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Mouse erwacht in Betten fremder Männer, ohne sich an den Weg dahin erinnern zu können. Andrew hingegen teilt seinen Körper mit einem sexbesessenen Teenager, einer tollen Tante, grummeligen Cousins und anderen Gestalten. Mit großem Einfühlungsvermögen und schrägem Humor erzählt Matt Ruff die Geschichte zweier junger Menschen mit multipler Persönlichkeitsstörung. Mit jeder Menge Begleitpersonal brechen die beiden zu einem wilden Road Trip in ihre verstörende Vergangenheit auf ...
Wie flieht man ein Haus voller Geister, wenn sich das Haus im eigenen Kopf befindet? Die klinische Diagnose von
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Produktbeschreibung
Mouse erwacht in Betten fremder Männer, ohne sich an den Weg dahin erinnern zu können. Andrew hingegen teilt seinen Körper mit einem sexbesessenen Teenager, einer tollen Tante, grummeligen Cousins und anderen Gestalten. Mit großem Einfühlungsvermögen und schrägem Humor erzählt Matt Ruff die Geschichte zweier junger Menschen mit multipler Persönlichkeitsstörung. Mit jeder Menge Begleitpersonal brechen die beiden zu einem wilden Road Trip in ihre verstörende Vergangenheit auf ...
Wie flieht man ein Haus voller Geister, wenn sich das Haus im eigenen Kopf befindet?
Die klinische Diagnose von Penny und Andrew, den Protagonisten von Matt Ruffs Roman, lautet Multiple Persönlichkeitsstörung. Andy hat für seine "Seelen" im Kopf ein Haus errichtet und versucht, sie dort in Schach zu halten. Das gelingt ihm halbwegs, bis er Penny trifft.
Auf der Suche nach den Ursachen der Krankheit gerät die LeserIn mit auf einen schrägen und manchmal zum Brüllen komischen Roadtrip quer durch Amerika und durch die merkwürdige und manchmal schreckenerregende Landschaft der menschlichen Psyche. Mit großem Einfühlungsvermögen zeichnet Matt Ruff die Welt zweier verstörter junger Menschen, denen am Ende vielleicht doch noch geholfen werden kann. Und wie Penny will die LeserIn herausfinden, "wie man das Böse anerkennt, ohne davon aufgefressen zu werden".
Autorenporträt
Matt Ruff wurde 1965 in New York geboren und wuchs als Sohn eines lutheranischen Pfarrers in Queens auf. Er studierte bei Alison Lurie und schloß 1987 sein Studium an der Cornell University, Ithaca, ab. 1991 erschien die deutsche Ausgabe seines Erstlingswerks 'Fool on the Hill'.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.09.2004

Siebzehn Persönlichkeiten in einem Körper sind keine zuviel
Wahrsinn aus dem Wahnsinn: In seinem dritten Roman untersucht Matt Ruff, wieviele Seelen in mancher Brust wohnen - und was sie dort anrichten

Es sind die Zeiten und die Erzählperspektiven, die Andrew Gage und Penny Driver unterscheiden. Andrew erzählt im Rückblick, also im Präteritum, aber als gefestigter Charakter steht sein Bericht in der Ichform. Penny dagegen steckt noch mitten in der Sache drin, Präsens ist demnach ihre Zeit, und als diejenige, die ihre Persönlichkeit erst finden muß, wird über sie erzählt, deshalb haben die Kapitel, in deren Mittelpunkt sie steht, einen abstrakt-auktorialen Erzähler. Andrew ist Herr seiner Geschichte, Penny ist Getriebene der ihren.

Die Protagonisten von Matt Ruffs Roman "Ich und die anderen" eint bei allen oberflächlichen Unterschieden, die das Buch durch Form und Handlung vorgibt, eine Eigenschaft: Beide sind multiple Persönlichkeiten, bedingt durch traumatische Erfahrungen mit ihren Eltern. Aus Selbstschutz brachten die Kinder weitere "Seelen" hervor, die in Krisensituationen die Kontrolle über den jeweiligen Körper übernahmen. Allerdings beanspruchten diese Seelen neben dem akuten Krisenmanagement immer mehr Körperzeit, denn sie sind vollwertige Persönlichkeiten, deren Interessen sich fundamental unterscheiden. So leben in Andrew und Penny ganze Gesellschaften von Seelen, wobei das deutsche Wort nicht den Beiklang des englischen "souls" haben kann, das auch als Begriff bei der numerischen Erfassung der Einwohnerschaft eines Ortes gängig ist.

