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"Ich war ein Junkie. Und BILD meine Droge." Kai Diekmann
16 Jahre lang hat der Chefredakteur der BILD bestimmt, worüber Deutschland spricht - jetzt spricht er erstmals selbst
Als am längsten amtierender Chefredakteur der BILD-Zeitung setzte Kai Diekmann Tag für Tag die Themen, die das Land bewegten. Die Mächtigen der Republik gaben sich in seiner Redaktion die Klinke in die Hand, vertrauten sich ihm an, stachen Staatsgeheimnisse zu ihm durch - oder redeten sich auf seiner Mailbox um Kopf und Kragen. Von Boulevard bis Staatsaffäre: Kai Diekmann wusste immer, wo in den Ereignissen die…mehr

Produktbeschreibung
"Ich war ein Junkie. Und BILD meine Droge." Kai Diekmann

16 Jahre lang hat der Chefredakteur der BILD bestimmt, worüber Deutschland spricht - jetzt spricht er erstmals selbst

Als am längsten amtierender Chefredakteur der BILD-Zeitung setzte Kai Diekmann Tag für Tag die Themen, die das Land bewegten. Die Mächtigen der Republik gaben sich in seiner Redaktion die Klinke in die Hand, vertrauten sich ihm an, stachen Staatsgeheimnisse zu ihm durch - oder redeten sich auf seiner Mailbox um Kopf und Kragen. Von Boulevard bis Staatsaffäre: Kai Diekmann wusste immer, wo in den Ereignissen die Schlagzeile für die nächste Ausgabe zu finden war. In Ich war BILD erzählt er die Geschichten hinter diesen Schlagzeilen - und wie sie ihn und die Republik verändert haben.

In Ich war BILD gibt Kai Diekmann exklusive Einblicke hinter die Kulissen von Europas auflagenstärkster Boulevardzeitung. Er erzählt vom legendären Telefonanruf Wulffs und dessen langem und tiefen Fall, von Putins Badehose und Erdogans Ausfälligkeiten, von der tiefen Freundschaft zu Helmut Kohl und den mit Hingabe ausgetragenen Feindseligkeiten mit Schröder und der linken taz, von der Abhöraffäre Wallraff und dem einzigen Interview, das Trump je einem deutschen Journalisten gab.

Als Macher und Blattmacher erzeugte Diekmann jede Menge Gegenwind: Er schmeichelte, lobte, umgarnte, kritisierte und vernichtete, er pflegte überraschende Freundschaften und tiefe Feindschaften - und aus dem einen wurde manchmal auch das andere. Über Jahrzehnte hat er Begegnungen und Ereignisse dokumentiert, Tagebuch geführt, Gesprächsnotizen angefertigt, Briefe und E-Mails aufbewahrt - ein privates Archiv voller Aufzeichnungen und Dokumente, die dieses Buch erstmals zugänglich macht.

Ich war BILD ist eine überraschend andere Geschichte der Berliner Republik, eine rasante Erzählung voller Enthüllungen, auf der Basis bislang unbekannter Quellen, üppig illustriert mit noch nie gesehenen Fotos und Dokumenten.
Autorenporträt
Kai Diekmann, geboren 1964, interviewte bereits 1982 als Bielefelder Gymnasiast Helmut Kohl für die von ihm gegründete konservative Schülerzeitung. Während seiner Bundeswehrzeit gelang ihm mit einem Praktikum beim Axel Springer Verlag der Einstieg in den Journalismus. Von 1998 bis 2000 war Diekmann Chefredakteur der WELT am SONNTAG, von Januar 2001 bis Januar 2017 an der Spitze von BILD. In diese Zeit fielen viele Ereignisse, die Deutschland bewegten: der Skandal um Christian Wulff, Putins Invasion der Krim, Angela Merkel und das Flüchtlingsdrama, der Tod von Altkanzler Kohl. Kai Diekmann selbst wurde zum Anschlagsziel von Extremisten. Er ist einer der Mitgründer der Social-Media-Agentur Storymachine und lebt mit seiner Familie in Potsdam.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Michael Hanfeld lernt Ex-Bildchef Kai Diekmann in seinem Buch als Vollprofi kennen. Wie Diekmann etwa von seiner Freundschaft mit Helmut Kohl erzählt, von dessen Klasse und von der Kleinkariertheit der Kohl-Söhne, wie er seine Fehde mit der taz mit lässigem Humor nachzeichnet oder von Morddrohungen gegen seine Familie berichtet, das bietet laut Hanfeld Privat- und Zeitgeschichte. Allerdings liest er das Buch des Öfteren gegen Strich, als Geschichte von Irrtümern (so wenn es um die Beziehung des Autors zu Putin geht). Hier erscheint ihm ein Diekmann ohne Gel im Haar, mit "lockiger Naturkrause".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.05.2023

Diekmann und wie er die Welt sieht

Getrieben von manischem Enthüllungsdrang: Der frühere Chefredakteur der "Bild"-Zeitung hat seine Memoiren geschrieben. Es ist glücklicherweise kein reines Angeberbuch geworden. Vielmehr taugt es als Zeitgeschichte der Irrtümer.

