Ethnologie ist - natürlich - eine Wissenschaft. In den Händen ihrer begabtesten Vertreter kann sie aber auch zur Kunst werden, ja, in Fällen wie diesem gar zu angewandter Kunst! Paul Stoller, der freche, afrikaverliebte amerikanische Kulturanthropologe, heute einer der renommiertesten Afrikanisten weltweit, wagte als junger Student in den 1970er und 1980er Jahren ein gefährliches Experiment. Er ließ sich in der westafrikanischen Republik Niger beim Volk der Songhai zum Zauberer ausbilden.
Er, der ihre Sprache von früheren Aufenthalten her kennt, lernt Zaubervokabeln und Geheimrezepte und nimmt an nächtlichen Ritualen teil. Drei Jahre lang geht alles gut. Doch eines Tages begegnet er einem mächtigeren Gegner, einer berüchtigten Zauberin. Sie greift ihn mit unbekannten Methoden an und verjagt ihn. Stoller fürchtet um sein Leben und verlässt fluchtartig das Land. In die USA zurückgekehrt, schreibt er gemeinsam mit seiner Frau dieses sensationelle Buch: Dokument einer seltenen Erfahrung und der Begegnung mit alter afrikanischer Wirklichkeit. Ein Bericht, der seinesgleichen sucht: informativ, spannend, atemberaubend; gegenüber den Menschen, von denen es berichtet, immer loyal; human, integer und mutig.
Zum ersten Mal auf Deutsch, mit (verblichenen) Fotos der beiden Autoren und mit einem informativen Nachwort der Professorin Michaela Schäuble, Direktorin des Instituts für Sozialanthropologie in Bern.
"Ein ganz außergewöhnlicher Forschungsbericht! Einmalig und fesselnd!" PUBLISHERS WEEKLY
"Stoller und Olkes sind wunderbare Autoren. Sie schreiben exakt und lebendig, streckenweise gewinnt ihre Sprache geradezu poetische Qualitäten." LOS ANGELES TIMES
"Ein außergewöhnliches Buch! Hervorragend geschrieben, voll unglaublicher Geschichten, in denen Wissenschaft und Kunst miteinander verschmelzen. Für Laien genauso interessant wie für Anthropologen." L'HOMME
Er, der ihre Sprache von früheren Aufenthalten her kennt, lernt Zaubervokabeln und Geheimrezepte und nimmt an nächtlichen Ritualen teil. Drei Jahre lang geht alles gut. Doch eines Tages begegnet er einem mächtigeren Gegner, einer berüchtigten Zauberin. Sie greift ihn mit unbekannten Methoden an und verjagt ihn. Stoller fürchtet um sein Leben und verlässt fluchtartig das Land. In die USA zurückgekehrt, schreibt er gemeinsam mit seiner Frau dieses sensationelle Buch: Dokument einer seltenen Erfahrung und der Begegnung mit alter afrikanischer Wirklichkeit. Ein Bericht, der seinesgleichen sucht: informativ, spannend, atemberaubend; gegenüber den Menschen, von denen es berichtet, immer loyal; human, integer und mutig.
Zum ersten Mal auf Deutsch, mit (verblichenen) Fotos der beiden Autoren und mit einem informativen Nachwort der Professorin Michaela Schäuble, Direktorin des Instituts für Sozialanthropologie in Bern.
"Ein ganz außergewöhnlicher Forschungsbericht! Einmalig und fesselnd!" PUBLISHERS WEEKLY
"Stoller und Olkes sind wunderbare Autoren. Sie schreiben exakt und lebendig, streckenweise gewinnt ihre Sprache geradezu poetische Qualitäten." LOS ANGELES TIMES
"Ein außergewöhnliches Buch! Hervorragend geschrieben, voll unglaublicher Geschichten, in denen Wissenschaft und Kunst miteinander verschmelzen. Für Laien genauso interessant wie für Anthropologen." L'HOMME
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.11.2019Im Bann der magischen Kräfte
Bekenntnisse eines Ethnologen, der die Seiten wechselte: Paul Stollers Bericht von seinem Eintauchen in Leben und Denken der westafrikanischen Songhai.
