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Eine grandiose Familiensaga Joanna Olczak-Ronikier schildert die Schicksale ihrer Angehörigen über vier Generationen in eindrucksvollen Portraits und pointierten Episoden. Darin spiegelt sich "das verrückte 20. Jahrhundert voll großer Hoffnungen und tiefster Niederlagen" (Andrzej Wajda).

Produktbeschreibung
Eine grandiose Familiensaga
Joanna Olczak-Ronikier schildert die Schicksale ihrer Angehörigen über vier Generationen in eindrucksvollen Portraits und pointierten Episoden. Darin spiegelt sich "das verrückte 20. Jahrhundert voll großer Hoffnungen und tiefster Niederlagen" (Andrzej Wajda).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.02.2012

Ganz Polen feiert Janusz Korczak

Seine genauen Lebensdaten sind bis heute nicht bekannt. Dass wir immer noch spekulieren, ob der berühmte Warschauer Kinderarzt, Erzieher und Schriftsteller Henryk Goldschmidt alias Janusz Korczak 1878 oder 1879 zur Welt kam, ist auf die Unbekümmertheit seines Vaters zurückzuführen, der sich mit dem Eintrag ins Geburtsregister Zeit ließ. Und dass sein Sterbedatum nur auf den Monat genau bestimmt werden kann, liegt an den Umständen seines Todes, mit denen auch seine Berühmtheit zusammenhängt: dem freiwilligen Gang nach Treblinka im August 1942, wo er zusammen mit den Kindern aus dem von ihm seit 1912 geleiteten Waisenhaus vergast wurde.

Die Jahrestage dieser beiden Daten, seines siebzigsten Todestags und des hundertsten "Geburtstags" seines Waisenhauses in der Warschauer Krochmalna-Straße, hat das polnische Parlament zum Anlass genommen, 2012 zum Korczak-Jahr zu erklären. Schon einen Tag nach dessen Eröffnung im Januar erstrahlte an der Front des Präsidentenpalais ein Logo mit dem Abbild des "polnischen Pestalozzi". Für den übervollen Veranstaltungskalender sorgt nicht zuletzt ein 55-köpfiges Komitee, dem die Präsidentengattin Anna Komorowska vorsteht und Prominente wie Andrzej Wajda oder Wladyslaw Bartoszewski angehören. Tagungen und Ausstellungen im ganzen Land, ein Jugendparlament, das sich mit Korczaks Erbe beschäftigen soll, die ihm gewidmete Kinderbuchmesse in Posen oder ein für Herbst geplanter Korczak-Kongress in Warschau sind nur einige Höhepunkte.

Angesichts von Korczaks Vielseitigkeit überrascht diese Würdigung nicht. Die psychische Erkrankung und spätere Einweisung seines Vaters, des Warschauer Anwalts Józef Goldschmidt, in eine geschlossene Anstalt setzten der behüteten Jugend des Sohnes ein Ende. Er war nun das Familienoberhaupt, das für andere zu sorgen hatte. Die Krankheit des Vaters bedeutete für ihn aber auch: "Ich - der Sohn eines Wahnsinnigen. Also erblich belastet." Dieser zur Obsession gewordene Gedanke hatte den Entschluss zur Folge, keine eigenen Kinder zu haben. Sein pädagogisches Talent galt den Kindern anderer.

Und dann ist da noch seine literarische Hinterlassenschaft, deren Kenntnis sich selbst in Polen auf einige Kinderbücher, vor allem auf das über den kleinen Reformer König Hänschen I., oder auf die Titel seiner wichtigsten Schriften, "Wie man ein Kind lieben soll" und "Das Recht des Kindes auf Achtung", beschränkt. Dass Korczak aber auch Satiriker, Journalist, Feuilletonist, Poet und Dramatiker war, würde die meisten überraschen. In Deutschland sieht die Situation übrigens nicht viel besser aus: Von einer Missachtung seiner Werke kann zwar keine Rede sein - immerhin liegt eine sechzehnbändige Gesamtausgabe vor -, von deren breiter Rezeption aber auch nicht.

Welche neuen Erkenntnisse das Jubiläumsjahr auch bringen mag: So erfrischend wie die im Herbst erschienene Korczak-Biographie der Krakauer Autorin Joanna Olczak-Ronikier ("Im Garten der Erinnerung") werden sie kaum sein. Sie erzählt viel Unbekanntes über den "Anwalt der Kinder" und porträtiert ihn als gewöhnlichen, widersprüchlichen Menschen - ohne sein Verdienst zu schmälern.

MARTA KIJOWSKA

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