Mit Mark Twain auf die Rigi, mit Kaiser Franz Joseph auf den Hochschneeberg oder mit Ernest Hemingway im Montafon: Auch berühmte Fürsten und Dichter konnten sich der Faszination der Alpen nicht entziehen. Karl Stankiewitz hat sich an die Fersen der historischen Prominenz geheftet und spürt ihren Erlebnissen zwischen Cevennen und Julischen Alpen nach. Ergänzt werden die 44 kurzweiligen Geschichten durch umfangreiches historisches Bildmaterial und aktuelle Ansichten. Detailkarten aller Originalrouten eröffnen Wanderbegeisterten die Möglichkeit, sich selbst auf prominente Spurensuche im "Dachgarten Europas" zu begeben.Der Journalist Karl Stankiewitz ist passionierter Bergsteiger und Alpenkenner. Über fünf Jahrzehnte lang war er Korrespondent u. a. bei der Süddeutschen Zeitung, der Abendzeitung und dem Bergsteigerradio des BR.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.02.2010Der König besteigt den Berg
Sophie La Roche, heute weitgehend, aber zu Unrecht vergessen, war die erste deutsche Reiseschriftstellerin und wohl auch die erste Frau in der Geschichte des Alpinismus. Im Jahr 1784 unternahm die Mutter von fünf Kindern ihre erste Reise in die Schweiz und die damalige Grafschaft Savoyen, wo sie von Chamonix aus eine Bergtour im Tragsessel und mit Führern zum Montenvers machte. Ihre Aufzeichnungen veröffentlichte sie drei Jahre später unter dem Titel "Tagebuch einer Reise durch die Schweitz". Da sie eine genaue Beobachterin war und mit leichter Feder schrieb, hätte man gern mehr von ihrem Originaltext gelesen anstelle einer zusammenfassenden Beschreibung aus zweiter Hand. Zudem ist die Landkarte, geliefert von Google, nicht informativ, ihre Beschriftung fehlerhaft. Dafür kann der Autor und Herausgeber freilich kaum etwas. Mit viel Fleiß hat er nahezu alles gesammelt, was über Fürsten und von Dichtern in den Alpen jemals veröffentlicht wurde. Durchaus lesenswerte Stücke sind darunter, etwa über Erich Mühsam auf dem Monte Verità im Tessin, die Wanderungen auf den Spuren der österreichischen "Alpenkaiserin" Elisabeth rund um ihren Sommerfrischeort Ischl oder ein Ausflug von Eduard Mörike mit Frau auf das Hochälpele im Bregenzerwald. Liest man das, möchte man gleich auf dem "Eduard-Mörike-Wanderweg" loslaufen, den die Gemeinde Schwarzenberg dem Dichter zu ehren und den Touristen zuliebe angelegt hat. Auf einen weiteren Aufguss der Mont-Ventoux-Besteigung durch Petrarca oder der Italienreise Goethes hätte man dagegen ohne Bedauern verzichten können. Das Kapitel über die Wendelstein-Besteigung von König Maximilian II. sei jedem wärmstens ans Herz gelegt, der gelegentlich Schwierigkeiten im Umgang mit den Altbayern hat. Liebevoller als im Originaltext von Friedrich Bodenstedt kann man den ebenso knorrigen wie musisch sensiblen Volksstamm in Deutschlands Süden nicht zeichnen; sogar in der zusammenfassenden Darstellung des Herausgebers ist das noch zu spüren.
H.E.R.
"Ich näherte mich den Gebirgen - Mit Fürsten und Dichtern durch die Alpen" von Karl Stankiewitz. Volk Verlag, München 2009. 216 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Broschiert, 19,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sophie La Roche, heute weitgehend, aber zu Unrecht vergessen, war die erste deutsche Reiseschriftstellerin und wohl auch die erste Frau in der Geschichte des Alpinismus. Im Jahr 1784 unternahm die Mutter von fünf Kindern ihre erste Reise in die Schweiz und die damalige Grafschaft Savoyen, wo sie von Chamonix aus eine Bergtour im Tragsessel und mit Führern zum Montenvers machte. Ihre Aufzeichnungen veröffentlichte sie drei Jahre später unter dem Titel "Tagebuch einer Reise durch die Schweitz". Da sie eine genaue Beobachterin war und mit leichter Feder schrieb, hätte man gern mehr von ihrem Originaltext gelesen anstelle einer zusammenfassenden Beschreibung aus zweiter Hand. Zudem ist die Landkarte, geliefert von Google, nicht informativ, ihre Beschriftung fehlerhaft. Dafür kann der Autor und Herausgeber freilich kaum etwas. Mit viel Fleiß hat er nahezu alles gesammelt, was über Fürsten und von Dichtern in den Alpen jemals veröffentlicht wurde. Durchaus lesenswerte Stücke sind darunter, etwa über Erich Mühsam auf dem Monte Verità im Tessin, die Wanderungen auf den Spuren der österreichischen "Alpenkaiserin" Elisabeth rund um ihren Sommerfrischeort Ischl oder ein Ausflug von Eduard Mörike mit Frau auf das Hochälpele im Bregenzerwald. Liest man das, möchte man gleich auf dem "Eduard-Mörike-Wanderweg" loslaufen, den die Gemeinde Schwarzenberg dem Dichter zu ehren und den Touristen zuliebe angelegt hat. Auf einen weiteren Aufguss der Mont-Ventoux-Besteigung durch Petrarca oder der Italienreise Goethes hätte man dagegen ohne Bedauern verzichten können. Das Kapitel über die Wendelstein-Besteigung von König Maximilian II. sei jedem wärmstens ans Herz gelegt, der gelegentlich Schwierigkeiten im Umgang mit den Altbayern hat. Liebevoller als im Originaltext von Friedrich Bodenstedt kann man den ebenso knorrigen wie musisch sensiblen Volksstamm in Deutschlands Süden nicht zeichnen; sogar in der zusammenfassenden Darstellung des Herausgebers ist das noch zu spüren.
H.E.R.
"Ich näherte mich den Gebirgen - Mit Fürsten und Dichtern durch die Alpen" von Karl Stankiewitz. Volk Verlag, München 2009. 216 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Broschiert, 19,90 Euro.
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