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Bewaffnete Konflikte, Umweltkatastrophen, Terrorismus und Krieggegen den Terror: Was uns als stets neuer Ausbruch von Gewalterschaudern lässt, ist für René Girard Ausdruck eines planetarischenGesetzes der entfesselten Gewalt, das unsere Zivilisation an dieSchwelle zur wirklichen Apokalypse rückt. Der Krieg ist nicht mehrdie Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, die Mittel habensich verselbstständigt zur Fortsetzung des Krieges ins Unendliche,attestiert Girard in Fortführung des preußischen MilitärhistorikersCarl von Clausewitz. Girard begibt sich in diesem Gesprächsbuchmit Benoît…mehr

Produktbeschreibung
Bewaffnete Konflikte, Umweltkatastrophen, Terrorismus und Krieggegen den Terror: Was uns als stets neuer Ausbruch von Gewalterschaudern lässt, ist für René Girard Ausdruck eines planetarischenGesetzes der entfesselten Gewalt, das unsere Zivilisation an dieSchwelle zur wirklichen Apokalypse rückt. Der Krieg ist nicht mehrdie Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, die Mittel habensich verselbstständigt zur Fortsetzung des Krieges ins Unendliche,attestiert Girard in Fortführung des preußischen MilitärhistorikersCarl von Clausewitz. Girard begibt sich in diesem Gesprächsbuchmit Benoît Chantre auf eine historische Exkursion durch die deutschfranzösischenBeziehungen, debattiert über die Rolle der Kirche unddes Papstes, die Ursachen des globalen Terrorismus und spricht eineeindringliche Warnung aus: »Ein Ende Europas, der abendländischen,ja der ganzen Welt ist möglich. Diese Möglichkeit steht heute sehrreal vor uns.«
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Autorenporträt
René Girard, 1923 in Avignon geboren, lebte seit 1947 in den USA und lehrte dort an verschiedenen Universitäten, zuletzt als Professor für französische Sprache, Literatur und Kultur an der Stanford Universität.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Michael Stallknecht lässt dem Autor einiges durchgehen. Wenn René Girard im Gespräch mit seinem Verleger (sein Eckermann, so Stallknecht), Clausewitz paraphrasiert und Schmitt kritisiert, um seine Einsichten zur aktuellen Weltlage zum Besten zu geben, zur Konfrontation des Westens mit Glaubenskriegern und russischer Expansionspolitik, findet das Stallknecht zwar monomanisch, idiosynkratisch und mitunter verirrt, doch bieten ihm Girards Ausführungen in einem immerhin sieben Jahre alten Buch auch Erhellungen zur Dynamik und zur Theologisierung des globalen Krieges. Dass der Autor öfter die Grenze zur Prophetie überschreitet, scheint Stallknecht gleichfalls zu dulden und schlägt den Kulturanthropologen sogar zum über die blinden Flecken der Vernunft hinausdenkenden Philosophen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.11.2014

