Ilse Frapans (1849-1908) Hamburger Bilder für Hamburger Kinder (1899) sind ein Meilenstein der Kinderliteratur. Sie sind innovativ hinsichtlich des Sujets Großstadt, der Erzählform 'Bild' und der Intention, zu Demokratiefähigkeit zu erziehen. Auf literarisch hohem Niveau zeigt diese erste Sammlung moderner Großstadtgeschichten Hamburg als Lebensraum von Kindern in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Sinne jugendlicher Held_innen richten sich mit Vergnügen, Offenheit und Klarheit auf Details der Stadt. Das sensuelle Erleben steht im Vordergrund. Die Beobachtenden selbst bleiben aufgrund der Ich-Perspektive weitgehend unbekannt, auch hinsichtlich ihres Geschlechts, sodass sie - genderneutral - vielfältige Erfahrungen unabhängig von tradierten Rollenmustern machen können. In eher wissenschaftlicher als 'kindertümlicher' Sprache skizzieren sie in der relativ statischen Erzählform 'Bild' ihre Beobachtungs-, Gefühls- und Reflexionsprozesse, sodass die Lesenden an ihnen teilhaben können und die Grundschritte eines Erkenntnisprozesses nach eigenem Interesse und Tempo miterleben. Dies fördert selbstständiges Denken und Schärfung des Verstandes und wirkt so im Sinne demokratischer Erziehung. Über positive soziale Beziehungen werden ethische Grundwerte vermittelt: respektvolle Umgangsformen, Zivilcourage, Würdigung von Arbeit, Solidarität, Pazifismus und Internationalismus. Frapans Hamburger Bilder erweisen sich so als subversiv und bahnbrechend im imperialistischen Deutschen Kaiserreich.