Manta, Marken, Mobile - eine kluge Kulturgeschichte des Autos.Die heutige selbstverständliche Automobilität wird durch die Klimakrise und die sich abzeichnende Verkehrswende ebenso infrage gestellt wie durch die Digitalisierung. Ausgehend von diesem kulturgeschichtlichen Wendepunkt suchen die Autorinnen und Autoren kulturelle Imaginationen des Autos zwischen nostalgischer Glorifizierung und auratisiertem Zukunftsversprechen.Im Zentrum stehen verschiedene Formen von Automobilität und ihre Grenzen, die in literarischen und filmischen Inszenierungen von Unfällen besonders drastisch sichtbar werden. Am Beispiel verschiedener Fahrzeugtypen lassen sich die Wege des Autos in die Moderne und aus ihr heraus verfolgen. Im Vergleich zwischen Deutschland und den USA werden kulturelle und nationale Unterschiede im Umgang mit dem Auto erkennbar. Anhand literarischer und filmischer Beispiele wird dargestellt, wie der Innenraum des Autos zu einem Ort der sozialen Bedeutungsstiftung und der medialen und technischen Reflexion werden kann.Aus dem Inhalt: Stephan Kraft: Franz Werfels Jacobowsky und der Oberst Franziska Thun-Hohenstein: Mit Komfort über die russische Wegelosigkeit Moritz Baßler: Frau am Steuer in den 1950er Jahren Hans Ulrich Gumbrecht: Autos in der deutschen und amerikanischen Kultur Rüdiger Campe: Der Held und sein Auto in The Big Sleep Jürgen Fohrmann: Ein Essay zu Fargo, zweite Staffel Barbara Vinken/Anselm Haverkamp: Un Homme et une femme
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Kai Spanke findet angenehm, wie wenig "auratisiert" der von Gwendolin Engels, Claude Haas, Dirk Naguschewski und Elisa Ronzheimer herausgegebene Sammelband zum Auto auftrete und dabei moralische Fragen (zum Beispiel Tempolimit) ganz ausklammere. Stattdessen geht es in den Texten um handfeste kulturgeschichtliche Aspekte wie die Entwicklung des Statussymbols Auto, auch im internationalen Vergleich (in Deutschland werde auf die Automarke etwa mehr Wert gelegt als in den USA, liest Spanke), sowie um "ästhetische" Fragen: So liest der Kritiker zwar nicht ohne Zweifel, aber dennoch gut unterhalten Gumbrechts Überlegungen zur deutschen Autobahn-Raserei als "Ästhetik der Intensität" im Gegensatz zum amerikanischen, "passiven" Fahrstil. Ebenfalls interessant scheint er Hanna Hamels Text zum Actionepos "Mad Max Fury Road" zu finden, der auf die Ironie hinweist, dass die ausgestellte Mechanik der Gefährte ihre Schauwerte hauptsächlich durch digitale Bildbearbeitung gewinne. Außerdem gibt es Beiträge zu Heideggers "Semiotik des Fahrtrichtungsanzeigers" (Lars Friedrich) oder zu Krachts "Eurotrash" (Maria Kuberg). Ein abwechslungsreicher, "gut kuratierter" Sammelband für literarische "Vielfraße", lobt Spanke.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»ein buntes, streckenweise ausgestellt akademisches, insgesamt aber anregendes Sammelsurium (...). Man sieht, das Auto lädt ein zu interdisziplinären Ausflügen, es bietet Stoff für jene kulturellen Vielfraße unter den Lesern, die sich nicht um Distinktionsgrenzen kümmern. (...) Ein gut kuratierter Sammelband« (Kai Spanke, FAZ, 13.05.2023) »Eine vergnügliche Reminiszenz an den Verbrenner mit einem Ausblick in die Zukunft.« (Die Presse, 16.09.2023)