Zunächst ist da diese quirlige, vor Lebenskraft schier berstende Welt, die so vollkommen anders ist, als alles, was wir kennen. Wo die Leute irgendwie schöner aussehen, als bei uns, beweglicher sind und temperamentvoller; und vor allem viel bessere Laune haben. Wo man Sand unter den Füßen hat, statt Asphalt, und so viele Tage ununterbrochenen Sonnenscheins hintereinander, daß die Menschen sagen "Schönes Wetter heute!" wenn es endlich einmal ein winziges bißchen regnet. Und wo das Licht und die Farben eine Wärme und Intensität besitzen, die man nie wieder vergißt, wenn man sie einmal gesehen hat.Dann entdeckt man, daß noch die alleralltäglichsten Dinge hier irgendwie nicht so funktionieren, wie man es gewohnt ist. Daß sich kleinste Erledigungen unversehens zu haarsträubenden Abenteuern auswachsen und simpelste Vorhaben auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen. - und daß einem andererseits bei all diesen Schwierigkeiten unerwartet ständig irgendwelche Leute zu Hilfe kommen, die man vor fünf Minuten noch gar nicht kannte; und daß einen ungeahnte Umstände und Zufälle schließlich auf eine Weise ans Ziel bringen, wie man sie sich nicht einmal im Traum hätte ausdenken können. Man beginnt, zu verstehen, daß das Leben in Afrika viel weniger planbar und vorhersehbar ist als in Europa. Daß sich die meisten Dinge, mit denen man es zu tun hat, der unmittelbaren Kontrolle entziehen - und manchmal erstaunlicherweise trotzdem besser klappen, als bei uns. Und man wird neugierig auf die Menschen, die sich so leichtfüßig und geschickt in dieser unübersichtlichen Wirklichkeit zurechtfinden und fragt sich, was es ist, das ihnen hilft, so gelassen mit den Wechselfällen des Lebens fertigzuwerden. Und ob man nicht gut daran tut, sich Einiges davon bei ihnen abzuschauen. ---Nina Nayan, geboren 1961 im Ruhrgebiet, bereiste verschiedene westafrikanische Länder und lebt seit 1993 einen Teil des Jahres im Senegal.