vom Triumph über die ärztliche Autorität berichtet. Der frühe Akt der Verweigerung markiert den Anfang einer Tradition des Aufbegehrens, die Hesse von nun an in Leben und Werk pflegen wird.

Das revoltierende und doch vergnügte Schriftstück leitet die "Gesammelte Briefausgabe" ein, die nun, hundertdreißig Jahre und mehr als vierzigtausend Hessesche Episteln später, in zehn Teilen im Suhrkamp Verlag erscheinen soll. Der nun erschienene erste Band umfasst den Zeitraum von 1881 bis 1904, dokumentiert also Hesses turbulente Jugend und reicht bis in die Zeit erster schriftstellerischer Erfolge. Er erzählt somit viele erste Geschichten: erstes ungestümes Lesen und Schreiben, aber auch erstes Leid in den theologischen Seminaren von Göppingen und Maulbronn, der Heilanstalt Stetten, der Liebe. Schließlich erste Hochzeit und erste Veröffentlichungen mit Hermann Lauscher und Peter Camenzind. Wäre der Briefband ein Bildungsroman, so konstituierten diese wohl die prägendsten biographischen Stationen, die der Protagonist durchreist, um zu "werden, der er ist". Und tatsächlich: Ähnlich wie die äußere Wirklichkeit im Werk oftmals vom Innenleben Hans Giebenraths, Harry Hallers oder Emil Sinclairs verschlungen wird, steht auch in Hermann Hesses frühen Korrespondenzen die Psyche des Heranwachsenden im Vordergrund.

Diese ist zerbrechlich, stößt sich Hesse doch mehr und mehr an den christlich-moralischen Wertvorstellungen der Eltern - Spannungen, die in ihrer ganzen Tragweite durch die authentischen Lebenszeugnisse besonders deutlich werden. Freilich sind dies nicht die ersten publizierten Aufzeichnungen aus Hesses Emanzipationsphase. Eine insgesamt 1300 Briefe starke Sammlung der frühen Korrespondenz existiert bereits seit Jahrzehnten. In der aktuellen Ausgabe legt der Herausgeber Volker Michels jedoch neue Funde vor, kürzt dafür an anderer Stelle und beschränkt sich ausschließlich auf von Hesse verfasste Schreiben. Die neue Briefausgabe erreicht auf diese Weise eine erstaunliche Prägnanz und vermag es, den an Gott und der Welt (ver)zweifelnden Jungen fast in Lebensgröße heraufzubeschwören.

Es wird deutlich, was Hesse später im "Demian" in ein dichterisches Bild fasst: "Der Vogel kämpft sich aus dem Ei. Das Ei ist die Welt. Wer geboren werden will, muss eine Welt zerstören." In den Briefen tobt er nicht weniger kunstvoll: "Leb wohl du altes Elternhaus, Ihr werft mit Schande mich hinaus. / Ich werd ins Irrenhaus geschickt, / Wer weiß - ich bin wohl gar verrückt", reimt er und wütet steppenwölfisch gegen Gesellschaft, Eltern und Religion, ruft "die Anarchisten" herbei und wünscht sich die Cholera, damit er "im allgemeinen Elend ruhig sterben" könne. Kurz zuvor hatte er sich einen Revolver besorgt und einen Suizidversuch verübt.

So wie die Neigung zu Drama und Pathos ihn fast das Leben kostet, fängt sie ihn jedoch auch auf - eine Wandlung, die die Briefe von 1895 an bekunden. Als Buchhandelslehrling in Tübingen ist er über die persönliche Sturm- und Drangzeit hinweg und widmet sich der literarischen Epoche Goethes und Schillers. Sein Selbststudium vermag es, den Zorn gegen den "Sonntagsgott der Kirchenchristen", den er zuvor als Wahn verflucht hatte, zu mildern. Sein Goethe-Kult wird nämlich zunehmend zur Religion: "Ich weiß jetzt erst, was Religion ist", schreibt er an seinen Bruder Karl und gibt zu bedenken, er sehe nun "viele Landschaften gewissermaßen als subjektive Schöpfungen, mit dem Stempel einer Künstlerpersönlichkeit gezeichnet".

Ein zaghaftes Verständnis für, jedoch kein Zugeständnis an die Eltern ist gegen Ende zu spüren. Sich vom Sonntagsgott losgesagt, hat er sich den Göttern der Poesie verschworen. Mit der pubertären Selbstbeschreibung als "H. Hesse Nihilist" von 1892 behielt er so im Nachhinein nicht recht. Wie er im "Demian" anregt: "Man sollte alles verehren und heilig halten, die ganze Welt" - auch wenn oder besonders weil im Laufe dieser Heilighaltung die ein oder andere Rebellion nicht ausbleiben wird.

KATHARINA LASZLO

Hermann Hesse: "Ich gehorche nicht und werde nicht gehorchen!" Die Briefe 1881-1904.

Suhrkamp Verlag, Berlin 2012. 661 S., geb., 39,95 [Euro].

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»Hermann Hesse nimmt als Briefschreiber einen in der deutschen Literaturgeschichte einzigartigen Rang ein.« Heimo Schwilk DIE WELT
»Diese Briefausgabe, die wie alle Briefbände Hesses hervorragend kommentiert ist, kann nur jedem Leser empfohlen werden.«