»Ich möchte von diesem traurigen Jahr erzählen, als wäre es die schönste Zeit meines Lebens gewesen.«
Nach seinem gefeierten Debüt »Aus dem Dachsbau«, das mit dem Literaturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden ausgezeichnet wurde, erzählt TOCOTRONIC-Sänger Dirk von Lowtzow von einem Jahr des äußeren Stillstands und des inneren Aufruhrs.
Musiker_innen treten nicht mehr auf, Alben werden verschoben, Galerien, Kinos und Museen geschlossen, die Menschen sind auf die eigenen vier Wände und sich selbst zurückgeworfen. Dirk von Lowtzow inspiziert die Kunst- und Kulturszene im Stillstand, ein Leben ohne Publikum. Er flüchtet sich aufs Land, streunt über Wiesen, folgt dem Zufall und findet Wahrhaftiges. Er kartiert Wünsche, kämpft gegen Dämonen und sucht Trost in Kunst, Literatur, Filmen.
Während die Außenwelt auf wenige Orte reduziert wird, spielen sich zwischen den Fugen und Ritzen der von Lowtzow'schen Wohnung wahre Phantasmagorien ab. Was den Anschein eines Tagebuches hat, verwandelt sich in so heitere wie melancholische, in so präzise wie poetische Literatur. Dirk von Lowtzow nimmt uns mit in eine Welt, die auch die unsrige ist - und doch eine andere.
Nach seinem gefeierten Debüt »Aus dem Dachsbau«, das mit dem Literaturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden ausgezeichnet wurde, erzählt TOCOTRONIC-Sänger Dirk von Lowtzow von einem Jahr des äußeren Stillstands und des inneren Aufruhrs.
Musiker_innen treten nicht mehr auf, Alben werden verschoben, Galerien, Kinos und Museen geschlossen, die Menschen sind auf die eigenen vier Wände und sich selbst zurückgeworfen. Dirk von Lowtzow inspiziert die Kunst- und Kulturszene im Stillstand, ein Leben ohne Publikum. Er flüchtet sich aufs Land, streunt über Wiesen, folgt dem Zufall und findet Wahrhaftiges. Er kartiert Wünsche, kämpft gegen Dämonen und sucht Trost in Kunst, Literatur, Filmen.
Während die Außenwelt auf wenige Orte reduziert wird, spielen sich zwischen den Fugen und Ritzen der von Lowtzow'schen Wohnung wahre Phantasmagorien ab. Was den Anschein eines Tagebuches hat, verwandelt sich in so heitere wie melancholische, in so präzise wie poetische Literatur. Dirk von Lowtzow nimmt uns mit in eine Welt, die auch die unsrige ist - und doch eine andere.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Dirk von Lowtzow hat sich im Corona-Lockdown ein Jahr lang Zeit genommen, Erlebnisse und Skizzen aus der Zeit festzuhalten und zu einem Buch zu verarbeiten: "wie ein Mann zerfällt" ist das Thema, schreibt der angetane Rezensent Guido Graf. Vom neusten Album seiner Band Tocotronic, von der Angst vor dem Altern, aber auch von einem magisch-verwunschenen Teddybären, der mit Ausklang des Jahres 2020 wieder verschwindet, schreibt von Lowtzow hier, weiß der Kritiker. Berührt ist er vor allem davon, wie der Autor versucht, sich selbst wie von außen zu betrachten und dieses Ziel im Schreiben auch erreicht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.05.2023Gelandete Aliens
Einen Tag vor dem ersten Corona-Lockdown feiert Dirk von Lowtzow seinen neunundvierzigsten Geburtstag. "Die Tage sind ruhig und gedämpft und das Leben spielt sich unter einer Glocke ab." Der Frontmann der Band Tocotronic schreibt seinen ersten von insgesamt dreihundertsechsundsechzig Tagebucheinträgen. Von Lowtzow arbeitet sich darin an ganz unterschiedlichen Themen ab - Einsamkeit, Alkoholkonsum, Sorge um die Zukunft. Die Notizen sind nun als Buch erschienen, das denselben Titel trägt wie ein Tocotronic-Song: "Ich tauche auf". Der Autor schildert, wie ihn das Nichtstun ermüde, tagsüber lege er sich ins Bett, "nur um gleich wieder aufzustehen und alle Gegenstände in der Wohnung erneut von A nach B zu räumen". Auch an Sentenzen mangelt es nicht: "Es ist schön abzutauchen - wenn man weiß, wann man wieder auftauchen darf."
