Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 2,00 €
  • Broschiertes Buch

Idoru - das sind virtuelle Wesen, computergenerierte Popstars mit Millionen von Fans rund um die Welt. Die wunderschöne Rei Toei ist das bisher perfekteste dieser Geschöpfe, so perfekt, daß sie alles daran setzt, die Grenzen des Cyberspace zu überwinden.

Produktbeschreibung
Idoru - das sind virtuelle Wesen, computergenerierte Popstars mit Millionen von Fans rund um die Welt. Die wunderschöne Rei Toei ist das bisher perfekteste dieser Geschöpfe, so perfekt, daß sie alles daran setzt, die Grenzen des Cyberspace zu überwinden.
Autorenporträt
William Gibson wird 1948 in South Carolina geboren. Er verliert früh seinen Vater und lebt bis zu seinem fünfzehnten Lebensjahr mit seiner Mutter in einer 2000-Seelen-Gemeinde in Virginia. Um seiner Vietnam-Einberufung zu entgehen, zieht er 1967 nach Kanada. Während seines Studiums der Englischen Literatur beginnt William Gibson Science-Fiction-Geschichten zu schreiben. In seinem 1984 erschienenen ersten Roman Newromancer, den er auf der Schreibmaschine schreibt, erfindet er den Begriff "Cyberspace". William Gibson lebt mit Frau und Kind in Vancouver (Kanada).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.08.1997

Der Schirm, der sich auflöste
Futuristisch gescheppert: William Gibsons Roman "Idoru"

Als Science-fiction-Autor läßt sich William Gibson nur ungern anreden. "Wer glaubt, Science-fiction habe mit der Zukunft zu tun, ist naiv" - so steht es auf dem Rücken seines neuen Romans "Idoru". Was er meint, ist, daß das Genre auf dem Stand von H. G. Wells stehengeblieben sei: Außerirdische, Zeitreisen, Besiedlung fremder Welten. Gibson, der amerikanische Erfolgsschriftsteller und Schöpfer des inzwischen geläufigen Wortes "Cyberspace", sucht seine Stoffe dort, wo die Fortschritte gemacht werden: in der Computertechnik.

"Idoru" (von "Idol") ist ein neues und nicht sehr vornehmes japanisches Wort für eine Frauengestalt, die nach männlichen Bedürfnissen entworfen wurde. In Japan spielt auch der Roman, vermutlich um die Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Alles ist international, und niemand weiß mehr so genau, für wen er arbeitet. Die meisten sind in der Medienbranche tätig und tun in ihrem Beruf dasselbe wie in ihrer Freizeit. Sie schließen ihren Taschencomputer an eine Datensteckdose und versuchen, brauchbare Informationen aus dem endlosen Strom des Internet zu fischen.

Die Handlung des Romans ist eher konventionell, eine Hochzeit mit Hindernissen. Ein amerikanischer Rocksänger will eine japanische Kollegin heiraten. Problem dabei: Die Braut ist virtuell; es gibt sie nur im Internet. Ein solcher Wunsch gilt auch im einundzwanzigsten Jahrhundert noch als exzentrisch, und er ruft einige Neugierige auf den Plan, darunter einen Rechercheur und einen jugendlichen Fan aus Seattle. Beide reisen nach Tokio; und der Roman folgt abwechselnd ihren Spuren, bis sich ihre Wege kreuzen.

Gibson, Jahrgang 1948, ist der Visionär des Cyberspace und kann es wohl nur sein, weil er kein Kenner ist. Schon jetzt wird das Internet immer weiter kommerzialisiert. Doch er beschreibt es weiter als eine Welt fröhlicher Anarchie, in die man sich flüchten kann, wenn die Gesellschaft selbst zur Maschine erstarrt ist. Er profitiert davon, einer der ersten Grenzgänger zwischen Literatur und Informatik zu sein. Der Bücherfreund sieht in ihm den Propheten, der Computerfreak den Dichter. Als Dichter wollte man ihn auch gern gelten lassen, schiene er diesmal nicht selbst darum bemüht, es mit der Dichtung nicht zu weit zu treiben.

Anders als in seinen frühen Romanen bemüht Gibson hier jenen blechernen Berichtstil, von dem das Genre so wenig lassen mag. So liest man über den Rechercheur Colin Laney: "Die relevanten Informationen bezüglich seiner gegenwärtigen Verwendbarkeit lauteten, daß er ein intuitiver Informationsmusterfischer war; er spürte jene Signatur auf, die ein bestimmtes Individuum unvermeidlich im Netz erzeugte, wenn es dem profanen und dennoch unendlich vielgestaltigen Geschäft des Lebens in einer digitalen Gesellschaft nachging." Man merkt, wie widerwillig dieser Autor Verben setzt, wieviel lieber er nur die Begriffe aneinanderscheppern ließe.

Ein eigentümlicher Futurismus herrscht in William Gibsons Werk. Er überschätzt nicht die Technik, wohl aber ihren Wert für die Literatur. Seine Liebe gilt den Feinheiten der Szenerie, dem Zahnstocher mit Pfefferminzgeschmack, dem sprechenden Kühlschrank und dem selbstauflösenden Einwegregenschirm. Die Szenen selbst beschäftigen ihn wenig.

Man stelle sich vor, ein Schriftsteller der Jahrhundertwende hätte einen Roman geschrieben, der von Automobilen und Telefonen handelt und von Menschen, die immerfort Auto fahren und telefonieren und womöglich sogar beides zugleich. Vielleicht würden wir heute seine Hellsicht bewundern. Wahrscheinlicher ist, daß wir ihn in seiner Aufgeregtheit nur liebenswert altmodisch fänden. Hierin zumindest ähnelt Gibsons Roman dem Medium, das er beschreibt. Er schafft Visionen mit geringer Haltbarkeit. MICHAEL ALLMAIER

William Gibson: "Idoru". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Peter Robert. Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, Hamburg 1997. 311 Seiten, geb., 30,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr