Marktplatzangebote
21 Angebote ab € 0,57 €
  • Broschiertes Buch

Matteo Realdo Colombo, berühmter Arzt und Anatom im Italien der Renaissance, erwartet, eingesperrt in einer kalten, dunklen Zelle, das Urteil des Inquisitionsgerichts. Dass er seine Entdeckung - das Zentrum des weiblichen Lustempfindens - veröffentlicht, ist aus der Sicht der Kirche ein unverzeihliches, ketzerisches Verbrechen, das die gesamte Gesellschaftsordnung in Frage stellt. Sein Schicksal scheint besiegelt zu sein ...

Produktbeschreibung
Matteo Realdo Colombo, berühmter Arzt und Anatom im Italien der Renaissance, erwartet, eingesperrt in einer kalten, dunklen Zelle, das Urteil des Inquisitionsgerichts. Dass er seine Entdeckung - das Zentrum des weiblichen Lustempfindens - veröffentlicht, ist aus der Sicht der Kirche ein unverzeihliches, ketzerisches Verbrechen, das die gesamte Gesellschaftsordnung in Frage stellt. Sein Schicksal scheint besiegelt zu sein ...
Autorenporträt
Federico Andahazi, geboren 1963, stammt wie viele Argentinier aus einer Familie, die ihre Wurzeln in Europa hat und von unterschiedlichsten kulturellen Einflüssen ebenso geprägt ist wie von der Exilerfahrung. Sein Vater, Lyriker und Psychologe, ist der Sohn eines Malers aus ungarischem Adel, der vor den Nationalsozialisten floh. Sein russischer Großvater wurde in Argentinien Verleger. Eltern und Großeltern weckten in Federico Andahazi die Liebe zur Literatur, er fing schon als Kind an zu schreiben, und war stets ein begeisterter Leser.

Sein Lieblingsbuch ist seit frühester Jugend Don Quijote : "Seitdem gibt es nichts Neues mehr!" Aber auch Kafka, Dostojewski, Borges, Jack London, Anthony Burgess und Camilo José Cela schätzt er sehr. Trotzdem lebt er in Buenos Aires nicht nur mit der Nase in Büchern: in der Bar La Academia spielt er stundenlang Billard, mit einer Zigarette im Mundwinkel und unzählige Tassen Espresso trinkend. Und er gilt als äußerst vorwitziger Motorradfahrer. Andahazi arbeitete nach seinem Psychologie-Studium zunächst als Psychotherapeut.

Im Land der Venus ist sein erster, international publizierter Roman, in Argentinien ist inzwischen auch sein zweites Buch, Las piadosas, erschienen.Die Entstehungsgeschichte von

Im Land der Venus läßt allein schon die Herzen von Buch- und Bibliotheksliebhabern höher schlagen: Andahazi war in der Nationalbibliothek mit den Recherchen für eine Erzählung beschäftigt, als er seinem Helden Matteo Colombo in einem sehr alten wissenschaftlichen Werk zum ersten Mal begegnete. Matteo Colombo hatte einst als Anatom im Italien der Renaissance als erster den kleinen Blutkreislauf Herz-Lunge beschrieben. Verblüfft darüber, daß Matteo Colombo nicht nur wie Kolumbus hieß, sondern ebenso als Entdecker reüssierte, stöberte Andahazi weiter. In einer Fußnote fand er einen Hinweis auf eine weitere Entdeckung Matteo Colombos, der sich in seinem Werk De Re Anatomica offenbar auch mit den Besonderheiten der weiblichen Anatomie beschäftigt hatte - Colombo beschrieb auch bereits die Klitoris. Weitere Nachweise seiner Arbeit, ja, seiner gesamten Existenz, waren nicht auffindbar - Matteo Colombo verschwand mitsamt seinen Forschungsergebnissen aus den Annalen der Wissenschaft, als Entdecker des kleinen Blutkreislaufs galt fortan der britische Forscher Harvey.Fasziniert von der Figur Matteo Colombo und von seinen Arbeiten, entschied sich Andahazi, sein ursprüngliches Projekt aufzugeben und den Anatomen und sein Schicksal zu seinem Thema zu machen - immer die klassische Autorenangst, ein anderer könnte die gleiche Entdeckung machen und ihm mit seinem Buch zuvorkommen, im Nacken.

