Mutter und Tochter: Sie leben in derselben Wohnung in der Leopoldstadt in Wien, sie teilen Bad und Küche und bleiben sich dennoch fremd. Beide arbeiten beide mit der Sprache, die Mutter als engagierte Journalistin, die Tochter promoviert über spanische Lyrik, und dennoch schaffen sie es nicht, miteinander zu sprechen, auch dann nicht, als die Tochter die kranke Mutter pflegen muss. Nur in ihrer Fantasie, in "ihrer Musik" gelingt es ihnen, miteinander zu kommunizieren. "Wie der Hilfsbuchhalter in Fernando Pessoas Buch der Unruhe die Lissabonner Unterstadt durcheilt, so kreuzen auch Emilia und Dora, jede für sich, wieder und wieder die gleichen Plätze, Straßen und Häuser, immer dem Nachhall der eigenen Sätze lauschend, dem Wiedererkennen eines Gedankens auf der Spur, den Erinnerungen auf den Fersen."
"Ein Roman, wie man ihn in Zeiten allgemeingültigen Mittelmaßes nur selten zu lesen bekommt: 'Ihre Musik' von Thomas Stangl, mit dem er seine Leser überrascht und seine Verehrer bestätig. Unwirklich, poetisch, faszinierend." Bayerisches Fernsehen
"Dergleichen hat man lange nicht mehr gelesen. Der Dichter Thomas Stangl spielt hier mit höchstem Einsatz, und er hat alles gewonnen." Tages-Anzeiger
"Man kann Stangls Bücher nur als unverhofftes Glück betrachten." Der Tagesspiegel
"Mit seinem erst zweiten Buch hat Thomas Stangl schon den besten Ruf zu verteidigen - 'Ihre Musik' ist ein erstaunlicher Beleg für das, was man nicht weiter gönnerhaft "Talent" nennen wird. Unbeirrt schreibt Thomas Stangl seine genauen Sätze, die in eine parabelhafte Enge führen - ins Labyrinth des Lebens. Es ist große Literatur, die für so viel so wenig Platz braucht." Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung
"Thomas Stangl öffnet dem Leser auf diesen fulminanten und konzessionslosen 190 Seiten seines Romans die Augen auf eine Weise, dass man denkt, erst mit solchen Büchern fange, jenseits der guten Unterhaltung, die Literatur überhaupt wieder an." Christoph Bartmann, Die Presse
"In seinem ersten, Aufsehen erregenden Roman 'Der einzige Ort' ist es ihm gelungen, ein historisches Timbuktu so zu beschreiben, als flösse der Niger durch Wien. In seinem zweiten Roman nun macht er es genau andersherum: 'Ihre Musik' beschreibt die Wiener Leopoldstadt, als flösse die Donau durch ein fernes, fremdes Timbuktu. Die Logik dieses Romans? Sie ist erträumt. Seine Wirkung? Sie ist hypnotisch." Wieland Freund, WDR
"Was real, was surreal ist, verschwimmt. Nur festhalten an der Sprache kann man sich da, sich mit ihr treiben lassen im Wellengang der Sätze, einfach hineintauchen in dieses Buch, um im Schlepptau des Autors den Grund der Worte auszuloten. Das soll pure Liebhaberei sein? Aber ja! Zum Glück des Lesers." Katrin Schuster, Stuttgarter Zeitung
"Ein außergewöhnlicher Roman." Literaturen, Gisela von Wysocki
"Thomas Stangl erzählt in seinem neuen Roman vom Leben zweier Frauen und entwickelt dabei sprachlich eine derart innige Nähe, dass man glatt meinen könnte, ihnen unter die Haut zu sehen." Klaus Kastberger, Falter
"Ein so gewagtes wie gelungenes Erzählprojekt." Wolfgang Paterno, profil
"Wie der Hilfsbuchhalter in Fernando Pessoas Buch der Unruhe die Lissabonner Unterstadt durcheilt, so kreuzen auch Emilia und Dora, jede für sich, wieder und wieder die gleichen Plätze, Straßen und Häuser, immer dem Nachhall der eigenen Sätze lauschend, dem Wiedererkennen eines Gedankens auf der Spur, den Erinnerungen auf den Fersen." Hans Jürgen Balmes, Süddeutsche Zeitung
"Ein großer Erneuerer des realistischen Erzählens ist zu entdecken. Ein bahnbrechender Erzähler." Sibylle Cramer
"Schreiben bedeutet Wahrnehmungen zu intensivieren, Literatur körperlich erlebbar zu machen. Thomas Stangl ist ein beeindruckend intensives Prosastück gelungen." Uta Beiküfner, Berliner Zeitung
"Thomas Stangls große Erzählkunst erweist sich in der Behutsamkeit, mit der er die Leben mehr erahnbar als direkt sichtbar werden lässt. Es sind die Grauwerte des gelebten Lebens, deren reiche Schattierungen er sprachlich aufzeichnet." Cornelia Niedermeier, Der Standard