Der Wunsch, ein anderer zu sein, hat in der Geschichte der Ethnologie schon immer eine Rolle gespielt. Als heimliches Motiv liegt er auch der von Bronislaw Malinowski in das Fach eingeführten Methode der "teilnehmenden Beobachtung" zugrunde. Doch wachte die Zunft darüber, dass es die Forscher mit der "Teilnahme" nicht zu weit trieben. Wer dieser Verlockung erlag, hatte sein Ansehen unter den Kollegen schnell verspielt. Carlos Castaneda, der bei einem Yaqui-Schamanen in die Lehre gegangen und zu einem der Apostel der New-Age-Bewegung geworden war, galt als warnendes Beispiel. Das änderte sich jedoch mit der Kritik am Objektivismus herkömmlicher Feld-Monographien zu Beginn der achtziger Jahre. Verschiedene experimentelle Schreibweisen wurden erprobt. Ethnologen durften sich nun auch zu ihren subjektiven Erfahrungen im Feld, zu ihren Sehnsüchten und Wünschen äußern.
Zu den Meisterwerken des damals neu aufkommenden Genres der ethnographischen Bekenntnisliteratur zählt Paul Stollers 1987 veröffentlichtes Buch über seine Forschungen bei den Songhai im westafrikanischen Niger, bei dessen Abfassung ihm seine Frau Cheryl Olkes behilflich war. Der kleine Piet Mey Verlag ist das Wagnis eingegangen, über drei Jahrzehnte später eine erste deutsche Übersetzung vorzulegen. Man kann ihm dazu nur gratulieren. Die Zeit konnte Stollers Buch nichts anhaben. Vielleicht liest es sich angesichts der radikalen Veränderungen, denen auch dieser Teil Afrikas seither unterlag, heute sogar spannender als früher.
Als Stoller Anfang der siebziger Jahre als Mitarbeiter des Peace-Corps erstmals mit den Songhai in Berührung kam, bildete ihre Denkwelt noch ein geschlossenes Universum. Sie schlug ihn so in ihren Bann, dass er Ethnologie zu studieren beschloss und bald wieder zurückkehrte, um Material für seine Dissertation zu sammeln, die ihrer traditionellen Heilkunst gelten sollte.
Seine Forschungen zogen sich über viele Jahre hin. Immer tiefer drang er dabei in die religiöse Vorstellungswelt der Songhai ein. Immer mehr rückten damit auch ihre heilkundigen Zauberer in den Mittelpunkt seines Interesses. Sie wurden geehrt und gefürchtet zugleich, weil man wusste, dass sie ihre magischen Kräfte auch dazu verwendeten, anderen zu schaden. Als ihm einer von ihnen anbot, ihn in seiner Kunst zu unterrichten, stimmte Stoller nur allzu gerne zu. Seine eigentliche Einweihung in ihr geheimes Wissen erfuhr er jedoch erst später von einem von allen respektierten alten Mann, der ihn wie einen Sohn bei sich aufnahm.
Beredt schildert Stoller den Konflikt, in dem er sich von nun an befand. Durfte er als Ethnologe tatsächlich so weit gehen, sich als Zauberer initiieren zu lassen? Doch war der unkonventionelle Schritt bereits getan und mit seiner ethnographischen Arbeit durchaus vereinbar. Allmählich begann er auch selbst in den Kategorien der Songhai zu denken und versuchte die Wirksamkeit der Beschwörungsformeln und Rituale zu erproben, die sein Lehrmeister ihm beigebracht hatte. Entsetzt stellte er fest, dass sie tatsächlich Unglück über die Familie des Mannes brachten, gegen die er sie auf Bitte eines Freundes eingesetzt hatte. Oder war es doch nur Zufall?
Sein Erfolg sprach sich bald herum und machte ihn zum Rivalen anderer Zauberer, die sich nicht nur untereinander, sondern nun auch ihn bekämpften. Anfangs glaubte er, sich mit Amuletten seines Lehrmeisters gegen ihre magischen Angriffe schützen zu können. Seine Hauptgegnerin, der besondere Bösartigkeit nachgesagt wurde, erwies sich jedoch als stärker. Stollers Ausflug in die Denkwelt der Songhai endete so in einem albtraumhaften Desaster. Von nächtlichen Heimsuchungen und Schreckensvisionen geplagt, ergriff er die Flucht.