Andahazi brauchte drei Jahre Zeit, denn er schrieb ein Buch, das ebenso als historisches Sittengemälde wie als Inquisitionskrimi lesbar ist, das philosophische Exkurse nicht scheut und seine Zeit, die Renaissance, in erotischen Szenen auch stilistisch wieder aufleben läßt - einen formal wie inhaltlich perfekt durchkomponierten Debütroman.

Federico Andahazi gehört einer argentinischen Autorengeneration an, die im Schatten von Borges steht - auch er glaubte am Anfang seiner Laufbahn, "nach Borges sei es nicht mehr möglich, zu schreiben." Inzwischen hat er sich von dieser "Bürde" befreit. "Es stimmt, daß man nicht besser schreiben kann als Borges - aber man darf sich (davon) auch nicht lähmen lassen", sagte er in einem Interview. Andahazi hält sich, soweit es geht, dem Literaturbetrieb fern, und bewahrt angesichts seines eigenen Erfolgs nonchalante Distanz: "Immer, wenn ich mein Buch in einer Buchhandlung sehe, denke ich, das hätte ein anderer geschrieben!"(Federico Andahazis Aussagen wurden nach einem ausführlichen Interview zitiert, das in La Nación erschien) Literaturpolitischer Skandal in Argentinien
El anatomista - Im Land der Venus - gefiel der Jury des angesehenen argentinischen Literaturpreises, gestiftet von der Fundación Fortabat, so sehr, daß sie ihm den Preis für 1997 zusprach - und damit einen literaturpolitischen Skandal ins Rollen brachte, der international große Beachtung fand (in Deutschland berichtete z.B. Der Spiegel in Heft 45 / 1998 darüber). Was die Jury, immerhin auch mit einem Durchschnittsalter von 75 Jahren kaum der Umstürzlerei verdächtig ("das sind ja nicht gerade junge Punks" präzisierte es Andahazi selbst), beeindruckt hatte, mißfiel jedoch der Stifterin: Amalia Lacroze de Fortabat nahm nicht nur den Preis zurück, sondern schaltete zudem noch eigene Zeitungsanzeigen, um ihre Begründung publik zu machen. Ihre Vorgehensweise rief in Argentinien schlechte Erinnerungen an frühere Zeiten wach. Federico Andahazi und sein Buch wurden zum Politikum: argentinische Kritiker und Schriftsteller bezichtigten die Stifterin der Zensur.

Dies ist eine ernstzunehmende Beschuldigung in einem Land, in dem Schriftsteller und Journalisten, die als Intellektuelle pauschal unter dem Verdacht des "Kommunismus" standen, während der Miltitärdiktatur der Jahre 1976 bis 1985 verfolgt wurden. Nach heftigen Debatten mußte sich Amalia Lacroze de Fortabat nicht ganz geschlagen geben - der Preis selbst wurde nicht verliehen, das Preisgeld von 15 000 Dollar durfte der Autor jedoch behalten. "Zensur ist Zensur," sagte Federico Andahazi im Observer dazu. "Egal, ob vor 400 Jahren oder heute. Wenn die Leute fragen, warum das Buch im 16. Jahrhundert spielt, sage ich ihnen, um über heutige Zustände mit etwas größerer Distanz und Eleganz sprechen zu können."

Auch wenn internationale Berichte gern von einem "Sittenskandal" sprechen: es ist nur vordergründig der erotische Aspekt des Romans, der Aufsehen erregt. Dahinter verbirgt sich, und das gilt nicht nur für die katholisch geprägten Länder, ein ungleich größerer Problemkomplex, der auch in unserem zwanzigsten Jahrhundert noch gegenwärtig ist. Die Auseinandersetzung mit der Rolle der Kirche im öffentlichen Leben (und bis hinein in das Privatleben nicht nur Gläubiger) ist heute noch oft tagespolitisch relevant, wenn auch vielleicht nicht ganz so brisant wie zu Zeiten der Renaissance. Und auch philosophische Fragen nach dem Zusammenhang zwischen Realität und sprachlicher Wahrnehmung, zwischen Fremd- und Selbstbestimmung sind nicht endgültig ausdiskutiert. Im Land der Venus erscheint in Argentinien bereits in der 17. Auflage, wird in 30 Sprachen übersetzt und ist auch in Europa schon auf Platz eins der Bestsellerlisten.