"Dergleichen hat man lange nicht mehr gelesen. Der Dichter Thomas Stangl spielt hier mit höchstem Einsatz, und er hat alles gewonnen." Tages-Anzeiger
"Man kann Stangls Bücher nur als unverhofftes Glück betrachten." Der Tagesspiegel
"Mit seinem erst zweiten Buch hat Thomas Stangl schon den besten Ruf zu verteidigen - 'Ihre Musik' ist ein erstaunlicher Beleg für das, was man nicht weiter gönnerhaft "Talent" nennen wird. Unbeirrt schreibt Thomas Stangl seine genauen Sätze, die in eine parabelhafte Enge führen - ins Labyrinth des Lebens. Es ist große Literatur, die für so viel so wenig Platz braucht." Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung
"Thomas Stangl öffnet dem Leser auf diesen fulminanten und konzessionslosen 190 Seiten seines Romans die Augen auf eine Weise, dass man denkt, erst mit solchen Büchern fange, jenseits der guten Unterhaltung, die Literatur überhaupt wieder an." Christoph Bartmann, Die Presse
"In seinem ersten, Aufsehen erregenden Roman 'Der einzige Ort' ist es ihm gelungen, ein historisches Timbuktu so zu beschreiben, als flösse der Niger durch Wien. In seinem zweiten Roman nun macht er es genau andersherum: 'Ihre Musik' beschreibt die Wiener Leopoldstadt, als flösse die Donau durch ein fernes, fremdes Timbuktu. Die Logik dieses Romans? Sie ist erträumt. Seine Wirkung? Sie ist hypnotisch." Wieland Freund, WDR
"Was real, was surreal ist, verschwimmt. Nur festhalten an der Sprache kann man sich da, sich mit ihr treiben lassen im Wellengang der Sätze, einfach hineintauchen in dieses Buch, um im Schlepptau des Autors den Grund der Worte auszuloten. Das soll pure Liebhaberei sein? Aber ja! Zum Glück des Lesers." Katrin Schuster, Stuttgarter Zeitung
"Ein außergewöhnlicher Roman." Literaturen, Gisela von Wysocki
"Thomas Stangl erzählt in seinem neuen Roman vom Leben zweier Frauen und entwickelt dabei sprachlich eine derart innige Nähe, dass man glatt meinen könnte, ihnen unter die Haut zu sehen." Klaus Kastberger, Falter
"Ein so gewagtes wie gelungenes Erzählprojekt." Wolfgang Paterno, profil
"Wie der Hilfsbuchhalter in Fernando Pessoas Buch der Unruhe die Lissabonner Unterstadt durcheilt, so kreuzen auch Emilia und Dora, jede für sich, wieder und wieder die gleichen Plätze, Straßen und Häuser, immer dem Nachhall der eigenen Sätze lauschend, dem Wiedererkennen eines Gedankens auf der Spur, den Erinnerungen auf den Fersen." Hans Jürgen Balmes, Süddeutsche Zeitung
"Ein großer Erneuerer des realistischen Erzählens ist zu entdecken. Ein bahnbrechender Erzähler." Sibylle Cramer
"Schreiben bedeutet Wahrnehmungen zu intensivieren, Literatur körperlich erlebbar zu machen. Thomas Stangl ist ein beeindruckend intensives Prosastück gelungen." Uta Beiküfner, Berliner Zeitung
"Thomas Stangls große Erzählkunst erweist sich in der Behutsamkeit, mit der er die Leben mehr erahnbar als direkt sichtbar werden lässt. Es sind die Grauwerte des gelebten Lebens, deren reiche Schattierungen er sprachlich aufzeichnet." Cornelia Niedermeier, Der Standard
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.02.2007Sprachbarriere
Verstörung als Formprinzip: Thomas Stangls zweiter Roman
"Wie in einem Taumel stürzen wir in die Erinnerungen und Vorstellungen der beiden Frauen hinein und drohen in ihnen verloren zu gehen": Was der Verlag in enthusiastischem Ton zum neuen Roman des österreichischen Schriftstellers Thomas Stangl annonciert, ist auf gespenstische Weise wahr. Der Text ergießt eine Bilder- und Sprachflut - und wir gehen beinahe darin unter. Ob dieser Umstand allerdings für das Buch spricht, bleibt erst noch zu klären. Ein vertrackter Fall ist dieser Zweitling des 1966 in Wien geborenen Schriftstellers auf jeden Fall, der vor zwei Jahren für "Der einzige Ort" mit dem Aspekte-Preis ausgezeichnet wurde. Wie schwierig der Zugang zum hermetischen Sprachgebilde ist, davon zeugen auch die positiven Kritiken, die bislang diese Geschichte einer Mutter-Tochter-Beziehung würdigten - denn selbst das Lob wird oft weniger am Text als an der Person und der elitären Haltung des Autors entwickelt.