Es fehlte nicht viel, und dieses Buch wäre nie geschrieben worden. Dann hätte Kai Diekmann gar nichts zu erzählen gehabt. Er wäre nicht der dienstälteste Chefredakteur der "Bild"-Zeitung geworden, der sich im Dezember 2016, nach sechzehn Jahren, von seiner Redaktion, von seiner "Familie" verabschiedet. "Es war mir eine Ehre", sagt er, schwer angefasst, und senkt den Kopf. Und dann, als er eigentlich schon weg ist, setzt der "Terrier", der "Bohrer" und "Krawallheini" noch seinen letzten Scoop. "We have President Trump for you!!!", lautet die SMS. Und tatsächlich bekommt Diekmann das Interview mit dem neuen amerikanischen Präsidenten, der Journalisten für gewöhnlich verabscheut: Trump pur, so wie ihn die ganze Welt in den kommenden Wochen kennenlernen wird. Ein Bombeninterview. Was für ein Abgang. Besser geht es nicht. "Wann ist der richtige Zeitpunkt abzutreten? Jetzt."

Zu dieser Geschichte, die uns Kai Diekmann in seinem Buch "Ich war Bild" ganz zum Schluss erzählt, wäre es fast nicht gekommen. Und zwar nicht, weil er seine Karriere als "Bild"-Chef mit einer kapitalen Pleite begann. Die bestand darin, dass das Boulevardblatt am 29. Juni 2001, da war Diekmann 36 Jahre alt und seit 28 Tagen im Amt, ein Bild des damaligen Umweltministers Jürgen Trittin brachte, in dessen Beschreibung von einer Demonstration vermummter Autonomer, einem "Schlagstock" und einem "Bolzenschneider" die Rede ist. Das allerdings war, wie Diekmann nach dem Erscheinen schnell klar wird, "blanker Unsinn". Ein Handschuh und ein Seil sind zu sehen. Diese Panne hätte dem frischbestallten Chefredakteur zum Verhängnis werden können. Als "Dead man walking" habe er sich gefühlt, lässt er uns wissen. Der Marsch durch die Institution "Bild" ging dann aber noch eine ganze Weile weiter.

Das Aus für Diekmann hätte indes schon viel früher kommen können. 1997 nämlich, als Springer noch nicht der von Mathias Döpfner geführte Konzern mit der Verlegerwitwe Friede Springer und amerikanischen Finanzinvestoren war, sondern dort ein interner Machtkampf mit dem Großaktionär Leo Kirch tobte. Dem damaligen Springer-Vorstandschef Jürgen Richter kam dieser junge Ehrgeizling Diekmann gefährlich vor und so - warf er den damaligen Politikchef und stellvertretenden Chefredakteur der "Bild" kurzerhand raus. Der ging erst einmal auf Abstand und tourte in einem "alten Ford Bronco", wie er sich erinnert, durch Panama, als sich das Blatt, auch durch das Zutun seines Mentors Pepe Boenisch, wendete: Richter flog raus, Diekmann kam zurück.

Dass ein Journalist sich mit einem Vorstandschef anlegt und nicht der Angestellte, sondern der Boss fliegt, der meinte, er könne mal eben in die Redaktion reinregieren, geschieht nicht alle Tage. Kai Diekmann flicht das in seinem Fall allerdings sehr geschickt und en passant als Randnotiz ein. Dabei dürfte er in dieser existenziellen Lage mehr als eine Lektion für sein gesamtes Berufsleben gelernt haben: Nicht der erste Aufschlag bringt den Sieg, man muss auf jeden miesen Trick gefasst sein, auf Täuschung und üble Nachrede, braucht Nehmerqualitäten, Ausdauer, die richtigen, verlässlichen Verbündeten und vor allem - davon ist in diesem Buch viel die Rede - Vertrauen.

