Ein Jahr nach der Nürnberger Urteilsverkündung hielt das sowjetische Militärtribunal der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland vom 23. bis 31. Oktober 1947 im Rathaus des Berliner Stadtteils Pankow einen öffentlichen Prozess gegen einen Großteil der wichtigsten SS-Angehörigen des Kommandanturstabes aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen ab. Im Kontext dieses Prozesses, des 70. Jahrestags des Endes des Nürnberger Hauptprozesses sowie aktuell geführter Debatten über das weitgehende Scheitern der nachkriegsdeutschen Justiz in Ost wie West bei der Verfolgung der Täter steht eine Retrospektive und Reflexion der Geschichte der ersten NS-Prozesse sowie deren Folgen für spätere Aktivitäten auf diesem Feld auf der Tagesordnung. Der Band präsentiert Beiträge und Kommentare dieser von der Gedenkstätte Sachsenhausen/Stiftung Brandenburgische Gedenkstätte und dem Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften veranstaltete Konferenz über die Rezeption der Prozesse in Nürnberg im Kontext der transnationalen Verfolgung von NS- und Kriegsverbrechen. Die Herausgeber und Autoren werfen einen neuen, vergleichenden Blick auf die frühen NS-Prozesse, wobei ein Schwerpunkt die juristischen Verfahren in Polen darstellen, die in der deutschen Geschichtswissenschaft bisher nur wenig rezipiert wurden.