Stangl macht es dem Leser nicht leicht. Man wird den Eindruck nicht los, hier wolle einer nicht erzählen, sondern sich in der Sprache verbarrikadieren, keinen Ausschnitt des Lebens zeigen, sondern sich gegen dieses Leben mit einer undurchdringlichen Sprachhülle panzern. Der erste Texteindruck ist ein visueller, und er ist durchaus symptomatisch. Der Roman drängt atemlos voran, meist über viele Seiten ohne Abschnitte, ohne Kapitel, ohne optisch wahrnehmbare Gedankenzäsuren - ein einziges gigantisches Textgeschiebe, das sich seinen Weg bahnt. Dieses Muster wiederholt sich auf der Mikroebene: Wenig ordnende Strukturen sind auszumachen, ebenso wenig Hierarchien des Erzählten oder eine Fokussierung auf Handlungszentren. Stattdessen wird man mit einer manisch detaillierten Beschreibung von Kulissen, Figuren und Aktionen konfrontiert. Jede Beobachtung erscheint gleich wichtig, mit dem Effekt, dass sich alles gegenseitig neutralisiert.
Trotzdem gibt es eine Art Handlung. Emilia Degen, eine Universitätsdozentin, und ihre Tochter, die eben vor dem Abschluss ihres juristischen Studiums steht, leben zusammen in einer Wohnung im Wiener Stadtteil Leopoldstadt. Beide sind Verlorene. Die Tochter, die unter multipler Sklerose leidet, lebt durch die existentielle Erfahrung der latenten Todesbedrohung in einer Zwischenwelt. Die Mutter ist der Tochter fremd, ihre Sätze erreichen sie nicht, ihre Gefühle berühren sie ebenso wenig. "Jede Annäherung (so unvermittelt sie erscheinen mag) hat etwas von einem Wiedererkennen und zugleich von einem immerfort Verlieren." Auf diese paradoxe Formel bringt der Text das Verhältnis der beiden Frauen. Die Mutter, eine Frau über fünfzig, erscheint der Tochter eingeschlossen in ihr Denken und in ihre Texte, die sie für Zeitschriften schreibt, die niemand liest. Die Tochter aber, lebenssüchtig und wirklichkeitsgierig, fühlt sich im Mutterleben eingekerkert wie in einem Verlies, aus dem es kein Entkommen gibt. Ohne Vertrauen und ohne Trost erschafft sie in ihrem Denken ständig eine Gegenwelt, in dem sie sich selber ein "Gegenvertrauen" und einen "Gegentrost" gibt.
Um dieses inhaltliche Zentrum dreht sich die Erzählmaschine ohne Anfang und ohne Ende. Die Irritation über die formale Entwicklungslosigkeit überwiegt schließlich doch, da sie in keiner Funktion zum Geschehen des Romans steht. Stangl erreicht mit seiner Erzählstrategie weniger ein mit Sinn aufgeladenes Oszillieren zwischen der Realität und dem Abgründigen, eine Erweiterung des Konkreten in das Imaginäre als eine Zersplitterung in Einzelteile, welche die Erzähllandschaft seltsam verstellen.
PIA REINACHER
Thomas Stangl: "Ihre Musik". Roman. Droschl Literaturverlag, Graz 2006. 192 S., geb., 19,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Verstörung als Formprinzip: Thomas Stangls zweiter Roman
"Wie in einem Taumel stürzen wir in die Erinnerungen und Vorstellungen der beiden Frauen hinein und drohen in ihnen verloren zu gehen": Was der Verlag in enthusiastischem Ton zum neuen Roman des österreichischen Schriftstellers Thomas Stangl annonciert, ist auf gespenstische Weise wahr. Der Text ergießt eine Bilder- und Sprachflut - und wir gehen beinahe darin unter. Ob dieser Umstand allerdings für das Buch spricht, bleibt erst noch zu klären. Ein vertrackter Fall ist dieser Zweitling des 1966 in Wien geborenen Schriftstellers auf jeden Fall, der vor zwei Jahren für "Der einzige Ort" mit dem Aspekte-Preis ausgezeichnet wurde. Wie schwierig der Zugang zum hermetischen Sprachgebilde ist, davon zeugen auch die positiven Kritiken, die bislang diese Geschichte einer Mutter-Tochter-Beziehung würdigten - denn selbst das Lob wird oft weniger am Text als an der Person und der elitären Haltung des Autors entwickelt.
