Raffiniert erzähltes Romandebüt um eines der großen Rätsel der Kunstgeschichte
Maximilian Kisch ist ein Besessener. Schon sein halbes Leben jagt der Kunsthistoriker vergeblich ein verschwundenes Gemälde des Blaue-Reiter-Malers Franz Marc. Dessen Spuren verloren sich nach der Münchner Ausstellung »Entartete Kunst« in der privaten Sammlung Hermann Görings. Seitdem rätselt die Kunstwelt über den Verbleib. Ein letztes Mal will Max im Getty Center in Los Angeles Nachlässe auf neue Hinweise durchforsten - und macht, unterstützt von seiner Kollegin Jessica Steiner, tatsächlich einen erstaunlichen Fund. In ebenso spannenden wie historisch belegten Rückblenden erzählt Uwe Fleckner die Geschichte des berühmten Gemäldes: von seiner Entstehung, seinen Sammlern, einer trickreichen Entführung und einem ungeheuren Verdacht.
Maximilian Kisch ist ein Besessener. Schon sein halbes Leben jagt der Kunsthistoriker vergeblich ein verschwundenes Gemälde des Blaue-Reiter-Malers Franz Marc. Dessen Spuren verloren sich nach der Münchner Ausstellung »Entartete Kunst« in der privaten Sammlung Hermann Görings. Seitdem rätselt die Kunstwelt über den Verbleib. Ein letztes Mal will Max im Getty Center in Los Angeles Nachlässe auf neue Hinweise durchforsten - und macht, unterstützt von seiner Kollegin Jessica Steiner, tatsächlich einen erstaunlichen Fund. In ebenso spannenden wie historisch belegten Rückblenden erzählt Uwe Fleckner die Geschichte des berühmten Gemäldes: von seiner Entstehung, seinen Sammlern, einer trickreichen Entführung und einem ungeheuren Verdacht.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Franz Marcs sagenumwobenes Gemälde "Turm der blauen Pferde" gilt als verschollen, ob es noch existiert, ist nicht bekannt. Der Kunsthistoriker Uwe Fleckner hat dem Werk nun einen Roman gewidmet, Fakten und Fiktion dabei gekonnt verbindend, versichert Rezensentin Rose-Maria Gropp. Überhaupt macht der Autor in diesem Roman vieles richtig, fährt die Kritikerin fort, die hervorhebt, dass Fleckner keineswegs nur für die eigene Gilde schreibt. Und so begibt sie sich gespannt mit dem Ich-Erzähler Maximilian Kisch, ebenfalls Kunsthistoriker, auf eine nahezu manische Suche nach dem Bild, begegnet unter anderem Hermann Göring, der das Gemälde aus der Schau "Entartete Kunst" nahm mit dem Ziel, es ins Ausland zu verkaufen oder, in einem Exkurs, Marlene Dietrich neben Erich Maria Remarque in Hollywood. Ab hier setzt notwendigerweise die Fiktion ein, erklärt die Rezensentin, aber auch die gelingt Fleckner schlüssig. Wie fesselnd Provenienzforschung sein kann, bringt Fleckner der Kritikerin nahe, nur die Liebesgeschichte im Roman hätte sie nicht zwingend gebraucht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.01.2024Recycelte Ermittler
Krimis in Kürze: Uwe Fleckner, Ellen Dunne, Lukas Erler
Literatur ist keine Mathematik, schon klar, doch es lässt sich zwischen notwendigen und hinreichenden Bedingungen auch für einen guten historischen Roman unterscheiden. Uwe Fleckner erfüllt als Kunsthistoriker mühelos die ersteren, wenn er von einem verschollenen expressionistischen Gemälde erzählt. "Im Schatten der blauen Pferde" (C. Bertelsmann, 368 S., geb., 25,- Euro) ist dabei nicht ausdrücklich als Kriminalroman etikettiert, kann aber ohne weiteres als solcher gelesen werden, weil er von einer detektivischen Spurensuche quer durch die Zeiten handelt.
Der Protagonist Maximilian Kisch ist Kunsthistoriker, er ist besessen von Franz Marcs "Der Turm der blauen Pferde" aus dem Jahr 1913. Das Bild wurde 1937 aus der Münchener Ausstellung "Entartete Kunst" entfernt, von Göring usurpiert und zuletzt angeblich bei Kriegsende gesehen. Sein Verbleib ist ungewiss genug, um eine Fiktionalisierung zu lohnen. Fleckner schickt seinen Kisch ins Getty Center zur Recherche in Nachlässen von Exilanten, er wechselt die Zeitebenen, springt ins Hollywood der Vierziger und ins Berlin der Zwanziger- und Dreißigerjahre, lässt ziemlich versiert historische auf fiktive Personen treffen.
