Die Hauptstadt Washington ist Schauplatz für die Geschichten von Edward P. Jones, aber was der Autor erzählt, hat nichts mit historischen Denkmälern und großer Politik zu tun. Jones führt seine Leser hinter die Kulissen der Stadt, in den Lebensalltag der schwarzen Bevölkerung, die hart gegen Widrigkeiten aller Art zu kämpfen hat. Da ist die Geschichte von Madeleine, deren Vater nach langen Jahren im Gefängnis am Sonntag nach Muttertag bei ihr auftaucht, oder die der Karrierefrau Lydia, die nachts vom Tod ihrer Mutter erfährt und sich daraufhin ziellos im Taxi durch das Labyrinth von Washingtons Straßen fahren lässt. Eine andere Geschichte erzählt von einer Mutter, die verzweifelt, aber letztlich vergeblich dafür kämpft, dass ihre Tochter auf eine bessere Schule gehen kann. All diese Charaktere suchen Halt in einer von Gewalt und Chaos geprägten Welt und überzeugen durch ihre Authentizität. Jones’ Geschichten sind in ihrer Schnörkellosigkeit ebenso kraftvoll wie tief berührend.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
"Hervorragend" findet Rezensent Eberhard Falke diese 14 Kurzgeschichten, die seinen Informationen zufolge 1992 Edward Jones' Debüt gewesen sind und nun im Fahrwasser seines Romanerfolgs auch auf Deutsch erschienen sind. Besonders beeindrucken den Rezensenten "die lapidare Sachlichkeit" von Jones' Erzählstil, genaue Milieuschilderungen und lebendige Figuren. Die Geschichten erzählen, wie wir lesen, aus dem Leben schwarzer, unterprivilegierter Amerikaner, und zwar undemonstrativ und ohne moralischen Zeigefinger. Vorbild dieser "individuellen Nahaufnahmnen" seien Joyces "Dubliner". Jones erzähle von Dealern, Müttern und "Rasta-Typen" und zwar quer durch alle Generationen. Größte Qualität der Erzählungen ist für den Rezensenten, dass Jones für seine unterprivilegierten Figuren nie die Opferrolle reklamiert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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