Von Lowtzow fragt sich, wie man von Nicht-Ereignissen erzählen könne. Eine probate Strategie für ihn ist es, dem Alltag eine Traumwelt gegenüberzustellen. Der Wald im märkischem Buckow wird zum Dschungel, sein Saugroboter kommt ihm vor wie ein "soeben gelandetes Raumschiff"; von Lowtzow wartet nur darauf, "wie außerirdische Besucher, klein wie Schlümpfe, aus dem UFO klettern und unsere Wohnung erobern". Zwar verfügen die Einlassungen zu einzelnen Tagen über so etwas wie eine Dramaturgie. Deren Sog allerdings wird von kurzen Gedichten oder aneinandergereihten Phrasen gleich wieder unterlaufen. Dafür kultiviert Dirk von Lowtzow auf sympathisch selbstkritische Weise Zweifel am eigenen Schreibprojekt. So fühlt sich der Leser in seiner Skepsis bestärkt, wenn es heißt: "Wenn ich diese Aufzeichnungen lese, misstraue ich mir. Zu oft habe ich erlebt, dass ich verschiedenen Leuten gegenüber völlig unterschiedliche Meinungen vertreten habe. Widerworte gebe ich meist nur aus Trotz." CARLOTA BRANDIS
Dirk von Lowtzow:
"Ich tauche auf".
Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2023.
240 S., Abb., geb.,
22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Einen Tag vor dem ersten Corona-Lockdown feiert Dirk von Lowtzow seinen neunundvierzigsten Geburtstag. "Die Tage sind ruhig und gedämpft und das Leben spielt sich unter einer Glocke ab." Der Frontmann der Band Tocotronic schreibt seinen ersten von insgesamt dreihundertsechsundsechzig Tagebucheinträgen. Von Lowtzow arbeitet sich darin an ganz unterschiedlichen Themen ab - Einsamkeit, Alkoholkonsum, Sorge um die Zukunft. Die Notizen sind nun als Buch erschienen, das denselben Titel trägt wie ein Tocotronic-Song: "Ich tauche auf". Der Autor schildert, wie ihn das Nichtstun ermüde, tagsüber lege er sich ins Bett, "nur um gleich wieder aufzustehen und alle Gegenstände in der Wohnung erneut von A nach B zu räumen". Auch an Sentenzen mangelt es nicht: "Es ist schön abzutauchen - wenn man weiß, wann man wieder auftauchen darf."
Von Lowtzow fragt sich, wie man von Nicht-Ereignissen erzählen könne. Eine probate Strategie für ihn ist es, dem Alltag eine Traumwelt gegenüberzustellen. Der Wald im märkischem Buckow wird zum Dschungel, sein Saugroboter kommt ihm vor wie ein "soeben gelandetes Raumschiff"; von Lowtzow wartet nur darauf, "wie außerirdische Besucher, klein wie Schlümpfe, aus dem UFO klettern und unsere Wohnung erobern". Zwar verfügen die Einlassungen zu einzelnen Tagen über so etwas wie eine Dramaturgie. Deren Sog allerdings wird von kurzen Gedichten oder aneinandergereihten Phrasen gleich wieder unterlaufen. Dafür kultiviert Dirk von Lowtzow auf sympathisch selbstkritische Weise Zweifel am eigenen Schreibprojekt. So fühlt sich der Leser in seiner Skepsis bestärkt, wenn es heißt: "Wenn ich diese Aufzeichnungen lese, misstraue ich mir. Zu oft habe ich erlebt, dass ich verschiedenen Leuten gegenüber völlig unterschiedliche Meinungen vertreten habe. Widerworte gebe ich meist nur aus Trotz." CARLOTA BRANDIS
Dirk von Lowtzow:
"Ich tauche auf".
Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2023.
240 S., Abb., geb.,
22,- Euro.
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»Der Tocotronic-Sänger führt Tagebuch über ein Jahr zwischen Isolation und Hoffnung. Aus der Sicht eines großen Kindes entdeckt er in seiner Umwelt fantastische Motive und gibt seltene Einblicke in sein Privatleben.« laut.de 20230316