William Shakespeares „Hamlet“ gehört zu den großen Werken der Weltliteratur. Eine tragische Rolle in diesem Drama spielt Ophelia, die, wie fast alle Hauptcharaktere, in den Intrigen und Querelen am dänischen Hof ihr Ende findet.
Der Figur Ophelias hat Lisa Klein unter dem Titel „Ich, Ophelia“ einen
ganzen Roman gewidmet. Das Werk ist im November 2018 als Insel-Taschenbuch erschienen und umfasst…mehrWilliam Shakespeares „Hamlet“ gehört zu den großen Werken der Weltliteratur. Eine tragische Rolle in diesem Drama spielt Ophelia, die, wie fast alle Hauptcharaktere, in den Intrigen und Querelen am dänischen Hof ihr Ende findet.
Der Figur Ophelias hat Lisa Klein unter dem Titel „Ich, Ophelia“ einen ganzen Roman gewidmet. Das Werk ist im November 2018 als Insel-Taschenbuch erschienen und umfasst 368 Seiten.
Wer war Ophelia? In Shakespeares Werk erfahren wir über ihre Person an sich nur wenig. Lisa Klein verleiht ihr eine Stimme, in der sie über ihre Geschichte, ihre Herkunft und Lebenseinstellung berichtet. Ophelia ist Halbwaise und wächst bei ihrem Bruder, Laertes, und ihrem Vater, Polonius, im Umfeld des dänischen Königshofs auf. Als ihr Vater zum Ratgeber des dänischen Königs und sie selbst zur Hofdame avancieren, nimmt das Schicksal seinen Lauf. Doch im Gegensatz zum Shakespeare’schen Drama findet Ophelia hier nicht den Tod, sondern täuscht ihn nur vor und geht fortan ihren eigenen Weg.
Das Buch zieht Leserinnen und Leser von Anfang an in seinen Bann, was nicht zuletzt der Erzählperspektive zu verdanken ist: Die Ich-Perspektive hilft beim Lesen, sich in Ophelia hineinzuversetzen und sich mit ihr zu identifizieren. Die plastische Darstellung der Charaktere und des Milieus lassen die Lesenden tief in Zeit und Ort eintauchen.
Der Handlungsrahmen dieses Romans orientiert sich weitgehend an Shakespeares „Hamlet“. Lediglich Ophelia durchbricht dieses Gerüst. Sie wird von Anfang an als reife, kluge und vor allem, was in der damaligen Welt eher ungewöhnlich war, gebildete Frau gezeichnet, was ihr die Kraft gibt, sich zu emanzipieren. Dieses verhindert allerdings nicht, dass sie auch immer wieder an sich und ihren Fähigkeiten zweifelt. Insgesamt ergibt sich so auch ein Entwicklungsroman: Mit jedem dramatischen Ereignis wachsen auch Ophelias Selbstbewusstsein und Stärke.
Ein wenig unbefriedigt hat mich das Ende zurückgelassen, da es mir persönlich ein bisschen zu märchenhaft und „schön“ erscheint. Aber wahrscheinlich wollen die Menschen einfach ein Happy End und dass sich am Ende alles zum Guten wendet.
Kleins Sprache ist schlicht, angenehm zu lesen und der Zeit, in der das Buch spielt, durchaus angemessen, wobei sie meiner Meinung nach ruhig noch etwas „altmodischer“ hätte sein können. Immer wieder zeigt die Autorin, dass sie eine Kennerin des Werkes dieses englischen Dramatikers ist, sodass man beim Lesen auch einen nicht unerheblichen Lernzuwachs erhält und animiert wird, sich mit seinem Werk (noch einmal) zu beschäftigen. Mir ging es beim Lesen jedenfalls so.
Insgesamt handelt es sich bei Lisa Kleins Roman um eine lesenswerte, interessante Neuinterpretation der Ophelia. Besonders vor dem Hintergrund der Zeit, in der „Hamlet“ spielt, erscheint das Bild dieser jungen Frau, die eher noch ein Mädchen ist, umso grandioser. Auch wenn man natürlich darüber streiten kann, ob es nötig und sinnvoll ist, klassische Literatur „neu zu schreiben“, habe ich dieses Buch mit großem Genuss gelesen und kann es nur wärmstens empfehlen.