Er hat nur leider der Versuchung nicht widerstehen können, zwischendurch immer mal wieder etwas zu lyrisch zu werden und dem Protagonisten eine Liebesgeschichte zu verordnen, die leicht überkonstruiert wirkt und phasenweise recht schwülstig erzählt ist. Und so hat man am Ende zwar erfahren, was es über Marcs Gemälde zu wissen gibt - und muss doch feststellen, dass so viel Expertise noch keine lebendigen Figuren erzeugt, was eine hinreichende Bedingung für einen guten Roman wäre.
Ellen Dunne, die Salzburgerin, die in Dublin lebt, hat sich ihre Hauptfigur maßgeschneidert: Patsy Logan ist Deutsch-Irin, Kommissarin bei der Münchner Kriminalpolizei und absolviert eine Bildungszeit in Dublin. Das funktionierte schon in "Boom Town Blues" ziemlich gut, weil neben privaten Krisen und komplizierten Verwandtschaftsbeziehungen auch die desaströsen Folgen des irischen Immobilienbooms in den Blick kamen. "Unfollow Stella" (Haymon, 320 S., br., 13,95 Euro) gelingt eine ähnliche Balance. Die Kommissarin kriselt weiter, arbeitet an der Mutterbeziehung, hat eine On- und Off-Affäre mit einem örtlichen Polizisten und schaltet sich ohne Mandat in die Suche nach einer verschwundenen österreichischen Content-Moderatorin ein.
Und je mehr sie über Job und Kontakte der jungen Frau erfährt, desto deutlicher wird man daran erinnert, dass die übelsten Bilder im Netz kein Computer generiert hat, sondern ihnen Grausamkeiten und Verbrechen in der Sphäre zu Grunde liegen, die man so altmodisch "Realität" nennt. Und dass "Content-Moderation" ein Euphemismus ist angesichts dessen, was man in dem Job ertragen muss.
Ellen Dunne erzählt leichtfüßig und klar, sie hat einen angenehm spielerischen Tonfall. Doch bevor diese österreichisch-irische Mischung die ersten Abnutzungserscheinungen zeigt, sollte Patsy Logan vielleicht mal wieder in München im Kommissariat reinschauen.
Der Hang zum Seriellen bekommt den meisten Kriminalromanen nicht. Ist es die Trennungsangst der Autorinnen und Autoren? Ist es erzählerische Ökologie, die Einwegkommissare vermeiden möchte und Recycling anstrebt? Was immer die Gründe sein mögen, sicher ist, dass sehr viele Protagonisten schon beim ersten Auftritt schwächeln und man ein Wiedersehen nicht unbedingt braucht. Bei Lukas Erlers Carla Winter war abzuwarten, wie sie sich entwickelt. Die Frankfurter Anwältin, deren Mann in der Türkei ums Leben gekommen sein soll, muss bei ihrem zweiten Auftritt in "Das falsche Opfer" (Klett-Cotta, 272 S., br., 18,- Euro) eine Frau verteidigen, die in Notwehr einen muslimischen Mann getötet hat.
Das ist brisant genug, und die Klientin ist auch nicht, was sie zu sein vorgibt. Für Carla Winter und ihr Umfeld bedeutet das erheblichen Stress, weil der Fall ungeahnte Weiterungen hat. Erlers Plot ist solide gebaut, der Stil schmucklos und unprätentiös, aber so richtig begeistern oder fesseln kann einen das nicht. Da irgendwann auch ein Hinweis auf den Exmann auftaucht, ist wohl mit einer Trilogie zu rechnen. Manchmal ist weniger eben doch mehr. PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Krimis in Kürze: Uwe Fleckner, Ellen Dunne, Lukas Erler
Literatur ist keine Mathematik, schon klar, doch es lässt sich zwischen notwendigen und hinreichenden Bedingungen auch für einen guten historischen Roman unterscheiden. Uwe Fleckner erfüllt als Kunsthistoriker mühelos die ersteren, wenn er von einem verschollenen expressionistischen Gemälde erzählt. "Im Schatten der blauen Pferde" (C. Bertelsmann, 368 S., geb., 25,- Euro) ist dabei nicht ausdrücklich als Kriminalroman etikettiert, kann aber ohne weiteres als solcher gelesen werden, weil er von einer detektivischen Spurensuche quer durch die Zeiten handelt.
