In literarischen, kulturgeschichtlichen und parömiologischen Studien ist immer wieder behauptet worden, dass Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten im 18. Jahrhundert, dem Zeitalter der Aufklärung, eine unbedeutende Rolle im mündlichen und schriftlichen Gebrauch gespielt haben. Das Hauptanliegen dieser Studie ist zu zeigen, dass Johann Jakob Wilhelm Heinse (1746-1803), als einer der geistreichsten Vertreter seines Jahrhunderts, zahlreiche Sprichwörter und Redensarten in seine Werke, bestehend aus Gedichten, Aufsätzen, Romanen, Reisebeschreibungen, Tagebüchern, Notizbüchern, Aphorismen und Briefen, aufnahm. Das geht so weit, dass Heinse mehrere Sprichwörtersammlungen ausgearbeitet hat, wovon die größte etwa 1.000 Belege enthält. Diese Untersuchung enthält neben der Interpretation des Gebrauchs und der Funktion des sprichwörtlichen Sprachguts ein detailliertes Register von etwa 3.100 Texten. Von einem Desinteresse an der sprichwörtlichen Sprache im 18. Jahrhundert kann demnach nicht die Rede sein. Vielmehr erweist sich Wilhelm Heinse als großer Liebhaber des Sprichwörtlichen, dessen Gesamtwerk Aspekte der Empfindsamkeit, der Aufklärung, des Sturm und Drang, der Klassik und andeutungsweise der Romantik erkennen läßt.