Siegfried Kracauer zählt zu den einflussreichsten Filmhistorikern des 20. Jahrhunderts. In seinem 1947 im amerikanischen Exil geschriebenen Buch Von Caligari zu Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films deckt er an Stummfilmen wie Das Cabinet des Dr. Caligari ein »Überwiegen autoritärer Neigungen« auf, das die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten vorbereitet habe. Das Caligari-Buch, nach seinem Erscheinen in Deutschland 1958 schnell berühmt, dann heftig umstritten, hat den intellektuellen Umgang mit dem Massenmedium ›Film‹ bis heute geprägt. Das Deutsche Literaturarchiv, das den Nachlass von Siegfried Kracauer besitzt und sein Leben in einem Marbacher Magazin (47/1988) dokumentiert hat, unternimmt in Zusammenarbeit mit der Filmakademie Baden-Württemberg eine ungewohnte, kreative Art der Betrachtung von Kracauers Buch – buchstäblich eine Re-Vision im Reich der Schatten, bei der es nicht zuletzt um die Fragen geht: Was ist real, was Illusion? Welche Macht besitzen Bilder und Bauten? Welche Macht besitzt die reproduzierbare Sprache? Und wie gläubig sind wir diesen ›Autoritäten‹ gegenüber? Wie leicht lassen wir uns von den erzeugten Effekten beeinflussen?