Alles fließt. Man kennt diesen Spruch Heraklits und weiß, dass er falsch ist. Wenn alles zugleich fließen würde, könnte von einem »Fließen« gar nicht mehr die Rede sein. Fließen erfordert einen Gegenpol des Verharrens. Bewegung ist immer ein Zweitakter von Veränderung und Bleiben. Allerdings kann das, was im einen Moment beharrt, im nächsten selbst in Bewegung geraten. Wolfgang Welsch zeigt an verschiedenen Phänomenen, wie unser Leben einem ständigen Wechselspiel von Verharren und Veränderung unterliegt - wie mal dieses, mal jenes in Fluss gerät und wie letztlich nichts für immer so bleibt, wie es zu einem bestimmten Zeitpunkt ist. Wer sich gegen den Fluss stellt, verbraucht viel Kraft; wer sich ihm öffnet, kommt weiter. Welsch plädiert für eine Verflüssigung, für einen Zuwachs an Beweglichkeit. Stabilisierung um jeden Preis hat sich stets als kontraproduktiv erwiesen. Wir tun besser daran, uns auf unsere bewegliche Natur einzulassen - und so unser Leben in Übereinstimmung mit einer Wirklichkeit zu führen, die ebenfalls allenthalben im Fluss ist.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensent Michael Opitz zeigt sich enttäuscht von Wolfgang Welschs Buch. Wenig Neues bietet ihm der Autor mit seinen dem "anthropischen Denken" widersprechenden Ausführungen zum Menschen als Transitwesen im ersten Teil des Buches. Wenn Welsch im zweiten Teil mit Hölderlin, Herder und Goethe argumentiert, wird Opitz auch nicht froh, weil der Autor die Widersprüche des industrialisierten und globalisierten Menschen in der Natur nicht thematisiert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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