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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.01.2000

Ferne

"Im Reich der Königin von Saba. Auf Karawanenwegen im Jemen" von Carmen Rohrbach. Frederking & Thaler Verlag, München 1999. 198 Seiten, 23 Fotos, eine Karte. Gebunden, 42,90 Mark. ISBN 3-69405-396-8.

Carmen Rohrbach ist eine umtriebige, zugleich eine erfahrene Reisende. Seit mehr als zwanzig Jahren ist sie in weiten Teilen Afrikas, Asiens und Südamerikas unterwegs. Sie hat über die Galapagos-Inseln, über den Jakobsweg und über die Anden geschrieben. Und nun das Reich der Königin von Saba. Die ersten zehn Wochen im Jemen verbringt sie in der Hauptstadt Sanaa, um Arabisch zu lernen. Schon hier erfährt sie das, was für den weiteren Reiseverlauf bestimmend sein wird; die überaus herzliche Gastfreundschaft der Jemeniten. So muss sie nicht lange im Wohnheim des Yemen Language Center wohnen, Habiba lädt sie ein, Gast ihrer Familie zu sein. "Ihre Zuwendung wirkt, als würde ich sanft in duftendes Schaumbad getaucht, und das Eis der Einsamkeit schmilzt hinweg." Habiba stellt auch den Kontakt zu den Nomaden im Süden her, sie spricht mit ihrem Onkel Quasim, der Carmen Rohrbach auf eine erste Kameltour einlädt, ihr ein Kamel besorgt und Begleiter für die Weiterreise durchs Audhali-Gebirge über die Weihrauchstraße zum Wadi Hadramaut an die Seite stellt. Eigentlich wäre sie mit ihrem Kamel Al Wasim sehr viel lieber länger alleine unterwegs, aber ihre Gastgeber fühlen sich für sie verantwortlich und entscheiden, was gut und richtig ist für den Gast. Ihre Begleiter begreifen nur schwer, dass für Carmen Rohrbach der Weg das Ziel ist, dass sie so langsam wie möglich reisen und sich dem Rhythmus des Wanderns hingeben möchte. Gleichzeitig ist sie ihnen überaus dankbar, denn viele Begegnungen wären ohne ihre Vermittlung nicht möglich. Vor allem bei den Nomaden fühlt sie sich wohl, sie nimmt an deren Leben teil, zieht mit den Mädchen und ihren Ziegen umher, hilft bei alltäglichen Arbeiten und erkundet die atemberaubende Landschaft des Jol. Ihr Hauptaugenmerk gilt der Welt der Frauen. Was verbirgt sich hinter dem schwarzen Schleier, der oft nicht einmal die Augen zeigt, sondern auch diese noch hinter einem feinen Gitternetz verbirgt? Erstaunt über den Kontrast zwischen dem düsteren Gewand, das die Frauen in der Öffentlichkeit tragen, und dem Farbenreichtum und der Pracht an Schmuck und Zierrat, die sie unter ihrem Scharschaff verbergen und zu Hause fröhlich zeigen, muss sie feststellen, dass das Leben hinter dem Schleier so ganz anders ist, als sie es sich vorgestellt hat. Carmen Rohrbach nimmt uns mit in eine uns sehr ferne, immer noch mit dem Zauber von 1001 Nacht behaftete Welt. Zum Teil bestätigt sie die Imaginationen, zum Teil entzaubert sie sie - gerade das macht den Reiz ihres sehr persönlichen und reflektierten Berichts aus. (wil)

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