Thomas Brasch, Dichter, Dramatiker, Filmschaffender und Übersetzer, eine der markantesten Figuren der neuen deutschen Literatur, wurde 1945 in Westow/Yorkshire (England) als Sohn jüdischer Emigranten geboren. Bis zu dem Jahr, in dem er die DDR verließ (1976), lebte er in Ostberlin. 1977 erschien sein bekanntestes Buch, der Erzählband Vor den Vätern sterben die Söhne. 2001 starb Brasch in Berlin. Die deutschen Turbulenzen bilden einen wichtigen Erlebenshintergrund für Braschs Werk - sein Unbehagen erst auf der einen, dann auf der anderen Seite der Grenze. Aber Thomas Brasch war, auch wenn Deutschland für seine Arbeit eine Art Resonanzboden bedeutete, wesentlich Kosmopolit - ein Weltbürger. Auf der Suche nach neuen künstlerischen Konzepten setzte er dem Bestehenden etwas Eigenes entgegen. Er entwarf Gegenbilder.Die Interviews, die mit Braschs Ankunft im Westen (1976) einsetzen, sind bemerkenswert und unverzichtbar, weil sie aus erster Hand über Braschs Leben informieren, über die politischen Ansichten und die ästhetischen Überzeugungen des vielseitigen Künstlers, die Entstehung einzelner Werke (Übersetzungen inklusive) sowie deren Einschätzung durch Brasch selber. Zuletzt erschienenWas ich mir wünsche. Gedichte aus Liebe, 2007 (Bibliothek Suhrkamp 1413)Lovely Rita, Rotter, Lieber Georg. Drei Stücke, 1989 (edition suhrkamp 1562, Nachauflage)
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.05.2009Literatur II Im Brecht-Haus lasen diese Woche Katharina Thalbach und Peter Schneider aus den großartigen Interviews, die der Schriftsteller Thomas Brasch zwischen 1976, als er von der DDR in den Westen kam, bis zu seinem Tod, 2001 in Berlin, der Presse gegeben hat ("Ich merke mich nur im Chaos", Suhrkamp-Verlag). Sie gaben dabei abwechselnd "den von der Zeitung" und "Thomas". Und wie Katharina Thalbach da den Tonfall ihres langjährigen Lebensgefährten Thomas Brasch nachahmte, mit aller Unerbittlichkeit und in der Abwehr von Schriftstellerzuschreibungen, etwa im "Spiegel"-Gespräch von 1976, das war nicht nur eine schöne Erinnerung unter Freunden, sondern auch sehr komisch; nicht zuletzt, weil Brasch im Urteil über andere so lakonisch vernichtend sein konnte: "Die Theaterstücke von Sartre? Die finde ich grauenhaft, weil sie so sind wie jemand, der mir beweisen will, dass zwei mal zwei vier sind, und das auch tut, nur sehr umständlich."
jia
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Der Interviewband ist angesichts der Sprachgenauigkeit, der Intelligenz und Wortmacht des Befragten, nicht nur das Beste, was man seit langem an Schriftstellerinterviews gelesen hat.« Julia Encke Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 20090315