Träume sind die besten Erzählungen - meinte zumindest der Surrealismus und lieferte nicht immer ganz überzeugende Beispiele für diese Behauptung. Womit Breton & Co - und auch Freud - aber auf jeden Fall recht hatten: Träume sind eine unerschöpfliche Quelle aberwitzigen Humors und absurdester Einfälle. Man muss sie nur noch in die rechte Form bringen: »ihr Schriftsteller habt es gut, es kann kommen, was will, ihr braucht nur einen Stift und ein Blatt Papier und könnt sofort wieder mit der Arbeit beginnen«, sagt (nach einem gewaltigen Erdbeben) jemand zum Schriftsteller Erich Hackl - jedenfalls in einer Fian'schen Traumszene.
Diese in erstklassige short storys verwandelten erstklassigen Träume enthalten alles, was wir an unserer Schlafproduktion lieben: Hinrichtungen, Katastrophen, sexuelle Bizarrerien und Wunscherfüllungen der Sonderklasse. Da es sich beim Träumer um Antonio Fian handelt, nimmt es nicht Wunder, dass auch seine Arbeitswelt und seine Kollegen (und Konkurrenten) in unbezahlten Haupt- und Nebenrollen auftreten. Und das Schwierigste an Träumen, ihre Verständlichkeit, diese Frage stellt sich gar nicht erst, denn die Frage nach Sinn und Bedeutung ist ja die Spezialdomäne der Literatur!
So wie Träume diverses (verwandlungsbedürftiges) Material verwandeln, verwandelt der Autor das Rohmaterial der Träume in Erzählungen. Ist das nicht der Verwandlungsvorgang, den Literatur immer vollziehen muss? Antonio Fian gewährt uns mit diesen Kurzgeschichten einen phantastischen und sehr unterhaltsamen Einblick in die hellwache Wirklichkeit.
Diese in erstklassige short storys verwandelten erstklassigen Träume enthalten alles, was wir an unserer Schlafproduktion lieben: Hinrichtungen, Katastrophen, sexuelle Bizarrerien und Wunscherfüllungen der Sonderklasse. Da es sich beim Träumer um Antonio Fian handelt, nimmt es nicht Wunder, dass auch seine Arbeitswelt und seine Kollegen (und Konkurrenten) in unbezahlten Haupt- und Nebenrollen auftreten. Und das Schwierigste an Träumen, ihre Verständlichkeit, diese Frage stellt sich gar nicht erst, denn die Frage nach Sinn und Bedeutung ist ja die Spezialdomäne der Literatur!
So wie Träume diverses (verwandlungsbedürftiges) Material verwandeln, verwandelt der Autor das Rohmaterial der Träume in Erzählungen. Ist das nicht der Verwandlungsvorgang, den Literatur immer vollziehen muss? Antonio Fian gewährt uns mit diesen Kurzgeschichten einen phantastischen und sehr unterhaltsamen Einblick in die hellwache Wirklichkeit.
Traumerzählungen standen in einer vom Surrealismus inspirierten Poetik hoch im Kurs, nach dem Ausklingen der Avantgarden haben sie an Bedeutung verloren. Heiner Müller war einer der letzten großen Träumer der deutschen Literatur. Sehr korrekt nennt der österreichische Dramatiker und Essayist Antonio Fian seine Texte "Erzählungen nach Träumen". Denn dem Genre wohnt der Widerspruch inne, eine wache und bewusste Nachkonstruktion zu sein, also Erinnerungen an Träume allererst die Struktur einer Erzählung zu verleihen. Dabei haben Träume selten Pointen. Wenn Fian träumt, er habe mit seiner Lebensgefährtin bei einer Quizshow einen Urlaub auf den Bahamas plus Taschengeld gewonnen, entsteht die Pointe nicht dadurch, dass sich die Touristenidylle als Horrorszenario entpuppt, sondern durch den Zusatz, er sei in einem Hotel in Villach erwacht - "und natürlich ohne Taschengeld". Versagens- und Erfolgsträume kommen oft vor, von der Rückkehr auf die Schulbank über grandiose Torschüsse bis zu einer Qualifikation zur Fußball-EM, die als Wettsaufen gegen finnische Konkurrenten im Himalaja stattfindet (ein zweifellos interessanter Einblick in die österreichische Fußballseele). Aber es gibt auch Düsteres: eine Verurteilung zum Tode durch die Mutter beispielsweise. Literarische Rivalen nehmen großen Raum ein; eine erfolgreiche Vertragsverhandlung mit einer "Spedition Luchterhand" wird zum Desaster, weil für die Veröffentlichung eines Erzählbandes ein Lkw-Führerschein Bedingung ist. Einer der lustigsten Texte beschreibt die endlose Verzögerung eines perfekt vorbereiteten Seitensprungs: Der freudig erregte Träumer wird vom Objekt der Begierde in ein Schwimmbad geführt, "und es stellte sich heraus, dass auch die anderen Badenden ihretwegen hier waren, allerdings nicht wie ich, um mit ihr zu vögeln, sondern weil es sich bei ihr um eine Spezialistin für eine besonders schwierige altertümliche Sticktechnik handelte, um eine der letzten Expertinnen für Sinnspruchstickerei, die nun einen Badegast nach dem anderen aufsuchte und vor seinen Augen höchst komplizierte Stickarbeiten verfertigte. . ." (Antonio Fian: "Im Schlaf". Erzählungen nach Träumen. Literaturverlag Droschl, Graz/Wien 2009. 112 S., geb., 16,- [Euro].) rik
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Merkwürdiges Vergnügen hat der darüber selbst staunenden Katharina Granzin die Lektüre dieser "miniatürlichen" Texte bereitet, bei denen es sich den Angaben ihres Autors zufolge um aufgeschriebene Träume handeln soll. Es passiert, wie wir lesen, manch Absonderliches und gar Absurdes darin. Die Kritikerin bescheinigt dem Buch außerdem eine außergewöhnlich hohe Dichte von erheiternden Momenten, wozu sie unter anderem auch einen Striptease von Elfriede Jelinek zählt. Das Traumhafte der Texte zeigt sich für sie außerdem darin, dass es kaum eines dieser Prosastücke schafft, ihr länger im Gedächtnis zu bleiben, weshalb man es alle paar Wochen wieder wie neu lesen könne.
© Perlentaucher Medien GmbH
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