Stangl macht es dem Leser nicht leicht. Man wird den Eindruck nicht los, hier wolle einer nicht erzählen, sondern sich in der Sprache verbarrikadieren, keinen Ausschnitt des Lebens zeigen, sondern sich gegen dieses Leben mit einer undurchdringlichen Sprachhülle panzern. Der erste Texteindruck ist ein visueller, und er ist durchaus symptomatisch. Der Roman drängt atemlos voran, meist über viele Seiten ohne Abschnitte, ohne Kapitel, ohne optisch wahrnehmbare Gedankenzäsuren - ein einziges gigantisches Textgeschiebe, das sich seinen Weg bahnt. Dieses Muster wiederholt sich auf der Mikroebene: Wenig ordnende Strukturen sind auszumachen, ebenso wenig Hierarchien des Erzählten oder eine Fokussierung auf Handlungszentren. Stattdessen wird man mit einer manisch detaillierten Beschreibung von Kulissen, Figuren und Aktionen konfrontiert. Jede Beobachtung erscheint gleich wichtig, mit dem Effekt, dass sich alles gegenseitig neutralisiert.
Trotzdem gibt es eine Art Handlung. Emilia Degen, eine Universitätsdozentin, und ihre Tochter, die eben vor dem Abschluss ihres juristischen Studiums steht, leben zusammen in einer Wohnung im Wiener Stadtteil Leopoldstadt. Beide sind Verlorene. Die Tochter, die unter multipler Sklerose leidet, lebt durch die existentielle Erfahrung der latenten Todesbedrohung in einer Zwischenwelt. Die Mutter ist der Tochter fremd, ihre Sätze erreichen sie nicht, ihre Gefühle berühren sie ebenso wenig. "Jede Annäherung (so unvermittelt sie erscheinen mag) hat etwas von einem Wiedererkennen und zugleich von einem immerfort Verlieren." Auf diese paradoxe Formel bringt der Text das Verhältnis der beiden Frauen. Die Mutter, eine Frau über fünfzig, erscheint der Tochter eingeschlossen in ihr Denken und in ihre Texte, die sie für Zeitschriften schreibt, die niemand liest. Die Tochter aber, lebenssüchtig und wirklichkeitsgierig, fühlt sich im Mutterleben eingekerkert wie in einem Verlies, aus dem es kein Entkommen gibt. Ohne Vertrauen und ohne Trost erschafft sie in ihrem Denken ständig eine Gegenwelt, in dem sie sich selber ein "Gegenvertrauen" und einen "Gegentrost" gibt.
Um dieses inhaltliche Zentrum dreht sich die Erzählmaschine ohne Anfang und ohne Ende. Die Irritation über die formale Entwicklungslosigkeit überwiegt schließlich doch, da sie in keiner Funktion zum Geschehen des Romans steht. Stangl erreicht mit seiner Erzählstrategie weniger ein mit Sinn aufgeladenes Oszillieren zwischen der Realität und dem Abgründigen, eine Erweiterung des Konkreten in das Imaginäre als eine Zersplitterung in Einzelteile, welche die Erzähllandschaft seltsam verstellen.
PIA REINACHER
Thomas Stangl: "Ihre Musik". Roman. Droschl Literaturverlag, Graz 2006. 192 S., geb., 19,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Auch in seinem zweiten Buch "Ihre Musik" geht es Thomas Stangl nicht um Plots und Geschichten, sondern um Momente, erklärt Hans Jürgen Balmes. Stangl schildert Momente aus dem Leben von Mutter und Tochter, die zwar eine Wohnung teilen, aber dennoch ganz in getrennten Welten leben. Was der Rezensent nun erwartet, nämlich der Versuch, die Psychologie zwischen den beiden Figuren auszuloten, trifft nicht ein: Stangl verlasse sich vielmehr ganz auf die Erkenntnis stiftende Kraft der Sprache und spüre dem "ungreifbaren Moment Gegenwart" in den einsamen Spaziergängen der beiden Protagonistinnen durch Wien nach, so Balmes fasziniert, und lässt wissen, dass der offene Schluss des Romans noch länger in ihm nachschwingt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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