Stoller ist ein begabter Stilist. Schritt für Schritt lässt er den Leser nachvollziehen, wie er sich die Realitätsauffassung der Songhai zu eigen machte. Plastisch treten in seinen Schilderungen auch die zwiespältigen Züge der Personen hervor, denen er sein Wissen verdankt und die sich gegen Ende seines Aufenthalts von Freunden in Feinde verwandeln. Wenn es um eine Aufklärung der vielen mysteriösen Ereignisse geht, von denen er erzählt, lässt er den Leser jedoch im Stich.
Stoller verzichtet auf jede theoretische Erwägung und kausale Erklärung, hält die Dinge bewusst in der Schwebe. Das Weltbild der Songhai ist mit dem unseren nicht kompatibel, das eine auf das andere nicht abbildbar. Damit nahm er, wie die Berner Ethnologin Michaela Schäuble in ihrem klugen Nachwort schreibt, damals bereits eine zentrale These der sogenannten "ontologischen Wende" vorweg, einer der neuesten Richtungen der Ethnologie, die von der unverbundenen Koexistenz verschiedener Wirklichkeitsauffassungen ausgeht, von denen jede ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten kennt.
Aktuell ist das Buch noch in einem anderen Sinn. Jüngste Ereignisse zeigen, wie ungebrochen die Faszinationskraft anderer Kulturen und Glaubensrichtungen bis heute geblieben ist, Schreckensbilder scheinen sie sogar noch zu steigern. Stoller aber, der den entscheidenden Schritt tatsächlich vollzog, muss wohl um eine Illusion ärmer nach Hause zurückgekehrt sein: "Ein schwimmender Baumstamm wird nie ein Krokodil sein", so lautet das Songhai-Sprichwort, das er seinem Erfahrungsbericht als Motto voranstellte.
KARL-HEINZ KOHL
Paul Stoller und Cheryl Olkes: "Im Schatten der Zauberer".
Aus dem Englischen von Kristian Lutze, Mit einem Nachwort von Michaela Schäuble. Piet Meyer Verlag, Bern/Wien 2019. 408 S., Abb., br., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bekenntnisse eines Ethnologen, der die Seiten wechselte: Paul Stollers Bericht von seinem Eintauchen in Leben und Denken der westafrikanischen Songhai.
Der Wunsch, ein anderer zu sein, hat in der Geschichte der Ethnologie schon immer eine Rolle gespielt. Als heimliches Motiv liegt er auch der von Bronislaw Malinowski in das Fach eingeführten Methode der "teilnehmenden Beobachtung" zugrunde. Doch wachte die Zunft darüber, dass es die Forscher mit der "Teilnahme" nicht zu weit trieben. Wer dieser Verlockung erlag, hatte sein Ansehen unter den Kollegen schnell verspielt. Carlos Castaneda, der bei einem Yaqui-Schamanen in die Lehre gegangen und zu einem der Apostel der New-Age-Bewegung geworden war, galt als warnendes Beispiel. Das änderte sich jedoch mit der Kritik am Objektivismus herkömmlicher Feld-Monographien zu Beginn der achtziger Jahre. Verschiedene experimentelle Schreibweisen wurden erprobt. Ethnologen durften sich nun auch zu ihren subjektiven Erfahrungen im Feld, zu ihren Sehnsüchten und Wünschen äußern.
Zu den Meisterwerken des damals neu aufkommenden Genres der ethnographischen Bekenntnisliteratur zählt Paul Stollers 1987 veröffentlichtes Buch über seine Forschungen bei den Songhai im westafrikanischen Niger, bei dessen Abfassung ihm seine Frau Cheryl Olkes behilflich war. Der kleine Piet Mey Verlag ist das Wagnis eingegangen, über drei Jahrzehnte später eine erste deutsche Übersetzung vorzulegen. Man kann ihm dazu nur gratulieren. Die Zeit konnte Stollers Buch nichts anhaben. Vielleicht liest es sich angesichts der radikalen Veränderungen, denen auch dieser Teil Afrikas seither unterlag, heute sogar spannender als früher.
Als Stoller Anfang der siebziger Jahre als Mitarbeiter des Peace-Corps erstmals mit den Songhai in Berührung kam, bildete ihre Denkwelt noch ein geschlossenes Universum. Sie schlug ihn so in ihren Bann, dass er Ethnologie zu studieren beschloss und bald wieder zurückkehrte, um Material für seine Dissertation zu sammeln, die ihrer traditionellen Heilkunst gelten sollte.
