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Erzählungen von der Kraft der Phantasie, vom sinnlichen Erfahren der Welt, vom Glück des Lesens. Wie ein roter Faden durchziehen die Geschichten von den lesesüchtigen Zwillingsschwestern den Band. Die beiden nehmen mit Hilfe der Weltliteratur (heimlich ins Bett geschmuggelt) die Welt in Angriff: den Walfang ihres Bruders, die heimliche Liebe ihrer Stiefschwester, die erotische Faszination, die ein Priesterseminarist auf sie ausübt ... Margriet de Moor, geboren 1941, studierte in Den Haag Gesang und Klavier. Nach einer Karriere als Sängerin, vor allem mit Liedern des 20. Jahrhunderts, studierte…mehr

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Produktbeschreibung
Erzählungen von der Kraft der Phantasie, vom sinnlichen Erfahren der Welt, vom Glück des Lesens. Wie ein roter Faden durchziehen die Geschichten von den lesesüchtigen Zwillingsschwestern den Band. Die beiden nehmen mit Hilfe der Weltliteratur (heimlich ins Bett geschmuggelt) die Welt in Angriff: den Walfang ihres Bruders, die heimliche Liebe ihrer Stiefschwester, die erotische Faszination, die ein Priesterseminarist auf sie ausübt ... Margriet de Moor, geboren 1941, studierte in Den Haag Gesang und Klavier. Nach einer Karriere als Sängerin, vor allem mit Liedern des 20. Jahrhunderts, studierte sie in Amsterdam Kunstgeschichte und Architektur. Sie veröffentlichte zunächst die beiden Erzählungsbände "Rückenansicht" und "Doppelporträt". Ihr erster Roman "Erst grau dann weiß dann blau" wurde ein sensationeller Erfolg und in alle Weltsprachen übersetzt. Es folgte der ebenso erfolgreiche Roman "Der Virtuose".
Autorenporträt
Moor, Margriet de
Margriet de Moor, geboren 1941, studierte in Den Haag Gesang und Klavier. Nach einer Karriere als Sängerin, vor allem mit Liedern des 20. Jahrhunderts, studierte sie in Amsterdam Kunstgeschichte und Architektur. Sie veröffentlichte zunächst die Erzählungsbände "Rückenansicht" (dtv 11743) und "Doppelportrait" (dtv 11922). Schon ihr erster Roman "Erst grau, dann weiß, dann blau" (dtv 12073) wurde ein sensationeller Erfolg und in alle Weltsprachen übersetzt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.08.1996

Wedeln mit dem Reisepaß
Unterwegs in der Moderne: Margriet de Moor knipst das Leben

Freimütig bekennt Margriet de Moor in den Anmerkungen zu einem Sammelband ihrer Erzählungen, daß sie bei der Niederschrift einen Beistand gehabt habe: das Leben selbst. Sie brauchte nur "aus der menschlichen Fülle der Ereignisse einige herauszugreifen" - der Rest, Thema, Komposition, Stil, fand sich dann von selbst. Bei der Titelerzählung "Ich träume also" sei schon der größte Teil geschrieben gewesen, ehe ihr überhaupt das Thema klar gewesen sei.

Der Leser hat denn auch im fertigen Werk lange nach einem Thema zu suchen und findet es nicht. Wer gutwillig ist, kann in diesem Mangel gar den Vorzug der Lebensnähe entdecken: Leben geht nun einmal so hin, ohne sich zu einem Thema zu fügen; bestenfalls erschwindelt sich der Mensch im nachhinein eines, wenn er anderen das Durcheinander seiner Erfahrungen und Gedanken darbieten will, als sei es Geschichte gewesen.

