Produktdetails
- I Robinson. Letture
- Verlag: Economica Laterza
- 2nd ed.
- Seitenzahl: 106
- Erscheinungstermin: August 2020
- Italienisch
- Abmessung: 12mm x 148mm x 182mm
- Gewicht: 126g
- ISBN-13: 9788858138809
- Artikelnr.: 60048915
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.09.2020Ex Oriente Spaghetti
Es gibt ein Gericht, an dessen nationaler Identität eigentlich kein Zweifel bestehen zu können scheint: Ein Teller Spaghetti mit Tomatensoße, darauf ein Blatt Basilikum, grün, weiß, rot - italienischer geht es nicht. Wenn es nicht doch ein bisschen komplizierter wäre, wie der italienische Historiker Massimo Montanari darlegt. Er erläutert in seinem Büchlein nicht nur kurzweilig die Geschichte der "Spaghetti al pomodoro", er erzählt dabei auch viel über Kultur und Gesellschaft. So kam, wie Montanari erklärt, mit der Peperoni, die für viele in eine gute Tomatensoße gehört, eine kleine Revolution nach Italien: Lange war es das Privileg der Reichen gewesen, gut gewürzte Speisen zu verzehren. Da die Chilipflanze aber kein seltenes Gewürz, sondern nach ihrem Import aus Südamerika einfach zu vermehren war, mussten die gehobenen Stände andere Wege finden, sich kulinarisch abzugrenzen.
Wer die Spaghetti mit Tomatensoße als typisch italienisches Gericht bezeichnet, hat einerseits recht, spricht aber vielleicht von einem anderen Italien, als er denkt: einem Italien der Migration und Emigration. Die erste Nudelindustrie entstand im zwölften Jahrhundert auf Sizilien, das zunächst von den Arabern, dann von den Normannen besetzt war. Die Nudeln waren zunächst eine Variante des Brots aus dem Nahen Osten. Und auch die Tomatensoße, die sich erst im frühen neunzehnten Jahrhundert zu den Spaghetti gesellt, gäbe es nicht, wenn die Italiener - die es als solche zudem noch gar nicht gab - immer unter sich geblieben wären. Oder immer in Italien. Denn das Klischee der pastaliebenden Italiener war zunächst eine Zuschreibung von außen, die den italienischen Einwanderern in den Vereinigten Staaten verpasst wurde. Viele süditalienische Bauern seien erst in Amerika zu Makkaroni-Essern geworden. Was zeigt, dass die Suche nach Wurzeln, an denen nationale Identität festgemacht werden soll, zur Einsicht führt, "dass die Wurzeln häufig die anderen sind".
anvo
Massimo Montanari:
"Spaghetti al pomodoro". Kurze Geschichte eines Mythos.
Aus dem Italienischen von Victoria Lorini. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2020. 144 S., geb., 19,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es gibt ein Gericht, an dessen nationaler Identität eigentlich kein Zweifel bestehen zu können scheint: Ein Teller Spaghetti mit Tomatensoße, darauf ein Blatt Basilikum, grün, weiß, rot - italienischer geht es nicht. Wenn es nicht doch ein bisschen komplizierter wäre, wie der italienische Historiker Massimo Montanari darlegt. Er erläutert in seinem Büchlein nicht nur kurzweilig die Geschichte der "Spaghetti al pomodoro", er erzählt dabei auch viel über Kultur und Gesellschaft. So kam, wie Montanari erklärt, mit der Peperoni, die für viele in eine gute Tomatensoße gehört, eine kleine Revolution nach Italien: Lange war es das Privileg der Reichen gewesen, gut gewürzte Speisen zu verzehren. Da die Chilipflanze aber kein seltenes Gewürz, sondern nach ihrem Import aus Südamerika einfach zu vermehren war, mussten die gehobenen Stände andere Wege finden, sich kulinarisch abzugrenzen.
Wer die Spaghetti mit Tomatensoße als typisch italienisches Gericht bezeichnet, hat einerseits recht, spricht aber vielleicht von einem anderen Italien, als er denkt: einem Italien der Migration und Emigration. Die erste Nudelindustrie entstand im zwölften Jahrhundert auf Sizilien, das zunächst von den Arabern, dann von den Normannen besetzt war. Die Nudeln waren zunächst eine Variante des Brots aus dem Nahen Osten. Und auch die Tomatensoße, die sich erst im frühen neunzehnten Jahrhundert zu den Spaghetti gesellt, gäbe es nicht, wenn die Italiener - die es als solche zudem noch gar nicht gab - immer unter sich geblieben wären. Oder immer in Italien. Denn das Klischee der pastaliebenden Italiener war zunächst eine Zuschreibung von außen, die den italienischen Einwanderern in den Vereinigten Staaten verpasst wurde. Viele süditalienische Bauern seien erst in Amerika zu Makkaroni-Essern geworden. Was zeigt, dass die Suche nach Wurzeln, an denen nationale Identität festgemacht werden soll, zur Einsicht führt, "dass die Wurzeln häufig die anderen sind".
anvo
Massimo Montanari:
"Spaghetti al pomodoro". Kurze Geschichte eines Mythos.
Aus dem Italienischen von Victoria Lorini. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2020. 144 S., geb., 19,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main