Steigerung bis
zum Äußersten
René Girard über Gewalt und Apokalypse
Russland und die westliche Welt haben sich wieder zu Gegnern entwickelt, religiös motivierte Kämpfer massakrieren ihre Gegner vor den Augen einer weltweiten Öffentlichkeit und die nächste Finanzkrise kommt bestimmt. Apokalyptisch nennt das René Girard im Gesprächsband „Im Angesicht der Apokalypse – Clausewitz zu Ende denken“, der, im französischen Original schon vor sieben Jahren erschienen, in manchem erstaunlich tagesaktuell wirkt.
  Girard plaudert mit seinem Verleger Benoît Chantre, der als treuer Eckermann den heute 90-Jährigen fast so gut, in manchen Passagen anscheinend sogar besser kennt als der sich selbst. Das Ergebnis ist ein monomaner und idiosynkratischer, sich oft verirrender und immer wieder in erhellenden Einsichten sich findender Band, kurz: ein echter Girard.
  Glaubt man dem Kulturanthropologen, dann leben wir in einem beständig schwelenden globalen Krieg, in einem Zeitalter der rückhaltlos entfesselten Mächte und Gewalten, in der „Steigerung bis zum Äußersten“, wie es Carl von Clausewitz in seiner Schrift „Vom Kriege“ formuliert hat. Bei dem preußischen Militärtheoretiker erkennt Girard die eigene alte Theorie vom „mimetischen Begehren“ wieder, nach der zwei Gegner einander nicht um ein gemeinsames Ziel bekriegen, sondern durch wechselseitige Nachahmung des anderen und seines Ziels überhaupt erst zu Gegnern werden. Als einen solchen Konflikt deutet Girard vor allem das Verhältnis zwischen Preußen-Deutschland und Frankreich. Das beginnt schon bei Clausewitz selbst: Gerade weil er, zuerst für Preußen, später dann für Russland, fortwährend gegen Napoleon gefochten hatte, blieb ihm dieser der „Kriegsgott selbst“, der unfehlbare Übervater aller modernen Schlachten. Clausewitz begriff als einer der ersten, dass mit den neuen Volksarmeen und der Politisierung der Massen das Potenzial eines totalen Kriegs entstand. Habe der Krieg einst „mittels seiner Regeln und Codes . . . an der Erzeugung von Sinn mitgewirkt“, sei die Gewalt nun „unfruchtbar“ geworden. Es gehe nun nur noch um die vollkommene Vernichtung des Gegners.
  Das ist im Grunde einfach die alte These vom Verlust der „Hegung“ des Krieges, die Carl Schmitt in „Der Nomos der Erde“ aufgestellt hatte. Girard wirft Schmitt vor, das Problem rein juristisch betrachtet und die technologische Dimension der neueren Kriegsführung übersehen zu haben. Er teilt aber dessen Skepsis gegenüber Kriegen, die in Namen des Friedens geführt werden. Für Girard führen sie bloß zu einer Entgrenzung der Gewalt, weil der Gegner nicht wie vormals als gerechter und damit auch gleichberechtigter Feind erfahren, sondern als Aggressor definiert und der totalen Vernichtung preisgegeben wird. Diese Dynamik sieht Girard in der Gegenwart zwischen dem sich selbst als friedensstiftend deutenden Westen und seinen Gegnern am Werk: „Das Hin und Her von Attentaten und amerikanischen ‚Interventionen‘ wird sich unweigerlich immer mehr beschleunigen, indem beide Seiten aufeinander antworten. Und die Gewalt wird sich weiter ausbreiten.“ Die mimetische Rivalität ereignet sich hier in der gegenseitigen Stigmatisierung als absolut Böses und der damit einhergehenden Theologisierung des Krieges.
  Girard hat nie verhehlt, dass die Theologie, genauer: ein persönlich geglaubtes Christentum, auch seine Thesen prägt. Die Rede von der Apokalypse ist für ihn nicht metaphorisch, vielmehr sieht er in der Entgrenzung der Gewalt die „Zeichen der Zeit“. Dass das Christentum aus dem westlichen Denken und seine eschatologische Dimension sogar aus den Kirchen selbst zu verschwinden scheint, bleibt für ihn Vorzeichen eines Friedens, der mit irdischen Maßnahmen nicht machbar sein wird. Er überschreitet bewusst die Grenze zur Prophetie, nach der die Gewalt wachsen und zunehmend der Rationalisierbarkeit entgleiten wird.
  Damit verlässt Girard – in einem Gesprächsband deutlich unproblematischer als andernorts in seinem Werk – den Boden wissenschaftlicher Begründbarkeit. Einordnen aber lässt er sich in die lange Reihe französischer Philosophen, die das Irrationale und die nackte Gewalt denkend umkreist haben. In dieser Tradition hegt Girard einen wachen Sinn für die blinden Flecken der Vernunft und die Zwielichtigkeiten ihrer öffentlichen Proklamation. Seinen Gegnern hält er entgegen, dass ihr Glaube an den Fortschritt des Guten selbst eben nur ein Glaube sei. Einer zumal, der in Girards Augen unglaubwürdiger ist als jede Religion. „Der abendländische Rationalismus operiert wie ein Mythos. Wir versteifen uns weiterhin darauf, die Katastrophe nicht sehen zu wollen.“
MICHAEL STALLKNECHT
René Girard: Im Angesicht der Apokalypse – Clausewitz zu Ende denken. Gespräche mit Benoît Chantre. Aus dem Französischen von Stefanie Günthner. Matthes & Seitz, Berlin 2014. 388 S., 39,90 Euro.
Der Glaube an den Fortschritt
des Guten ist auch nur ein Glaube
  
  
  
 
   
Der Kulturanthropologe und Religionsphilosoph René Girard wurde 1923 in Avignon geboren.
Foto: François Guillot/AFP
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