Vertrauen hat Diekmann im Laufe seiner Karriere auch bei denen aufgebaut, die er als Gegner ansah. Zu Gerhard Schröder zum Beispiel, der bekanntlich mit "Bild, BamS und Glotze" zu regieren können meinte, in Wahrheit aber - wie die SPD insgesamt - vor allem davon zehrte, dass die "Bild" auf ihn eindrosch und er auf die Zeitung. Oder zu Günter Wallraff, dem Mann, "der bei ,Bild' Hans Esser war"; der offenlegte, mit welch brutalen Methoden das Boulevardblatt zu seinen Geschichten kam und der von dessen Kölner Redaktion - wahrscheinlich unter tätiger Mithilfe des Verfassungsschutzes - eine Zeit lang abgehört wurde. Wer es noch nicht wusste, erkennt hier: Wallraff und Diekmann sind sich in ihrem manischen Enthüllungsdrang sehr ähnlich.

Diekmanns Vertrauensverhältnis zu Helmut Kohl indes ist von einzigartiger Qualität. Das Kapitel über den verstorbenen Altkanzler zeugt von tiefer Freundschaft, von einer fast familiären Verbundenheit, welche den beiden Söhnen Kohls einen Platz als Unwürdige der Geschichte zuweist, denen es immer nur ums Geld gegangen sei und deren kleinkariertes Gehabe der Größe ihres Vaters Hohn spricht. Dass Walter Kohl im "Spiegel" Diekmann "zynische und unwahre" Unterstellungen und eine "tendenziöse, unvollständige und einseitige Darstellung unserer Familiengeschichte" vorwirft, verwundert nicht.

Das Bild wiederum, das Diekmann von dem früheren Bundespräsidenten Christian Wulff zeichnet, hat sich nicht verändert. Auch Wulff erscheint ihm bis heute als unwürdige Figur, als jemand, der das Amt nie ausgefüllt und begriffen habe, sich größenwahnsinnig und unbelehrbar aufführte, seinen loyalen und gestählten Pressesprecher Olaf Glaeseker verschliss, ganz allein an seinem Niedergang schuld war und schließlich den fatalen Fehler beging, Diekmann am 12. Dezember 2011 um 18.19 Uhr auf die Mailbox zu sprechen, die "Bild" möge mit der Geschichte über den Kredit für sein Privathaus noch warten, man könne dann immer noch besprechen, "wie wir den Krieg führen", der "Rubikon" sei überschritten.

Diesen Anruf setzte Diekmann nicht gleich in seine eigene Zeitung, das taten andere für ihn. Den ersten Hinweis darauf gab die F.A.Z. Für sich behalten hatte Diekmann die Nachricht, für die sich Wulff anschließend entschuldigte, nämlich nicht. Er fragte den Chefredakteur der "Zeit", Giovanni di Lorenzo, und den verstorbenen Mitherausgeber der F.A.Z., Frank Schirrmacher, um Rat und spielte solchermaßen über Bande. Für Wulff war das der Anfang vom Ende, das Diekmann bis heute für folgerichtig hält.

Das Wulff-Kapitel, das bei Diekmann "Ziemlich beste Feinde" heißt, ist das schwächste des Buchs. Denn ausgerechnet hier lässt Diekmann Qualitäten vermissen, die er vom Journalismus fordert und die er sich selbst bescheinigt: das eigene Tun zu hinterfragen, sich in die Lage des Gegenübers zu versetzen, nicht mit dem Rudel zu jagen, wie es viele Journalisten tun, nicht zu feige sein, einen abweichenden Standpunkt einzunehmen, selbst im stärksten Schlagzeilengewitter innezuhalten und - sei es im Nachhinein -, eigene Fehler zu erkennen und zu benennen.

Nicht nur Politikern fällt es schwer, Fehler zuzugeben, Journalisten sind ihnen darin ähnlich. Wer glaubt, Diekmann habe nicht gewusst, wie die Sache mit Wulff laufen würde, müsste spätestens bei dem Foto stutzig werden, das den "Bild"-Chef im Flugzeug mit Satellitentelefon zeigt, wie er auf dem Weg nach New York (da muss er irgendwie dauernd hin) mit der Redaktion in Sachen Wulff telefoniert. Und wer glaubt, beim Rücktritt Wulffs habe die Presse (F.A.Z. und der Verfasser inbegriffen) eine allein rühmliche Rolle gespielt, verdrängt, wie die Treibjagd damals wirklich aussah.

