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A penetrating analysis of the work of one of the most influential painters in thehistory of modern art by one of the world's most respected art historians. For more than a century the art of Paul Cézanne was held to hold the key to modernity. His painting was a touchstone for Samuel Beckett as much as Henri Matisse. Rilke revered him deeply, as did Picasso. If we lost touch with his sense of life, they thought, we lost an essential element in our self-understanding. If These Apples Should Fall: Cézanne and the Present looks back on Cézanne from a moment - our own - when such judgments may seem…mehr

Produktbeschreibung
A penetrating analysis of the work of one of the most influential painters in thehistory of modern art by one of the world's most respected art historians. For more than a century the art of Paul Cézanne was held to hold the key to modernity. His painting was a touchstone for Samuel Beckett as much as Henri Matisse. Rilke revered him deeply, as did Picasso. If we lost touch with his sense of life, they thought, we lost an essential element in our self-understanding. If These Apples Should Fall: Cézanne and the Present looks back on Cézanne from a moment - our own - when such judgments may seem to need justifying. What was it, the book asks, that held Cézanne's viewers spellbound? At the heart of Cézanne lies a sense of disquiet: a homelessness haunting the vividness, an anxiety underlying the appeal of colour. T. J. Clark addresses this strangeness head-on, examining the art of Pissarro, Matisse and others in relation to it. Above all, he speaks to the uncanniness and beauty of Cézanne's achievement.
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Autorenporträt
T. J. Clark is Professor Emeritus of the History of Art at the University of California, Berkeley. He is the author of the seminal The Painting of Modern Life: Paris in the Art of Manet and His Followers (1984) and Farewell to an Idea: Episodes from a History of Modernism (1999). He writes art criticism regularly for the London Review of Books. He is the author of Heaven on Earth: Painting and the Life to Come (2018), also published by Thames & Hudson.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.04.2023

Wie der Pinsel springt die Feder

Kann man über Cézanne im Stil von Cézanne schreiben? T. J. Clark entfaltet noch einmal die Farben der Moderne.

Das dritte und längste der fünf Kapitel von T. J. Clarks Buch über Paul Cézanne trägt den Titel "Cézanne's Material". Man kann das gut mit "Cézannes Stoff" übersetzen, denn in dieser Interpretation des "Stilllebens mit Äpfeln" aus dem Getty Museum, die als wiederholt neu ansetzende Beschreibung des Gemäldes ausgeführt ist, beschäftigt sich Clark am ausführlichsten mit dem schwarz-blauen, gemusterten Tuch in der unteren Bildhälfte. In einer typischen Parenthese äußert er sich begeistert darüber, dass in der englischen Sprache ein und dasselbe Wort abstrakt einen ontologischen Zustand und praktisch eine bescheidene Art von Textilien bezeichnet. Der deutsche Wortbefund böte Clark Grund zu derselben Freude.

Er stellt die Frage, ob man den blauen Stoff als Bild im Bild oder genauer als Vertretung des Bildes im Bild ansehen kann, ob Cézanne hier ein Symbol seiner Malerei versteckt hat. Die Hauptsache dabei ist, dass der Stoff in Falten liegt. Es geht um das Verhältnis von vorgefundener und arrangierter Ordnung, um die Herstellung ostentativer Zweidimensionalität. Clark führt dazu an, was er einen Moment bei Dante nennt, eine Stelle aus dem "Paradies", die er als englisches Zitat in seinen Text einbaut. Um zu erklären, warum seine Sprache angesichts der Unaussprechlichkeiten des Himmels versage, greife Dante nach einem Vergleich mit der Malerei: "Because our speech, not to say our imagination, has no colours / To match folds like these." Clark buchstabiert aus, was Dante hier nebenbei über die Malerei sage: Falten entfalten die Farbe, aber sie fangen sie auch ein, ziehen sie herunter; sie sorgen dafür, dass Farben an einer Welt haften, deren Teil wir sein können, aber es bleibt die Möglichkeit einer Entfaltung, welche die Gegenstände hinter sich lasse.