Der Protagonist Maximilian Kisch ist Kunsthistoriker, er ist besessen von Franz Marcs "Der Turm der blauen Pferde" aus dem Jahr 1913. Das Bild wurde 1937 aus der Münchener Ausstellung "Entartete Kunst" entfernt, von Göring usurpiert und zuletzt angeblich bei Kriegsende gesehen. Sein Verbleib ist ungewiss genug, um eine Fiktionalisierung zu lohnen. Fleckner schickt seinen Kisch ins Getty Center zur Recherche in Nachlässen von Exilanten, er wechselt die Zeitebenen, springt ins Hollywood der Vierziger und ins Berlin der Zwanziger- und Dreißigerjahre, lässt ziemlich versiert historische auf fiktive Personen treffen.
Er hat nur leider der Versuchung nicht widerstehen können, zwischendurch immer mal wieder etwas zu lyrisch zu werden und dem Protagonisten eine Liebesgeschichte zu verordnen, die leicht überkonstruiert wirkt und phasenweise recht schwülstig erzählt ist. Und so hat man am Ende zwar erfahren, was es über Marcs Gemälde zu wissen gibt - und muss doch feststellen, dass so viel Expertise noch keine lebendigen Figuren erzeugt, was eine hinreichende Bedingung für einen guten Roman wäre.
Ellen Dunne, die Salzburgerin, die in Dublin lebt, hat sich ihre Hauptfigur maßgeschneidert: Patsy Logan ist Deutsch-Irin, Kommissarin bei der Münchner Kriminalpolizei und absolviert eine Bildungszeit in Dublin. Das funktionierte schon in "Boom Town Blues" ziemlich gut, weil neben privaten Krisen und komplizierten Verwandtschaftsbeziehungen auch die desaströsen Folgen des irischen Immobilienbooms in den Blick kamen. "Unfollow Stella" (Haymon, 320 S., br., 13,95 Euro) gelingt eine ähnliche Balance. Die Kommissarin kriselt weiter, arbeitet an der Mutterbeziehung, hat eine On- und Off-Affäre mit einem örtlichen Polizisten und schaltet sich ohne Mandat in die Suche nach einer verschwundenen österreichischen Content-Moderatorin ein.
Und je mehr sie über Job und Kontakte der jungen Frau erfährt, desto deutlicher wird man daran erinnert, dass die übelsten Bilder im Netz kein Computer generiert hat, sondern ihnen Grausamkeiten und Verbrechen in der Sphäre zu Grunde liegen, die man so altmodisch "Realität" nennt. Und dass "Content-Moderation" ein Euphemismus ist angesichts dessen, was man in dem Job ertragen muss.
Ellen Dunne erzählt leichtfüßig und klar, sie hat einen angenehm spielerischen Tonfall. Doch bevor diese österreichisch-irische Mischung die ersten Abnutzungserscheinungen zeigt, sollte Patsy Logan vielleicht mal wieder in München im Kommissariat reinschauen.
Der Hang zum Seriellen bekommt den meisten Kriminalromanen nicht. Ist es die Trennungsangst der Autorinnen und Autoren? Ist es erzählerische Ökologie, die Einwegkommissare vermeiden möchte und Recycling anstrebt? Was immer die Gründe sein mögen, sicher ist, dass sehr viele Protagonisten schon beim ersten Auftritt schwächeln und man ein Wiedersehen nicht unbedingt braucht. Bei Lukas Erlers Carla Winter war abzuwarten, wie sie sich entwickelt. Die Frankfurter Anwältin, deren Mann in der Türkei ums Leben gekommen sein soll, muss bei ihrem zweiten Auftritt in "Das falsche Opfer" (Klett-Cotta, 272 S., br., 18,- Euro) eine Frau verteidigen, die in Notwehr einen muslimischen Mann getötet hat.
Das ist brisant genug, und die Klientin ist auch nicht, was sie zu sein vorgibt. Für Carla Winter und ihr Umfeld bedeutet das erheblichen Stress, weil der Fall ungeahnte Weiterungen hat. Erlers Plot ist solide gebaut, der Stil schmucklos und unprätentiös, aber so richtig begeistern oder fesseln kann einen das nicht. Da irgendwann auch ein Hinweis auf den Exmann auftaucht, ist wohl mit einer Trilogie zu rechnen. Manchmal ist weniger eben doch mehr. PETER KÖRTE
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»[...] nicht nur ein packender Detektiv-Roman, sondern ein überaus kenntnisreich geschriebenes zeitgeschichtliches Kompendium. Spannender wurde deutsche (Kunst-) Historie selten aufbereitet.« Westdeutsche Zeitung