Das ist im Falle von Kai Diekmann vielsagend. Und es ist erstaunlich, bezeugt er in weiteren Kapiteln doch, dass er nicht meint, die Weisheit mit Löffeln verspeist zu haben. Und er offenbart, wie das im Boulevardjournalismus so läuft - mit den vermeintlich heimlich aufgenommenen Pseudoprivatfotos von Prominenten zum Beispiel. Er produziert Merksätze, die sich jeder in diesem Beruf hinter die Ohren schreiben kann, weist den berühmten Spruch von Hanns Joachim Friedrichs, dass sich ein Journalist mit keiner Sache gemein mache, auch nicht mit einer guten, als Unfug und verlogen aus und beweist Größe durch Humor im Umgang mit der "taz", die sich zumeist witzfrei an ihm und an der "Bild" abarbeitete und schließlich eine sechzehn Meter hohe Skulptur seines Gemächts an der Fassade hängen hatte, was Diekmann mit lässigem Unernst quittiert.

Im persönlichsten Kapitel von "Ich war Bild" geht es um die Bedrohung, der Diekmann und seine Familie ausgesetzt waren. Linksextremisten zündeten den Privatwagen der Diekmanns an, Islamisten formulierten einen Fatwa-ähnlichen Mordaufruf. Der Brandanschlag zeigte, wie kurz der Weg vom hetzerischen Wort zur verbrecherischen Tat sein kann, über die Satiriker gleichwohl noch Witze rissen.

Erstaunlich ist, dass Diekmann bei dem Versuch, eigene und solche Irrtümer zu ergründen, die große Teile der deutschen Publizistik und Politik im Umgang mit Wladimir Putin begangen haben, im Kreis geht. Auch Diekmann ließ sich von Putin beeindrucken. Freimütig beschreibt er die Show, die der russische Machthaber zunächst als vermeintlicher Friedensstifter bei Interviews abzog (er lud Diekmann zum Jetskifahren ein, und der zwängte sich tatsächlich in eine Badehose) und die sich allmählich ins Despotische wandelte. Doch misst Diekmann jenen Parolen nachhaltig Bedeutung zu, mit denen Putin den Angriffskrieg gegen die Ukraine begründet und die er selbst im Gespräch mit Michail Gorbatschow hört: Der Westen sei schuld, er habe das Vertrauen Russlands mit der NATO-Osterweiterung missbraucht. Dabei ist Putin schon mit Mord an die Macht gekommen, als Kai Diekmann Chefredakteur wurde.

Er wolle keine Anekdoten ausbreiten, schreibt Diekmann, sondern "Geschichten, die Geschichte erzählen. Zeitgeschichte". Das gelingt ihm. Er macht nicht mehr den dicken Max mit gegeltem Haar, das seine lockige Naturkrause an den Schädel pappt, mit Dandy- oder Kampfmodusattitüde. Inszenieren und schreiben kann er, das musste ihm die frühere "Bild"-Kollegin Doris Schröder-Köpf (der er da und dort einen mitgibt) nicht erst beibringen, seine Ehefrau Katja Kessler dürfte, was Diekmann zugibt, als Lektorin eine bedeutende Rolle gespielt haben.

Lohnenswert ist die Lektüre vor allem als Zeitgeschichte der Irrtümer. Diese reicht bis in die jüngste Gegenwart heran, zu der auch gehört, dass es die "Bild"-Zeitung, die Kai Diekmann "war", heute nicht mehr gibt. Was früher "Bild" war, sind heute "Spiegel", Böhmermann und Reschke. Den Gossip des Tages verbreiten Tausende Nichtchefredakteure in Echtzeit und machen vor Hetze nicht halt. "Bild" und Springer machen derweil nicht mehr selbst Skandalschlagzeilen, sie sind vor allem deren Gegenstand. Die Zeit nach ihm bei "Bild" sei "Stoff für ein nächstes Buch. Warten Sie es ab", raunt Diekmann am Ende seiner ganz und gar subjektiven Zeitreise als Cliffhänger. Der Mann ist Profi, das muss man ihm lassen. MICHAEL HANFELD

Kai Diekmann: "Ich war Bild". Ein Leben zwischen Schlagzeilen, Staatsaffären und Skandalen.

Deutsche Verlags-Anstalt, München 2023. 544 S., Abb., geb., 34,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Die Erosion von Macht, die Bedeutung zwischenmenschlicher Verbindlichkeiten, die Verblendung durch Status und das schnelle Leben, die Frage nach Männlichkeit und dem, was einen guten Vater ausmacht - das sind nur einige der Themen, die in diesem intensiven, für Autor und Publikum gleichermaßen schonungslosen Buch verhandelt werden.« Nils Minkmar, Süddeutsche Zeitung