Der deutsche Titel des Buches spielt dafür mit dem Rimbaudschen Diktum "Ich ist ein anderer", denn das ist die zentrale Erfahrung, die Penny laufend erdulden und die Andrew erst noch erlernen muß. Der Roman beschreibt eine gegenläufige Bewegung: Der bodenständige Andrew, den seine Nebenpersönlichkeiten als ihren Botschafter nach außen hin weitgehend akzeptiert haben, wird doch noch mit dem Chaos einer Persönlichkeitsspaltung konfrontiert, zu deren Behebung er überhaupt erst im Zuge einer psychoanalytischen Behandlung ins Leben gerufen worden ist (als letztes Krisenmanagement sozusagen). Und Penny, die nie den Frieden genießen durfte, der in Andrews Körper gewahrt zu sein scheint, wird die Konkurrenz ihrer Persönlichkeiten einer radikalen Lösung zuführen müssen, um gleichfalls ein einziges Ich zu gewinnen. Im amerikanischen Original wird dieses Bemühen in einen Befehl gekleidet: "Set This House In Order" lautet sein Titel. Darum drehen sich die fast sechshundert Seiten dieses Romans, es wird kräftig entrümpelt und aufgeräumt.

"Das Haus" ist dabei ein gedankliches Konstrukt, das es an multipler Persönlichkeitsstörung Leidenden möglich macht, eine Heimstatt in ihrem Körper zu schaffen, in der eine strikte Hausordnung gilt, die regelt, wer wann die Herrschaft über den Körper ergreifen darf. Dadurch wird eine Verläßlichkeit in den Alltag gebracht, die unerläßlich ist, wenn man außerhalb geschlossener Anstalten sein Leben führen will. Aber wer ist "man"? Bei Penny heißen die anderen Ichs Maledicta und Malefica, Loins und Duncan, viele andere lernen wir gar nicht erst kennen. Von Andrews "Haus" wiederum existiert ein Zimmerplan, so daß wir die siebzehn wichtigsten Persönlichkeiten auflisten können. Aber es gibt dennoch Überraschungen.

Den Wechsel von einer zur anderen Persönlichkeit innerhalb einer Figur zu beschreiben ist eine Kunst, in der sich die Literatur bislang noch nicht geübt hat. Matt Ruff jedoch, neununddreißigjähriger Romancier aus Seattle, bringt die besten Voraussetzungen dafür mit, denn seine beiden Vorläuferbücher fielen so gegensätzlich aus, daß man zumindest eine multiple Autorenpersönlichkeit annehmen mochte. "Fool on the Hill" von 1988 war ein postmodernes Spiel mit Göttern und Menschen, Zauber und Humbug, Hund und Katze und viel schriftstellerischer Selbstreflexion, "G.A.S." (1997) dagegen eine wilde Komödie, die ihre Helden in die Kanalisation von New York und in die Abgründe einer großen Verschwörung führte. Beide einte indes das erstaunliche Talent ihres Autors.

Das ist auch in "Ich und die anderen" unüberlesbar. Wie es Ruff gelingt, die Einbrüche anderer Persönlichkeiten mitten in die Handlung zu schildern, das ist nicht einfach durch eine Zäsur zu beschreiben. Bisweilen geschieht es mitten im Satz, und es obliegt der Findigkeit des Lesers zu bestimmen, wer nun den Körper in der Hand hat. Das neue Buch beruht demnach noch mehr als die anderen auf Montagekunststücken, deren simpelstes, aber durchaus effektives der zunächst buch-, dann kapitel- und schließlich abschnittweise Wechsel zwischen den Erzählperspektiven der beiden Protagonisten ist. Wobei sich dieses Schema im vorletzten und längsten Kapitel besonders dynamisiert, wenn plötzlich beider Standpunkte einander im fliegenden Wechsel ablösen und schließlich im letzten Kapitel Penny zum erstenmal in die Ichform wechselt und damit die so ersehnte Souveränität erlangt. Es spricht für Ruffs Geschick, daß er diesen Augenblick der Erlösung bis zum letzten Moment hinauszögert.