Spielplätze und Geschehnisse in Margriet de Moors Erzählungen sind banal: Vorstadthäuser, Schulzimmer, Antiquitätengeschäfte, Krankheit, Weihnachtsfeiern, Vergeßlichkeit im Alter. Daraus der Autorin den Vorwurf einer ästhetischen Einfallslosigkeit zu machen geht nicht an, denn ihr Mitautor, das Leben, ist nun einmal banal. Spätestens seit Joyce herrscht der Glaube, daß die alltägliche Welt das Zeug zur großen Literatur habe, wenn nur der Schriftsteller über eine gehörige Sprache verfügt, um die Banalität so zu intensivieren, daß sie zu mythischer Größe anschwillt. An dieser Begabung fehlt es nun allerdings der holländischen Erzählerin. Sie photographiert das Leben nicht einmal, sie knipst es nur. Das Banale gibt sie banal wieder, die schlichten Tatsachen konstatiert sie nicht lakonisch, sie breitet sie aus, treu und brav: ",Ich werde kommen.' Blok dankte mir kurz. Plötzlich hatte er es eilig. Wann es mir passen würde? Mittwoch. Ich rechnete nach, Bus, Zug, umsteigen, noch ein Bus. Wir verabredeten uns für Mittwoch nachmittag, drei Uhr." In dieser kleinen Szene wechseln direkte Rede, indirekte Rede, innere Rede, Bericht; doch dehnen diese bescheidenen Kunstgriffe nur die Aussage, die im letzten Satz steht: eine Verabredung für nächsten Mittwoch, drei Uhr. Die Detailangaben über den Fahrplan - "Bus, Zug, umsteigen, noch ein Bus" - bringen der Erzählerin ein paar Zeilen ein, den Leser kosten sie Lebenszeit, ohne daß er daraus Einsicht, Erregung oder Vergnügen gewinnt.

Absichtslos - denn Erfolge lassen sich nicht planen - hat Margriet de Moor einen Erzählstil gewählt, den Kompromiß zwischen Alt und Neu, der an niemanden Ansprüche stellt. Im konventionellen Realismus ihrer kleinbürgerlichen Welt kann jeder sein eigenes, vertrautes Dasein wiedererkennen und es zugleich vom Glanz der Poesie verklärt sehen. Ein paar moderne Techniken jedoch - Perspektivenwechsel, Bewußtseinsstrom (man sollte lieber von einem Bewußtseinsbächlein sprechen), Zitate aus der Umgangssprache - geben dem Leser die Gewißheit, daß er nicht von gestern ist. Die Mischung der Töne, je nach Gelegenheit, führt zu Widersprüchen, zu logischen wie ästhetischen, die gern für avantgardistische Destruktion genommen werden.

Schreibt eine fiktive Erzählerin, in der Rolle einer alten Frau, einen so hochstilisierten Satz wie den folgenden: "Wir hatten spitze Gesichter, weitsichtige Augen und Haare, die einen teuren Friseur jeden Monat wieder aufseufzen ließen: ,Außergewöhnlich, meine Damen, ganz außergewöhnlich . . .', während er uns im Spiegel einen Blick zuwarf, der uns eindeutig an das zurückdenken ließ, woran wir unser Leben lang gewöhnt gewesen waren und was sich erst vor ganz kurzer Zeit geändert hatte in: abgelebt, alt", so darf nicht dieselbe Dame wenige Seiten danach im burschikosen Umgangston notieren: "Ein Typ mit Baskenmütze rutschte ein Stück, um uns Platz zu machen . . . Wir bestellten Mandelkringel. Und noch einmal, weil es jetzt gratis war, Kaffee." So nachlässig gebraucht zwar die mündliche Rede die Wörter, nicht aber ein ambitionierter Lebensbericht, zu dem die Dame zunächst einmal angesetzt hatte. Margriet de Moor mag in solchen rhetorischen Widersprüchen das widerspruchsvolle Leben selbst am Werk sehen, doch ereignen sie sich zu planlos, als daß man darin Kunstverstand vermuten möchte.

Eine halbe Sache kann zu einem doppelten Erfolg führen. Dem breiten Publikum gefallen diese Erzählungen als Berichte aus dem vollen Menschenleben; die Schranken der ernsthaften Literaturkritik aber passiert die Autorin mühelos, weil sie einige Modernitätssignale wie einen Reisepaß hochhebt. Passe par tous. HANNELORE SCHLAFFER

Margriet de Moor: "Ich träume also". Erzählungen. Aus dem Holländischen übersetzt von Helga van Beuningen. Carl Hanser Verlag, München 1996. 191 S., geb., 34,- DM.

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