Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Samuel Moser stellt einen Band mit kurzen Prosastücken des Schweizer Autors Hansjörg Schneider vor, die er als "Leichtgewichte" bezeichnet - leicht in dem Sinne, dass der Autor alles Unnötige weggelassen hat. Leicht auch wegen ihrer Kürze, denn die meisten von ihnen sind als Kolumnen für Tageszeitungen entstanden; da sieht man mal, sagt Moser, dass die Tagesproduktion, die damit verbundene Beschränkung auch Vorteile bietet. Zumal ein besonderes Merkmal der Schneiderschen Texte und Typen ist: sie lassen sich nicht hetzen, behauptet der Rzensent. Sie widerstreben jedem Hang zur Aufgeregtheit, Wichtigtuerei, sie notieren Kleinigkeiten, Nebensächliches, tasten die Oberfläche der Dinge ab, weil es der Dichter, so definiert ihn Moser, "mit den Erscheinungen zu tun hat". So erarbeite Schneider eine "Schule der Aufmerksamkeit" und skizziere: Winterlandschaften, Schattengestalten, Stadtränder. Man tut gut daran, sagt Moser, die Texte eher als Poetologie denn als Autobiografie zu deuten, so etwa den Schlüsseltext "Der Browning" über einen Mann, der nach Auschwitz das Lügen verlernte. So begegne der Autor sich selbst im Anderen - oder "dem Anderen in sich".
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH