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Während ein Zug durch das von Unwetter überschwemmte Rhonetal saust, denkt sich eine reisende Schriftstellerin Geschichten über ihre Mitreisenden aus. Nur machen sich die ausgedachten Personen bald selbständig und gehen eigene Wege. Wechseln ins Leben und wieder zurück in ihre Geschichte. Ein vergnügtes literarisches Spiel, in dem Fiktion und Realität kräftig durcheinandergewirbelt werden.

Produktbeschreibung
Während ein Zug durch das von Unwetter überschwemmte Rhonetal saust, denkt sich eine reisende Schriftstellerin Geschichten über ihre Mitreisenden aus. Nur machen sich die ausgedachten Personen bald selbständig und gehen eigene Wege. Wechseln ins Leben und wieder zurück in ihre Geschichte. Ein vergnügtes literarisches Spiel, in dem Fiktion und Realität kräftig durcheinandergewirbelt werden.
Autorenporträt
Birgit Vanderbeke, geb. 1956 im brandenburgischen Dahme, lebt im Süden Frankreichs. 1997 erhielt sie den Kranichsteiner Literaturpreis, 1999 den Solothurner Literaturpreis für ihr erzählerisches Gesamtwerk sowie den Roswitha-Preis, 2002 wurde ihr der Hans-Fallada-Preis verliehen, 2007 erhielt sie die Brüder-Grimm-Professur an der Kasseler Universität.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.01.1996

Weißen Whisky trink' ich nicht
Birgit Vanderbeke ist für die Emanzipation der Romanfigur

Eine späte Erzählung E.T.A. Hoffmanns - "Die Geheimnisse" von 1821 - beginnt mit dem empörten Brief einer Figur aus einer früheren Geschichte Hoffmanns an ihren Schöpfer. Im Verlauf der Handlung tritt nun auch der Kammergerichtsrat Hoffmann persönlich auf und mischt sich ganz unmittelbar unter die Gestalten seiner poetischen Phantasie. Solche Vertauschungen der Realitäten, die Auflösung aller Grenzen zwischen dem Dichter und seinen Geschöpfen waren in der Romantik beliebt und wurden auch von Jean Paul geschätzt.

Der Einfall Birgit Vanderbekes, Jahrgang 1956, eine Schriftstellerin mit einer von ihrer Phantasie geschaffenen Figur zu konfrontieren, ist also nicht sonderlich originell. Natürlich hat sie recht, und jeder Romancier wird es bestätigen: Die ersonnenen Figuren haben die Gewohnheit, sich im Verlauf des Schreibens zu verselbständigen, und am Ende entsprechen sie nicht immer der Ausgangsidee. Richtig: Da wird eben weißer Whisky getrunken, weil die Autorin es sich in den Kopf gesetzt hat, es gebe dieses Getränk und müsse serviert werden. Und auch richtig: Später mucken die Trinkenden gegen den nicht existenten weißen Whisky auf.

Solche Späße sind billig zu haben. Die ersonnene Figur soll von ihrer Erfinderin in einem Zugabteil ermordet werden, aber da sitzen zwei Schweizerinnen, die als lästige Zeugen zu entfernen sind, was Anlaß gibt zu ein paar matten Scherzen über die Schweiz und ihre Bewohnerinnen. Später wird die Figur Viszman, die ermordet sein sollte, der Erzählerin näherkommen und als Mordopfer aus dem Blick geraten, dafür taucht der obskure Barbagelata auf, der - das stand zu befürchten - mit der Mafia zu tun hat.

Die Ermordung Trotzkis wird eingehend bedacht, Viszman liest ein Buch über Tahiti, was seine Begleiterin an die "Minderheit konsequenter Diderot-Leser" denken läßt. Weshalb Diderot? Na klar, kennen wir doch alle "Supplément au voyage de Bougainville". Was das mit Tahiti zu tun hat? Nie gehört? Macht nichts, zum Verständnis trüge das ohnehin nichts bei. Gewiß, man begreift es schon: Die Figuren sollen immer mehr ihren papiernen Ursprung verlassen und ins wahre Leben treten und somit der Macht ihrer Schöpferin entkommen, ja offenbar zu deren richtigen Komplizen werden. Nur hätte sich dieser famose Einfall auf einem Drittel des jetzigen Umfangs ausmalen lassen, vielleicht als ein Allegretto scherzando in einem Band mit anderen Geschichten.

Der "gute Hff.", schreibt E.T.A. Hoffmann über sich am Schluß seiner eingangs erwähnten Erzählung, hat sich "durch ein abscheuliches Gaukelspiel auf schnöde Weise" von seinen Figuren mystifiziert gefunden. Der Birgit Vanderbeke scheinen sie eher etwas aus der Fassung geraten zu sein, emporgeschossen zu lebensgroßen Pappkameraden. Das wäre ja nicht weiter schlimm, wenn ihre Gestalten dabei auch nur halbwegs so interessant wären wie die des "guten Hff.". ECKART KLESSMANN

Birgit Vanderbeke: "Ich will meinen Mord". Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 1995. 128 S., geb., 28,- DM.

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