Seine Forschungen zogen sich über viele Jahre hin. Immer tiefer drang er dabei in die religiöse Vorstellungswelt der Songhai ein. Immer mehr rückten damit auch ihre heilkundigen Zauberer in den Mittelpunkt seines Interesses. Sie wurden geehrt und gefürchtet zugleich, weil man wusste, dass sie ihre magischen Kräfte auch dazu verwendeten, anderen zu schaden. Als ihm einer von ihnen anbot, ihn in seiner Kunst zu unterrichten, stimmte Stoller nur allzu gerne zu. Seine eigentliche Einweihung in ihr geheimes Wissen erfuhr er jedoch erst später von einem von allen respektierten alten Mann, der ihn wie einen Sohn bei sich aufnahm.
Beredt schildert Stoller den Konflikt, in dem er sich von nun an befand. Durfte er als Ethnologe tatsächlich so weit gehen, sich als Zauberer initiieren zu lassen? Doch war der unkonventionelle Schritt bereits getan und mit seiner ethnographischen Arbeit durchaus vereinbar. Allmählich begann er auch selbst in den Kategorien der Songhai zu denken und versuchte die Wirksamkeit der Beschwörungsformeln und Rituale zu erproben, die sein Lehrmeister ihm beigebracht hatte. Entsetzt stellte er fest, dass sie tatsächlich Unglück über die Familie des Mannes brachten, gegen die er sie auf Bitte eines Freundes eingesetzt hatte. Oder war es doch nur Zufall?
Sein Erfolg sprach sich bald herum und machte ihn zum Rivalen anderer Zauberer, die sich nicht nur untereinander, sondern nun auch ihn bekämpften. Anfangs glaubte er, sich mit Amuletten seines Lehrmeisters gegen ihre magischen Angriffe schützen zu können. Seine Hauptgegnerin, der besondere Bösartigkeit nachgesagt wurde, erwies sich jedoch als stärker. Stollers Ausflug in die Denkwelt der Songhai endete so in einem albtraumhaften Desaster. Von nächtlichen Heimsuchungen und Schreckensvisionen geplagt, ergriff er die Flucht.
Stoller ist ein begabter Stilist. Schritt für Schritt lässt er den Leser nachvollziehen, wie er sich die Realitätsauffassung der Songhai zu eigen machte. Plastisch treten in seinen Schilderungen auch die zwiespältigen Züge der Personen hervor, denen er sein Wissen verdankt und die sich gegen Ende seines Aufenthalts von Freunden in Feinde verwandeln. Wenn es um eine Aufklärung der vielen mysteriösen Ereignisse geht, von denen er erzählt, lässt er den Leser jedoch im Stich.
Stoller verzichtet auf jede theoretische Erwägung und kausale Erklärung, hält die Dinge bewusst in der Schwebe. Das Weltbild der Songhai ist mit dem unseren nicht kompatibel, das eine auf das andere nicht abbildbar. Damit nahm er, wie die Berner Ethnologin Michaela Schäuble in ihrem klugen Nachwort schreibt, damals bereits eine zentrale These der sogenannten "ontologischen Wende" vorweg, einer der neuesten Richtungen der Ethnologie, die von der unverbundenen Koexistenz verschiedener Wirklichkeitsauffassungen ausgeht, von denen jede ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten kennt.
Aktuell ist das Buch noch in einem anderen Sinn. Jüngste Ereignisse zeigen, wie ungebrochen die Faszinationskraft anderer Kulturen und Glaubensrichtungen bis heute geblieben ist, Schreckensbilder scheinen sie sogar noch zu steigern. Stoller aber, der den entscheidenden Schritt tatsächlich vollzog, muss wohl um eine Illusion ärmer nach Hause zurückgekehrt sein: "Ein schwimmender Baumstamm wird nie ein Krokodil sein", so lautet das Songhai-Sprichwort, das er seinem Erfahrungsbericht als Motto voranstellte.
KARL-HEINZ KOHL
Paul Stoller und Cheryl Olkes: "Im Schatten der Zauberer".
Aus dem Englischen von Kristian Lutze, Mit einem Nachwort von Michaela Schäuble. Piet Meyer Verlag, Bern/Wien 2019. 408 S., Abb., br., 25,- [Euro].
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