Doch das Buch macht es sich nicht nur technisch schwer - und uns die Lektüre trotzdem um so leichter -, sondern es überrascht auch mit seinem Schluß, der nicht, wie lange zu befürchten ist, in der bloßen Auflösung eines an die Biographie Andrews gebundenen Kriminalfalls besteht. Ruff gelingt es auch hier meisterhaft, falsche Spuren zu legen; Erzählfäden verlaufen sich, reißen ab, die Irrwege, die die beiden Protagonisten im Innern absolvieren müssen, muß der Leser als Beobachter der äußeren Handlung durchwandern. Dabei läuft das Buch in dem Augenblick, wo sich Andrew und Penny gemeinsam auf eine Tour von Autumn Creek, Washington, nach Seven Lakes, Michigan, begeben, Gefahr, ins eingefahrene Schema eines Road-Romans zu verfallen, doch die kühle Konsequenz, mit der Ruff einfach über das erwartbare Ende hinauserzählt, verleiht dem Roman eine Ambivalenz, die auf der simplen Tatsache beruht, daß uns die verschiedenen Persönlichkeiten in den zwei Akteuren fast ausnahmslos ans Herz gewachsen sind und wir ungern etliche davon scheiden sehen.

Denn was im Laufe der bisweilen brüllkomischen und dann wieder tieftraurigen Geschichte leicht aus dem Blick gerät, ist das Leid, das Andrew und Penny zu erdulden haben. Ruff macht beider Persönlichkeitsvielfalt zu einem so selbstverständlich erzählten Motiv, daß eher die Berufskollegen, Analytiker, Polizisten oder sonstige Passanten als anomal erscheinen. Dabei stecken in Figuren wie Andrews Vermieterin Mrs. Winslow oder seiner Analytikerin Dr. Grey ganze eigene Romane, die Ruff gerade einmal mit einigen Passagen andeutet. Nur Andrews Chefin Julie ist schieres Klischee, und es kann kaum überraschen, daß sie dem Buch auf halber Strecke beinahe unbemerkt verlustig geht.

Wie Ruff diesen gigantischen Frauenroman - und das ist er entgegen dem ersten Anschein ganz und gar - angelegt hat, das ist bemerkenswert für einen männlichen Autor, dem die schiere Personenvielfalt in zwei Körpern wohl noch nicht genug Herausforderung war. Wie hier auf höchstem literarischem Niveau Unterhaltungslektüre entsteht, ist ein Kunststück, das man auf dem Jahrmarkt darbieten könnte: "Ich und die anderen" ist eine Abenteuerfahrt durch das, was man gerne als Wahnsinn abtut und bei Ruff die Bezeichnung Wahrsinn verdient hätte.

Matt Ruff: "Ich und die anderen". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Giovanni und Ditte Bandini. Hanser Verlag, München 2004. 600 S., geb., 24,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Frank Schäfer hatte seinen Spaß an Matt Ruffs neuem dickleibigen Roman "Ich und die anderen". Er findet, dass Ruff sich sehr geschickt seine Versiertheit als Plotter zunutze macht, um den Leser in das Innenleben gespaltener Personen zu versetzen und so das Wesen einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung zu veranschaulichen. Dabei zeigt sich: diese Form von Erkrankung ist in erster Linie "eine kreative Leistung". Ein "menschenfreundlicher" Standpunkt also, den Ruff einnimmt. Es gibt gleichwohl natürlich viel Gewalt in dem Roman, in den verschiedensten Formen, körperlich, sexuell, seelisch. Zwei multiple Persönlichkeiten machen sich auf zu den Ursprüngen ihres Leidens. "Roadtrip" nennt Schäfer dies. Die Handlung wird aus wechselnden Blickwinkeln dieser beiden Protagonisten - und von deren alter egos - präsentiert. Das sorgt für Abwechslung, nutzt sich aber auch ab mit der Zeit, wird zur Masche, so dass der Rezensent meint, ein paar Seiten weniger hätten es womöglich auch getan. Aber wie auch immer - eine Empfehlung, das in jedem Fall.

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