Die Fußnote verweist ohne Nennung der Verse auf die englische Prosaübersetzung der "Göttlichen Komödie" von Charles S. Singleton. Schlägt man dort nach, erlebt man eine Überraschung. Clark zitiert gar nicht den Wortlaut dieser Übersetzung. Singleton überträgt die Verse 26 und 27 des 24. Gesangs so: "for our imagination, not to say our speech, is of too vivid color for such folds". Nicht bloß Clarks Kommentar zur Dante-Stelle, der mit dem Wortfeld von Falten spielt, hat einen dichterischen Duktus, sondern schon das Zitat selbst ist poetisch umgeformt. Und zwar in wörtlichem Sinne: Es ist ein Selbstzitat, ein Zitat aus einem Gedicht Clarks mit dem Titel "A Lesson from Giotto", das er 2015 in einer Zeitschrift veröffentlichte und seiner Ehefrau und Fachkollegin Anne Wagner widmete.

Aus der Kommentarliteratur zu Dante erfährt man, dass schon ein zeitgenössischer Kommentator die Stelle mit der Maltechnik der Giotto-Zeit erläuterte: Um den Eindruck der Tiefe zu erzeugen, verwenden Maler für Gewandfalten die dunkelsten Töne. Dass Clark bei der Illuminierung Cézannes mit der Hilfe Dantes nicht ins technische Detail geht, scheint auf den ersten Blick nicht bemerkenswert. Der gewählte Einfall, dass Dante zu Cézanne etwas zu sagen haben könnte, soll nicht überstrapaziert werden und darf nicht ablenken. Ins Auge fällt etwas anderes: Clark hat die rhetorische Entgegensetzung von Rede und Malerei vereinfacht und einer paradoxen Spitze beraubt. In seiner Fassung hat die Sprache keine Farben für die Falten im Gewand des Petrus, der Beatrice dreimal umtanzt. Im Original hat sie sehr wohl Farben, aber sie sind zu lebhaft ("troppo vivo"), anders gesagt zu hell - oder wie man sagen könnte: scheinbar schon zu himmlisch.

Hier lässt sich Clark eine Illustration seines Arguments entgehen. Er widmet der Lebhaftigkeit ("vividness") als einer Qualität der Malerei Cézannes eigene Überlegungen, postuliert eine Opposition von Lebhaftigkeit und Wissen und behauptet, Cézannes Art von Lebhaftigkeit sei mit Nichtwissen verbunden, da sie die Frage stelle, was die so lebendig dargebotene Materie eigentlich sei.

Für Dantes paradiesisches Darstellungsproblem verwendet Clark die Formel "heaven's ineffabilities". An anderer Stelle gelobt er, das kritische Klischee der "ineffability" von Cézannes Gemälden zu vermeiden, die angeblich nichts zu sagen haben und deshalb sprachlos machen müssen. Sein Buch ist der Versuch, die Bilder noch einmal neu zu beschreiben, unter Absehung von der kanonischen Ansicht von Cézanne als dem Proto-Modernisten. Aber die exzessive Ekphrasis bringt dann doch Paraphrasen des klassischen Cézanne-Bildes hervor, dessen Gemeinplätze ihre Lebhaftigkeit wiedergewinnen. So entfaltet sich noch einmal ein pathetisches Konzept der Moderne, an das der britische Kunsthistoriker, der heute seinen achtzigsten Geburtstag feiert, eigener Beteuerung zufolge nicht mehr glauben möchte.

Alles ist so kunstvoll gearbeitet, dass man Absicht unterstellen muss. Das gilt auch für die Verkürzung des Dante-Verweises. Beim Versuch, das Paradies zu beschreiben, so leitet Dante seine Lektion über die Farben der Vorstellungskraft ein, springt ihm buchstäblich die Feder aus der Zeile, und er schreibt es nicht auf: "Però salta la penna e non lo scrivo." Diesen Vers hat Clark nicht abgeschrieben, weil er so schreibt. Clark zitiert Cézannes Selbstaussage: "Je vois. Par taches." Der Maler sieht in Flecken, Stücken, Strichen. Clark übersetzt: "Seeing is patchwork." Ausdrücklich möchte Clark über Cézanne schreiben, wie Cézanne gemalt hat. Soweit man sich das überhaupt vorstellen kann, ist es ihm geglückt. PATRICK BAHNERS

T. J. Clark: "If These Apples Should Fall". Cézanne and the Present.

Thames & Hudson, London 2022. 239 S., Abb., geb., 35,- Euro.

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