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Ende der 1990er Jahre erschüttert der kriegerische Zerfall Jugoslawiens das 'Friedensprojekt Europa'. In der politischen Narration findet der Begriff 'Balkan' im deutschsprachigen Raum medial nun vornehmlich Verwendung zur Beschreibung eines als Problemregion verhandelten Teils des Kontinents, der mit den Jugoslawienkriegen seine Utopie eines Kontinents ohne Krieg verliert.
Ausgehend von dieser Marginalisierung des Balkans gewinnt die Frage an Bedeutung, wo dieser eigentlich beginnt. Im Zuge der Diskussionen dieser Frage wird mit Landkarten und Grenzziehungen argumentiert, die es de facto
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Produktbeschreibung
Ende der 1990er Jahre erschüttert der kriegerische Zerfall Jugoslawiens das 'Friedensprojekt Europa'. In der politischen Narration findet der Begriff 'Balkan' im deutschsprachigen Raum medial nun vornehmlich Verwendung zur Beschreibung eines als Problemregion verhandelten Teils des Kontinents, der mit den Jugoslawienkriegen seine Utopie eines Kontinents ohne Krieg verliert.

Ausgehend von dieser Marginalisierung des Balkans gewinnt die Frage an Bedeutung, wo dieser eigentlich beginnt. Im Zuge der Diskussionen dieser Frage wird mit Landkarten und Grenzziehungen argumentiert, die es de facto nicht gibt. Dennoch haben sich derartige Mental Maps in politische wie auch in literarische Diskurse eingeschrieben. Zu prüfen ist, ob solche projektionsreichen Bilder in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur fortgeschrieben oder aber aufgebrochen und umgeschrieben werden. In textnahen Lektüren zeigt Im literarischen Grenzland Europas?, wie Juli Zeh in Die Stille ist ein Geräusch (2002), Sasa Stanisic in Wie der Soldat das Grammofon repariert (2006) und Marica Bodrozic in Das Gedächtnis der Libellen (2010) tradierte Imaginationen des Balkans als Krisengebiet unterlaufen. Ausgehend von einem weit gefassten Exilbegriff und unter Bezugnahme kulturwissenschaftlicher Forschungsansätze lässt sich erkennen, wie in den untersuchten Prosatexten Denk- und Handlungsräume entfaltet werden, die als transkulturell und transnational zu bezeichnen sind.

Die drei Gegenwartsromane enttarnen den Balkan als ein mentales Konstrukt Westeuropas. Ebendieses Konstrukt erfährt im Kontext aktueller politischer Debatten um Geflüchtete und die geschlossene 'Balkanroute' eine rhetorische Renaissance. Hier knüpft die vorliegende Studie an und legt mit der beispielhaften Analyse deutschsprachiger sowie dem Verweis auf angloamerikanische Texte eine zeitgenössische Kartografie Europas vor, die den Balkan ins Zentrum (des Erzählens) stellt.

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Autorenporträt
Sarah Steidl studierte Germanistik, Philosophie und Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg mit Studienaufenthalten in Istanbul und Sofia. Von 2015 bis 2016 war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Stiftung Mercator-Forschungsprojekt "Geteilte Erfahrung Migration im deutsch-türkischen und türkischen Film"; seit 2016 ist sie Stipendiatin im Doktorandenkolleg Geisteswissenschaften in Hamburg. Dort arbeitet sie an ihrem Promotionsprojekt zu Fluchtnarrativen in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Zu ihren Forschungsinteressen zählen Phänomene zeitgenössischer Literatur (z.B. Formen der Mehrsprachigkeit und Grenzen nationaler Identifizierung).