starfruit publications veröffentlicht regelmäßig außergewöhnliche Gemeinschaftsprojekte von zeitgenössischen Autoren und Künstlern. 'Ignatien – Elegien am Rande des Nervenzusammenbruchs' ist die mittlerweile siebte starfruit-Veröffentlichung, sie verbindet Gedichte von Gerhard Falkner mit Filmstills von Yves Netzhammer. Mehrere Gedichtbände – von 'so beginnen am körper die tage' (1981) bis 'Hölderlin Reparatur' (2008) und 'Pergamon Poems' (2012) – sowie seine Streitschrift 'Über den Unwert des Gedichts' (1993) haben Gerhard Falkner als einen der einflussreichsten und markantesten Lyriker seiner Generation etabliert. Mit den Ignatien, einer Sammlung von 20 'Elegien am Rande des Nervenzusammenbruchs', setzt Falkner nun einen weiteren Markstein. Als 'Minnesänger der Moderne' (Kurt Drawert) überschreitet er die Borderline aller lyrischen Konvention und schreitet tief hinein in die Innenräume des Ich. Falkners Gedichtzyklus kreist um das Sein des Menschen im 21. Jahrhundert und darum, wie sich dieses Sein im Bewusstsein und in der Sprache widerspiegelt bzw. bricht. Mit den Ignatien erprobt Falkner verschiedene Muster 'manischen Sprechens', lässt 'radikales Schönheitsverlangen auf moderne Ernüchterungsstrategien' treffen und konfrontiert lyrische Verzauberung mit brutaler Realität bzw. Erkenntnis. Kongenial begleitet werden Falkners Gedichte von den Bildern Yves Netzhammers, ebenso berührenden wie beunruhigenden Piktogrammen zu den Kernfragen unserer Existenz, surrealen Bildwelten zwischen technoider Künstlichkeit und emotionaler Intimität. So wie Falkner Tradition und Moderne, lyrisches Pathos und lakonische Härte aufeinander bezieht, schafft Netzhammer verstörende Bildwelten, in denen das Innere nach Außen gekehrt, und Unbewusstes ins Bewusstsein gerückt wird.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Gerhard Falkners Gedichte in "Ignatien" zeugen von seiner Schule, berichtet Jörg Magenau, Rilke schimmert durch, Hölderlin klingt an, Benn und Celan sind auch nicht weit, wer sich je Sprache dichtend über die Sprache gebeugt hat, zählt zu Falkners Vorgängern. Ignatien bezieht sich auf die Ignazbohne (Ignatia amara), die in der Homöopathie unter anderem zur Heilung von Nervenerregungen, Griesgram und "zarter Gewissenhaftigkeit" eingesetzt wird, wie der Rezensent aus einem Text des Begründers der Homöopathie, Christian Friedrich Samuel Hahnemann, erfährt, der im Anhang zu finden ist. Wenigstens die sprachbedingte Nervenerregung merkt Magenau Falkner an, wenn dieser sich in einem Gedicht fragt: "Wer führte mich denn / aus der Unhintergehbarkeit / von Sprache / ins endlich Offene - Welches Tier soll ich denn anschreien?"
© Perlentaucher Medien GmbH
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