Bewaffnete Konflikte, Umweltkatastrophen, Terrorismus und Krieg gegen den Terror: Was uns als stets neuer Ausbruch von Gewalt erschaudern lässt, ist für René Girard Ausdruck eines planetarischen Gesetzes der entfesselten Gewalt, das unsere Zivilisation an die Schwelle zur wirklichen Apokalypse rückt. Der Krieg ist nicht mehr die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, die Mittel haben sich verselbstständigt zur Fortsetzung des Krieges ins Unendliche. So argumentiert Girard in Fortführung des preußischen Militärhistorikers Carl von Clausewitz. Er begibt sich in diesem Gesprächsbuch mit dem Essayisten und Dramaturgen Benoît Chantre auf eine historische Exkursion durch die deutsch-französischen Beziehungen, debattiert über die Rolle der Kirche und des Papstes, über die Ursachen des globalen Terrorismus und spricht eine eindringliche Warnung aus: »Ein Ende Europas, der abendländischen, ja der ganzen Welt ist möglich. Diese Möglichkeit steht heute sehr real vor uns.« Heute schwelende Krisen und Konflikte wie der Krieg in der Ukraine unterstützen diese Aussage auf unheimliche Weise und verleihen ihr umso mehr Aktualität.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Michael Stallknecht lässt dem Autor einiges durchgehen. Wenn René Girard im Gespräch mit seinem Verleger (sein Eckermann, so Stallknecht), Clausewitz paraphrasiert und Schmitt kritisiert, um seine Einsichten zur aktuellen Weltlage zum Besten zu geben, zur Konfrontation des Westens mit Glaubenskriegern und russischer Expansionspolitik, findet das Stallknecht zwar monomanisch, idiosynkratisch und mitunter verirrt, doch bieten ihm Girards Ausführungen in einem immerhin sieben Jahre alten Buch auch Erhellungen zur Dynamik und zur Theologisierung des globalen Krieges. Dass der Autor öfter die Grenze zur Prophetie überschreitet, scheint Stallknecht gleichfalls zu dulden und schlägt den Kulturanthropologen sogar zum über die blinden Flecken der Vernunft hinausdenkenden Philosophen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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